Athyra
einer in den Magen, so daß ihm die Luft wegblieb und er in die Knie ging. Das wäre also beantwortet, dachte er und fühlte sich bald so, als wäre er woanders.
»Hier, laßt mich«, sagte Lan, und Savn wartete.
Ihr Partner versuchte ihr zu sagen, daß es Schwierigkeiten gab, und sie begriff nicht, was er meinte. Das heißt, das mit den Schwierigkeiten verstand sie, aber nicht, welcher Art sie waren. Das wollte sie ihrem Partner erklären, und daraufhin kam er selbst durcheinander.
Sie wirbelten durch die Luft.
Nach einer Weile gelang es ihm, sein Anliegen klarzumachen, wenn auch nicht, warum er oder vielmehr der Versorger es erledigt haben wollte. Sie hatte zwar nichts einzuwenden, verstand aber nicht, wie man die auseinanderhalten sollte.
Ihr Partner schien das nicht für wichtig zu halten, es würde schon funktionieren. Das war zwar etwas verwirrend, aber sie traute ihm.
Er führte sie durch die Luft unter der Wolkendecke.
Am Boden streifte eine graue Wildkatze durch die Nacht und ließ ihr Nest kurz unbeaufsichtigt. Sie wies ihren Partner daraufhin, doch er bestand darauf, daß diese andere Sache, was immer sie auch war, zuerst erledigt wurde.
Sie erreichten einen Ort, und durch die Dunkelheit bemerkte sie eine Gruppe von Biestern, die so ähnlich wie der Versorger selbst waren, wie in einer Herde zusammengedrängt.
Sie kreisten, und nach einer Weile sah es so aus, als würde einer von ihnen von den anderen ausgegrenzt, entweder, um vertrieben zu werden oder zur Paarung oder aus einem anderen Grund. War er das? fragte sie sich. Nein, die anderen.
Na, dann los. Jetzt?
Jetzt.
Sie flogen gemeinsam hinab. Sie spürte, wie ihre Flügel die Luft schöpften, und plötzlich war sie einem sehr nahe, sein weißes, häßliches Gesicht direkt vor ihr –
Und, bedrängte ihr Partner sie in Gedanken, wir dürfen sie nicht beißen. Wie konnte sie das lassen? Wie?
Na schön, für ihn würde sie sich anstrengen.
Sie fauchte und drehte ab, auf der Suche nach einem neuen, doch die anderen rannten schon davon. Ließ ihr Partner eine Verfolgung zu? Ja, er erlaubte es. Wenigstens ein bißchen. Sie setzte ihnen nach.
Als ihr Partner fand, sie hätten ihnen genug Angst eingejagt, stieg sie auf, umkreiste ihren Liebsten, hielt den Atem an, und sie erklommen die Wolkenschicht aufs neue, bis sie wieder von der unvermittelten Schönheit der zahllosen Sterne ergriffen wurden. Eine Weile tanzten sie, dann wandten sie sich dorthin, wo der Versorger auf sie mit, wie ihr Partner meinte, Dank wartete.
Nur mit Dank? Gab es da nicht etwas Leckeres als Beilage?
Natürlich. War es nicht immer so?
ICH HEIRATE KEINEN ALTEN SCHLUCKSPECHT,
ICH HEIRATE KEINEN ALTEN SCHLUCKSPECHT,
BEI DEM FUNKTIONIERT DOCH NICHTS MEHR RECHT.
HEISSA HEISSA BUM BUM!
EINS NACH VORN …
Savn betrat das Haus und ließ die Kälte hinter sich. Das Feuer war zu Asche geworden, doch der Ofen gab noch Wärme ab. Es kam ihm sehr sicher vor; aber Erleichterung spürte er gar nicht. Das war merkwürdig, und er merkte, daß er keine Angst verspürt hatte – daß er gar nichts so richtig gespürt hatte.
»Wo bist du gewesen?« fragte Mä weich und abwesend, als erwartete sie eine vernünftige Antwort und würde sich mit beinahe allem zufriedengeben.
Noch während Savn überlegte, was er sagen sollte, hörte er seine eigene Stimme erklären: »Eine Sängerin ist zu Tem gekommen, da bin ich dortgeblieben und habe sie mir angehört.«
»Oh, wie schön«, sagte Mä. »Vielleicht können wir morgen, wenn die Ernte eingebracht ist, alle gemeinsam hingehen. War sie denn gut?«
»Ja, Mä«, sagte Savn ohne zu wissen, wie er es schaffte zu antworten.
»Na, dann mal ab ins Bett. Deine Schwester schläft schon, und morgen steht uns ein großer Tag bevor.«
»Ist gut, Mä.«
Pä hörte sich diese sanfte Befragung mit beiläufigem Interesse an und sagte nichts dazu.
Es gibt so viel, das ich nicht verstehe, dachte Savn, als er Mä und Pä ansah. Alles hat sich irgendwie verändert, und nichts ergibt jetzt einen Sinn. Warum ist es mir gleichgültig? Was passiert mit ihnen? Was passiert mit mir?
Savn legte sich neben Polyi, die bereits fest schlief. Er schlüpfte in seine Schlafsachen und kroch zwischen die Pelze, die das kleine Feuer im Herd erwärmt hatte. Allmählich wurde es nachts ziemlich kalt. Komisch, daß ihm das nicht schon heute abend aufgefallen war. Oder vielleicht auch nicht; er war ja mit – mit anderen Dingen
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