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Athyra

Athyra

Titel: Athyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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seufzte jeder und lehnte sich in Musik und Sentimentalität verloren zurück. Insgesamt spielte sie gute zwei Stunden. Savn mochte ihre Singstimme; sie wählte gute Lieder aus, und er hörte Geschichten, die er noch nicht kannte, aber auch welche, die ihm so geläufig waren wie das Gesicht seiner Schwester.
    Schließlich erhob Sara sich und verneigte sich vor dem ganzen Raum, wobei es schien, als meinte sie jeden einzelnen Mann und jede Frau darin. Savn merkte, wie er mit den anderen pfiff und auf den Tisch schlug. Sie sagte: »Ihr seid alle wunderbar und so nett. Mit eurer Erlaubnis werde ich nun etwas essen, und dann, wenn ihr es wollt, spiele ich heute abend erneut und berichte euch, was ich an Neuigkeiten weiß.«
    Jeder im Haus wollte ebendies. Sara verneigte sich abermals, um das Kompliment anzunehmen, und legte dann vorsichtig ihre Instrumente ab.
    Zum erstenmal, seit die Sängerin begonnen hatte, erinnerte Savn sich an den Ostländer neben sich und fragte: »Hat dir die Musik gefallen?«
    »Hmmm? Oh, ja, war schön«, sagte Vlad. Er fixierte die Sängerin dabei, und seine Gedanken schienen anderswo. Savn beschloß, nicht zu fragen, was er überlegte; er trank von seinem verdünnten Wein und sah sich im Raum um. Wieder bemerkte er, wie die Leute an anderen Tischen ihn oder Vlad oder sie beide verstohlen anstarrten.
    Savn trank langsam und ließ seine Gedanken treiben, bis Vlad, nach fast einer Viertelstunde, plötzlich aufstand.
    »Gehst du?« fragte Savn.
    »Nein. Ich möchte mit der Sängerin sprechen.«
    »Oh.«
    Vlad ging zu ihr hinüber. Savn erhob sich und folgte ihm.
    »Guten Abend, meine Dame«, grüßte der Ostländer.
    Die Sängerin sah ihn kurz mit gerunzelter Stirn an, sagte aber dann: »Und Euch ebenfalls einen guten Abend.«
    »Mein Name ist Vlad. Darf ich Euch einen Moment Gesellschaft leisten?« Beim Sprechen schien er ihr etwas in seiner Hand zu zeigen. Savn sah ihr rechtzeitig ins Gesicht, um zu sehen, wie ihre Augen kurz groß wurden.
    Dann fing sie sich und antwortete: »Selbstverständlich. Setzt Euch doch bitte. Es ist mir in der Tat ein Vergnügen, Euch zu treffen, Vlad. Wer ist Euer Freund?«
    »Mein –« Vlad drehte sich um, und Savn sah, daß der Ostländer gar nicht gemerkt hatte, wie er ihm gefolgt war. Einen Augenblick schien er verärgert, aber dann zuckte er bloß die Achseln und sagte: »Sein Name ist Savn.«
    »Wie geht es dir, Savn?«
    Der fand seine Stimme wieder und verneigte sich. »Bestens, meine Dame.«
    »Wollt ihr beide mir die Ehre erweisen, bei mir Platz zu nehmen?«
    Sie setzten sich. Vlad sagte: »Bitte nehmt meine Bewunderung für Eure Vorstellung an.«
    »Vielen Dank«, sagte sie. Und zu Savn: »Dir scheint die Musik sehr gefallen zu haben.«
    »Oh, das hat sie«, bestätigte Savn, während er sich fragte, ob diese Bemerkung der Issola andeuten sollte, daß ihr nicht entgangen war, wie wenig Aufmerksamkeit Vlad der Musik wirklich gewidmet hatte. Wenn ja, ließ der sich nichts anmerken.
    »Fangen wir vorne an«, sagte Vlad. Er überreichte ihr einen Zettel, der so gefaltet war, daß Savn ihn nicht lesen konnte.
    Die Issola öffnete ihn, überflog den Inhalt, steckte ihn in ihren Beutel und lächelte. »Wohlan, mein Lord«, sagte sie. »Also, was kann ich für Euch tun?«
    ›Mein Lord‹ ? dachte Savn erstaunt. Wie kann ein Ostländer ›mein Lord‹ sein ?
    »Ich habe ein paar Fragen an Euch. Vielleicht könnt Ihr sie beantworten, vielleicht nicht.«
    »Ich will es gern versuchen«, entgegnete die Sängerin.
    »Kennt Ihr Baron Kleineklippe?«
    »In der Tat, ja. Ich gab ihm gestern eine Vorstellung.«
    »Ausgezeichnet.« Er machte eine Pause zum Nachdenken, dann warf er einen Blick auf Savn. »Ich frage mich«, sagte er, »ob du wohl so gut wärst, an den Tisch zurückzukehren, Savn. Ich würde dies lieber unter vier Augen besprechen, wenn es dir recht ist.«
    »Es ist mir recht«, log Savn. Er stand auf und verneigte sich abermals vor der Sängerin. »Es war mir eine Ehre, Euch kennenzulernen, meine Dame«, sagte er.
    »Und mir ein Vergnügen, Savn«, erwiderte die Sängerin.
    Als Savn zum Tisch zurückging, spürte er, wie jedermann ihn entweder anstarrte oder bewußt nicht anstarrte. Er schaute kurz zu seinen Freunden, und diesmal gab es kein Vertun: Korall, der mit den anderen sprach, lenkte gleichzeitig einen Blick voller unverhohlenem Haß gegen Savn.
    Das Gefühl, im Mittelpunkt feindseliger Achtung zu stehen, wurde mit einemmal so stark, daß Savn sich,

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