Atlan 02 - Lepso 02 - Die acht Namenlosen
betätigte eine Schaltung, die das Abbild des alten Gesichts verzerrte und somit unkenntlich machte. »Und die Übertragung ist so schlecht, dass ich nicht mal eine optische Beschreibung abgeben könnte, selbst wenn ich es wollte.«
Hinter dem Verzerrerfeld war die Bewegung nur zu erahnen, aber Ohm Santarin war sich sicher, dass der Leibdiener Daten abrief. Natürlich kannte Ohm den Namen des Dieners genau, und selbstverständlich wusste dieser das. Niemand konnte dem anderen etwas vormachen; das Spiel diente lediglich dazu, Diskretion zu versichern.
Ob Ohm diese Diskretion brechen würde, wenn es ihm irgendwann nützlich erscheinen sollte, stand auf einem ganz anderen Blatt.
Was ist das Wort eines Geheimagenten wert? , dachte er sarkastisch. Noch immer war es ein mehr als eigenartiges Gefühl, sich selbst in dieser Rolle zu sehen. Ein USO-Spezialist, der mit Lordadmiral Atlan persönlich zusammenarbeitete. Noch vor kurzem hätte er jeden ausgelacht, der ihm dies prophezeit hätte.
Der Gedanke ließ ihn nicht los. Was ist das Wort eines Geheimagenten wert? Was definierte einen Spezialisten der USO? Manche sahen in ihnen wohl Ausgeburten der Tugend, die unter Einsatz ihres Lebens für die Gerechtigkeit in der Galaxis stritten, um das Übel hinwegzufegen wie mythische Helden aus grauer Vorzeit.
Ohm sah das anders. Jedes Mittel war recht, wenn es nur zum Ziel führte. Dabei sah er sich nicht als brutalen Kämpfer, sondern eher als Schlitzohr , das immer einen Weg fand. Gewalt durfte nur angewandt werden, wenn es nicht anders möglich war.
Aber ethische Grenzen interessierten ihn nicht. Ohnehin hatte jedes Volk andere moralische Gesetze. Und warum sollten gerade die Wertmaßstäbe der Arkoniden universell gültig sein? In dieser Hinsicht beurteilte Ohm sein Volk absolut nüchtern. War es auf dem legendären Planeten der Lügner nicht sogar anrüchig, Wort zu halten? Gab es nicht Spezies, die Alte und Kranke der Wiederverwertungsanlage zuführten, um Überbevölkerung zu vermeiden und den Lebensstandard der Jungen zu sichern?
Endlich meldete sich der Leibdiener des Patriarchen da Onur wieder, und seiner Stimme war sofort anzuhören, dass er eine Entscheidung getroffen hatte. »Ich erwarte deine Anfrage in Kürze über den offiziellen Kanal. Ich werde sie persönlich entgegennehmen und über sie entscheiden. Dieser Geheimkanal hat seine Schuldigkeit getan. Nur noch eins …«
»Du musst nicht weiterreden. Deine Schulden bei mir sind ab sofort getilgt.« Ohm lächelte grimmig. »Oder genauer gesagt werden sie es ab dem Augenblick sein, in dem du mir offiziell einen Besuchstermin bei deinem Herrn gibst.«
Ohm unterbrach erleichtert die Verbindung, ohne auf eine erneute Erwiderung zu warten. Das war einfacher gewesen, als er zu hoffen gewagt hatte.
Er drehte sich von der Kommunikationseinheit weg und ließ den Blick durch den Wohnraum schweifen. Für einen Augenblick stieg die schmerzliche Erinnerung an Acsais in ihm auf. Acsais, wie sie sich genau an dieser Stelle aus den Schleiertüchern wand und ihren makellosen Körper präsentierte. Eine Göttin. Und eine Teufelin, die ihm die ganze Zeit eine Scharade vorgespielt hatte.
Er meinte, Acsais’ Parfüm zu riechen und jenen leicht herben Duft, der ihrer Scham entstieg. Er erschauerte unter der Erinnerung an ihre ebenso fordernden wie schmetterlingshaft zarten Berührungen.
Und er führte seine eigene Scharade zu Ende, indem er eine offizielle Verbindung zum Khasurn des Patriarchen da Onur aufbaute, der Tausende von Kilometern entfernt auf der Insel Snetcom residierte, jenseits der großen Wüste und des Meeres, vor der Küste des Kontinents Abanfül.
»Sie wünschen?«, fragte der faltenreiche Leibdiener, mit dem Ohm bis vor wenigen Augenblicken gesprochen hatte. Der Blick seiner kleinen, dunklen Augen wirkte listig.
»Ich bitte um eine Audienz beim Patriarchen.«
»Eine Audienz?«, fragte der Alte, als habe Ohm verlangt, der Patriarch möge ihm sein komplettes Vermögen überschreiben. Das Gerüchten zufolge übrigens nicht mehr sonderlich groß sein sollte.
»Für mich und meinen Begleiter, den Prospektor Elias Pattri.«
»Eine Audienz.« Der Leibdiener wollte sich schier ausschütten vor Lachen. »Ahnen Sie überhaupt, wie beschäftigt der Patriarch ist? Er kann sich nicht um jeden dahergelaufenen Windhund kümmern, auch wenn er, was ich Ihnen immerhin zugute halten muss, arkonidischer Abstammung ist. Ihr Glück, mein Freund, sonst würde ich Ihnen die
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