Athyra
mischen.«
Vlad fing wieder zu sprechen an und sagte Sätze, von denen aber nur ein oder zwei Wörter zu verstehen waren. Meister Wack blickte auf. »Wir hören nicht auf die Fieberphantasien jener, die uns anvertraut sind«, sagte er und machte sich wieder an seinen sanften Gesang.
Savn antwortete nicht. Er reichte dem Meister den Mörser, und dieser nahm ihn ohne aufzuhören und goß den Inhalt über die Wunde. Dann gab er Savn das leere Gefäß zurück und sagte: »Mach es sauber, zermahle eine Handvoll hiervon, dazu drei Tropfen von dem, und dann gieß Wasser dazu. Wenn es fertig ist, soll er es trinken.«
Savn gehorchte und hielt Vlads Kopf. Der redete immer noch, was es leichter machte, ihm die Flüssigkeit einzuflößen. Der Ostländer hustete und verschluckte sich, doch am Ende hatte er die Mischung eingenommen.
Der Meister hörte mit Singen und Bohren auf. »Sieh hier«, sagte er, »wie rot die Wundränder sind. Hast du saubere Hände? Dann faß hier mal an.«
Zögerlich tat Savn es. Die Wunde schien sogar noch wärmer zu sein als Vlads Stirn. »Manchmal«, erklärte Meister Wack, »ist es möglich, die Ursache zu finden, das Vehikel, auf dem die Kobolde in den Körper geritten kamen. Dies ist so ein Fall.«
»Was?« fragte Savn.
»Siehst du hier, am Ende des Röhrchens?«
»Was ist das?«
»Ich denke, es ist ein Stück seiner Kleidung, das in der Wunde vergessen wurde.«
»Kleidung?«
»Wir tragen Kleidung, warum nicht auch die Kobolde? Wenn ein Stück Stoff in den Körper dringt, können wir fast sicher sein, daß die Geister darauf in ein neues Heim geritten sind. Unsere Aufgabe ist es, sie zu vertreiben. Deshalb habe ich das reinste Wasser auf die Wunde gegossen, das ich finden konnte, vermischt mit Laithe, die die Dämonen hassen, und Pusteblumenblättern, die reinigen. Und durch den Mund geben wir ihm Traumgras, damit er besser schläft, und Weidenlied, das die Seele kühlt.«
»Verstehe.«
»Jetzt drücke ich – hier –, und wir vertreiben die Kobolde. Siehst du, wie dick und grau die Lösung ist? Dies ist das Grau des Todes. Man weiß, daß Totenbeschwörer es für üble Machenschaften verwenden, deshalb fangen wir es in einem Tuch auf, das wir gründlich verbrennen werden. Hier. Leg es vorerst beiseite, bis wir ein Feuer anzünden können. Jetzt reich mir ein sauberes Tuch.«
Savn tat all dies. Als Meister Wack die Totenbeschwörer erwähnte, mußte er an Seine Lordschaft denken, doch er schob den Gedanken gleich wieder weg und sagte sich streng, er solle sich lieber auf seine Hände konzentrieren. Als er nach dem sauberen Stoff griff, erhoben sich plötzlich die beiden Jheregs, starrten zum Höhleneingang und fauchten.
Savn schaute hin, konnte aber nichts erkennen. »Wer ist da?« fragte er.
Die Antwort schien aus weiter Ferne zu kommen und hallte mehrfach wider. »Savn? Wo bist du?«
Der Meister schaute ihn mit hochgezogenen Brauen an.
Savn nahm sich eine der Fackeln und ging durch die Höhle in Richtung Eingang, gefolgt von den weiterhin fauchenden Jheregs. »Nein«, sagte er zu ihnen, »es ist schon gut.« Er war sich nicht sicher, ob sie ihm glaubten, jedenfalls fauchten sie weiter.
Etwa dreißig Schritte später stieß er auf Polyi, die sich offensichtlich nicht zwischen den verzweigenden Pfaden entscheiden konnte. »Was machst du denn hier?«
»Ich bin dir gefolgt«, gab sie zurück.
»Warum?«
»Weil ich wissen will – iiieh!«
»Ist schon gut«, sagte Savn. »Die tun dir nichts.« Hoffentlich hatte er recht.
»Sind das die gleichen –«
»Ist jetzt egal. Komm mit. Wir versuchen, den Ostländer zu heilen.«
»Ich weiß. Ich habe euch gesehen.«
Die Jheregs beobachteten Polyi mißtrauisch, schienen sie aber nicht angreifen zu sollen. Savn führte sie wieder dorthin, wo Meister Wack sich um Vlad kümmerte.
»Das ist meine Schwester«, sagte er.
Der Meister grunzte und sagte: »Mach dich wieder an die Arbeit.«
Polyi sagte nichts.
Savn kniete sich hin und faßte Vlad an die Stirn, die immer noch warm war, dazu schweißnaß.
»Halte seinen Kopf feucht«, sagte Meister Wack. »Und ich werde dich die Beschwörungen lehren. Wir sprechen sie gemeinsam, und dann warten wir.«
»Savn –«, sagte Polyi.
»Jetzt nicht«, erwiderte er.
Weniger als eine Stunde später fühlte Meister Wack Vlads Stirn und sagte: »Das Fieber ist gebrochen. Jetzt müssen wir ihn schlafen lassen.«
»Mein Hals ist ganz trocken«, sagte Savn.
»Du mußt die Gesänge üben«, sagte
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