Atevi 3 - Erbe
Blatt.
In langen Nächten fragte sich Bren, ob er wohl noch zu seinen Lebzeiten das Shuttle fliegen sehen würde. Im Geiste wähnte er sich oft am Rand der Startbahn, suchte in seiner Vorstellung aber vergebens nach der Fähre. Diese immer wiederkehrende Phantasie machte ihn abergläubisch, stimmte ihn düster und traurig, doch er fürchtete sich, den unbewußten Gründen dafür auf die Spur zu kommen. Er hatte keine Wahl, keine bessere Idee, und die anstehenden Aufgaben waren zu erfüllen, ehe er sich weiterreichenden Sorgen zuwenden konnte.
Das Gespräch mit dem Aiji hatte ihm Angst gemacht. Wie leicht war ihm dagegen während seiner Reise durch die Provinzen zumute gewesen, im Flugzeug des Aiji, geschützt von dessen Sicherheitskräften, und allenthalben freudig willkommen geheißen, weil er gute Perspektiven zu eröffnen wußte.
Doch hier im Bu-javid hatten sich gefährliche Elemente versammelt; sie drohten und geiferten auf eine Art und Weise, die ihm von zu Hause bekannt war. Darüber hatte er mit Tabini gesprochen. Einer von denen, die den Provinzen wieder mehr politische Macht zurückerobern wollten, war nun tot. Was nicht nur daran lag, daß Saigimi ein unliebsamer Zeitgenosse war und ungünstige Zahlen hatte, sondern vor allem an seiner ablehnenden Haltung dem Paidhi gegenüber, seiner Kritik an dessen Amt, Einfluß und Loyalitätskonflikten. Oder an seinem Widerstand gegen Tabini und dessen Hunger auf Technik und Macht.
Vielleicht hatte Saigimi ein paar durchaus triftige Argumente auf seiner Seite gehabt, die, obgleich auf törichte Weise zum Ausdruck gebracht, nicht so ohne weiteres von der Hand zu weisen waren.
Genau darauf, so fürchtete Bren, würde er von den Medien angesprochen werden. Thema der Pressekonferenz war zwar das Raumfahrtprogramm, worüber zu reden ihm am Herzen lag. Doch die Öffentlichkeit übte zunehmend Kritik am eingeschlagenen Weg, der dem einen Lord große Vorteile einbrachte, einem anderen den Tod durch Assassinen.
Prognosen darüber, ob die zu erwartenden Veränderungen der atevischen Gesellschaft gut tun würden oder nicht, fanden sich in den Körben voller Briefe, die die Ansichten durchschnittlicher Atevi zum Ausdruck brachten.
»Wir hätten da ein paar Einordnungsprobleme, nand’ Paidhi«, sagte nand’ Dasibi. »Wie man hört, gab es auf Ihrem Rückflug einen unschönen Zwischenfall. Darf man erfahren, ob der Paidhi darüber Auskunft geben möchte, falls die Öffentlichkeit darum bittet?«
»Die Untersuchungen in dieser Sache dauern noch an«, antwortete Banichi. »Aber sie scheint nicht weiter von Belang zu sein.«
»Sagen Sie«, fügte Bren hinzu, »daß keinerlei Schaden angerichtet wurde. Der Dank dafür gebührt dem Piloten des Aiji. Machen Sie auch darauf aufmerksam, daß der Vorfall wieder einmal belegt, wie wichtig es ist, der Luftverkehrsordnung und den Anordnungen der Kontrollbehörde Folge zu leisten. Sie kennen meine Meinung zu diesem Thema.«
»Jawohl, nand’ Paidhi.«
»In Kürze wird es übrigens eine Ankündigung geben zum Besuch Lord Tatiseigis in der Atigeini-Residenz.«
Brauen gingen hoch. Dasibi enthielt sich jeden Kommentars.
»Ich bin sicher, daß dazu Fragen gestellt werden. Lassen Sie die Situation auf der Halbinsel am besten unerwähnt, oder wenn Sie einen Kommentar dazu abgeben, sollte dieser zuvor vom Beraterstab des Aiji abgesegnet worden sein. Unsere offizielle Stellungnahme lautet: Der Paidhi hatte eine erfolgreiche Tour, erfreute sich vorzüglicher Gastlichkeit und blieb von den Vorkommnissen im Süden gänzlich unbehelligt. Nebenbei bemerkt, ich will, daß in der nächsten Woche unser Personal möglichst vollständig im Büro erscheint.« »Wenn nichts Unvorhergesehenes passiert…« »Das hoffe ich, nand’ Dasibi. Leider hat einer meiner Mitarbeiter eine schlimme Nachricht vom Schiff erhalten.« Leicht zu erraten, wer gemeint war. »Ein Todesfall in der Familie. Ihm war allerdings, als er sich für uns entschied, schon klar gewesen, daß er sich von seiner Familie und seinen Leuten möglicherweise für immer würde trennen müssen. Bitte, üben Sie Zurückhaltung in der Beantwortung von Fragen, die die Öffentlichkeit zu diesem Thema stellt, und streichen Sie in jedem Fall heraus, daß der Schiff-Paidhi ein couragierter und entschlossener junger Mann ist, der sich wie ich mit ganzer Kraft für das Gelingen des atevischen Raumfahrtprojekts einsetzt.«
»So sei es, nand’ Paidhi. Übermitteln Sie ihm bitte unsere besten
Weitere Kostenlose Bücher