Atlan 02 - Lepso 02 - Die acht Namenlosen
neuer Gefangener Atlan überhaupt noch ein rein biologisches Lebewesen? Oder stellte er eine Mischform dar, ähnlich dem Goldenen, nur von einer anderen Ausgangssituation her?
Der Sterbliche Atlan (Arkonide, männlich, 1,87 Meter groß, vier Extremitäten, breitschultrig, muskulös, weißhaarig, aktivierter Extrasinn, fotografisches Gedächtnis) wäre längst tot ohne seinen Zellaktivator, der ihm relative Unsterblichkeit verlieh. Und der Zellaktivator wiederum war ein Stück Technik. Hoch entwickelte Technik, die weit über Irhe’vormas Standard stand, aber zweifellos Technik.
Der Leib des Aras zuckte sogar im künstlich aufrechterhaltenen Koma. Eine interessante körperliche Reaktion, vermerkte Irhe’vorma und warf den Augapfel in eine grünliche Nährlösung, verband das lose Ende des Sehnervs mit einem komplizierten Geflecht aus Drähten und wog Alternativen ab.
Sollte er Atlan von seinem Zellaktivator trennen? Das Gerät war speziell auf ihn geeicht und würde keinem anderen Lebewesen mit seinen Schwingungen dienen können. Damit würde es seinen Existenzzweck verlieren. Ein Sakrileg.
Und ein Argument dafür, dem Arkoniden den Zellaktivator zu belassen.
Andererseits würde Atlan ohnehin bald sterben. Irhe’vorma rechnete damit, dass der Arkonide als Sieger aus dem nächsten Gladiatorenkampf hervorging. Danach würde er entweder die Schweißöde verlassen, durch die Wüste gehen und dort sterben. Oder er trat zu einem weiteren Kampf an. Und zu einem dritten. Bis er irgendwann so geschwächt war, dass er seinem Gegner unterlag.
Irhe’vorma war in einem Dilemma gefangen, das mit logischen Methoden nicht zu lösen war. Sollte er Atlan von seinem Zellaktivator trennen und spezielle Experimente anstellen? Ohne das Gerät würde ein rapider Alterungsprozess einsetzen. Möglicherweise konnten daraus interessante Rückschlüsse auf die Funktionsweise des biologischen Körpers gezogen werden. Warum und nach welchen Gesetzen alterte er?
Irhe’vorma bearbeitete diese Fragen, während er den losgelösten Augapfel über das Drahtgeflecht mit dem Gehirn des Aras verband und die elektrische Weiterleitung von Impulsen studierte.
Er analysierte Wahrscheinlichkeiten und berechnete Konsequenzen, während ein Bildschirm erste Kurven aufzeigte. Eine philosophische Frage: Sah der losgelöste Augapfel, oder funktionierte er nur noch in gewissen Grenzen?
Die Biologischen … ihr hinfälliger, für Zerstörung anfälliger Körper funktionierte auch im Koma erstaunlich exakt und brillant. Fast, als besäße dieses Leben aus sich heraus einen Wert.
Fast.
Ich trat zu, erwischte die Waffenhand des schwarzhaarigen Terraners und glaubte, ein widerwärtig schmatzendes Geräusch zu hören, mit dem sich das gezackte Metallstück aus dem Fleisch meines Einsatzpartners Ohm Santarin löste. Blutstropfen spritzten bogenförmig davon, klatschten gegen Boden und Wände.
Der Terraner schrie, doch er hielt die Waffe fest. Genau bis zu dem Moment, als meine Handkante gegen seinen Unterarm schmetterte. Die Finger öffneten sich in einem Reflex. Die Waffe klirrte auf dem steinernen Boden.
Mein Gegner beging den törichten Fehler, sich zu bücken, um sie wieder zu ergreifen.
Diese Gelegenheit ließ ich ihm nicht. Mein Knie schnellte hoch und kollidierte mit seinem Kinn. Er stieß einen gurgelnden Laut aus, zuckte mit den Armen und sackte haltlos zusammen. Seine Stirn knallte mit dumpfem Schlaggeräusch auf. Ein letzter Krampf lief durch den Körper, dann lag er still.
Es war nicht nötig, mich weiter um ihn zu kümmern. Stattdessen wandte ich mich an Ohm Santarin.
Der Schmerz hatte meinen Begleiter unsanft in die Wirklichkeit zurückgerissen. Er betastete vorsichtig mit den Fingerspitzen die blutenden Wunden am Hals. Sein Gesicht war verzerrt, die Augen halb geschlossen. Tränen liefen über die Wangen, weniger ein Ausdruck der Pein als der inneren Erregung.
Die Tatsache, dass er atmen konnte, erleichterte mich. Er hatte keine ernsthaften Verletzungen davongetragen. Insbesondere Kehlkopf und Luftröhre waren unversehrt geblieben.
Er betrachtete mit angeekeltem Gesichtsausdruck, die Mundwinkel nach unten gezogen, das frische Blut auf seinen Nägeln. Ein Tropfen sammelte sich, hing einen Augenblick lang scheinbar schwerelos an der Kuppe des Mittelfingers und fiel dann.
»Was …« Ohm wischte die Hände am Stoff seiner Hose ab, schluckte schwer, biss die Zähne zusammen und begann erneut. »Was hat dieser verdammte Roboter mit
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