Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage
Weltraums führen.
Erobern … was für ein seltsames Wort!
Bei unvorsichtiger Verwendung implizierte es aggressives Verhalten, das seine Vorväter gezeigt hatten, als sie sich über die anderen, einfacher gestrickten Geschöpfe der Heimat erhoben.
Trashewiu blickte hinaus ins All, betrachtete die Längs- und Heckfalten seines Schiffs.
Sie sind wunderschön , gab ihm Zoim zu verstehen. So einfach konstruiert, so simpel gebaut, so leicht in der Handhabung.
»Es bedurfte keines besonders großen Aufwands, eures handwerklichen Einsatzes und unseres Wissens, wie man der Entropie ein Schnippchen schlagen kann.«
Ich habe dieses Gedankenmodell nie ganz verstanden …
»Es ist weniger eine Sache des Verstehens als eine der Anwendung «, erklärte Trashewiu das Offensichtliche. Geduldig und vielleicht zum hundertsten Mal. »Wir erzeugen ein in sich geschlossenes System mit präzis definierten Koordinaten, das von der räumlichen Umgebung strikt getrennt bleibt. Bevorzugt ist es ein dreidimensionales, wobei die dritte Dimension so schmal, so marginal gehalten ist, dass sie ohne Energiezufuhr keine Rolle spielt. Erst durch gesteuerte Umwandlung von Energie, die uns sprichwörtlich überall zur Verfügung steht, ›dampfen‹ wir die dritte Dimension auf. Dadurch erschaffen wir Räumlichkeit, dadurch erzeugen wir kinetischen Antrieb, der uns in höherdimensionale Räume katapultiert.«
Zoim schwieg, verstand offenbar wiederum nicht, worauf Trashewiu hinauswollte. Unbeirrt fuhr der Gavivi fort: »Thermodynamische Energie kann aus jeglicher Form von Materie entnommen werden, die uns umgibt. Im Leerraum reicht uns die scheinbar unbedeutende Dichte von einem Wasserstoff-Atom pro Kubikmeter, um das Faltsystem unseres Schiffs anzutreiben; schließlich können wir mithilfe der Zapfaggregate den energetischen Tankvorgang in nahezu beliebig große Räume ausdehnen …«
Er spürte, dass der Tyarez nicht bereit war, seinen Ausführungen zu folgen. Zu gerne hätte er noch über den Dritten Lehrsatz der Entropie, den Druck von Strahlungsfeldern und deren Nutzen sowie über die Rolle der Dunklen Energie gesprochen. Dies alles waren scheinbar leicht zu überblickende Dinge, die sein Verstand genauso deutlich erfasste wie die 5-D-Notation des mathelogischen Energie-Impuls-Tensors. Aber sein Symbiont konnte die gedanklichen Bilder, die er erzeugte, einfach nicht erfassen.
Ja. Gavivis und Tyarez ergänzten sich hervorragend. Was der eine an Intellekt zu bieten hatte, verstand der andere, in Taten umzusetzen.
Aber wirklich verstehen würden sie einander wohl niemals.
Trashewiu landete sein Schiff vorsichtig auf dem dafür vorgesehen Feld. Er achtete darauf, der Umgebung nicht allzu viel Materie/Energie zu entziehen. Einige Bäume starben ab, Gräser rings um den Landeplatz zerbröselten zu Staub; ein Lamiu, das irgendwie die Schutzbarrieren überwunden hatte, verendete. Sonst ging alles glatt.
Ein weiterer gezielter Energiebeschaffungsschub sorgte dafür, dass er sich aus der Nahezu-Zweidimensionalität des Schiffs befreien konnte. Er glitt aus dem Schiff hervor, dessen Falten so schmal waren, dass man sie gegen das Licht der Sonne kaum erkennen konnte, und betrat den heimatlichen Boden.
Gavivis winkten ihm mit ihren Brustarmen zu, ließen ihn und seinen Symbionten hochleben. Allen voraus ging Gardio, die Leiterin des Raumfahrtprogramms und eine gute Freundin Trashewius. Sie umarmten sich und rieben die Finger aneinander.
»Du weißt, was das bedeutet?«, fragte sie ihn, nachdem die erste Aufregung abgeklungen war.
»Es gibt für uns keinerlei Grenzen mehr. Ein paar Optimierungen der technischen Zapfsysteme sind durchaus noch möglich. Dann können wir uns daranmachen, die nächstgelegenen Sternsysteme zu erkunden und nach ›Nachbarn‹ Ausschau zu halten.«
»Ob sie sich so friedfertig verhalten, wie wir annehmen?«, fragte Cardio. »Wenn ich Flora und Fauna unserer Heimat beobachte, kommen mir Zweifel.«
»Wer auch immer es geschafft hat, sich vom Boden seines Planeten ins Weltall zu erheben, muss jegliche Aggressivität hinter sich gelassen haben«, behauptete Trashewiu. »Es ergäbe sonst einfach keinen Sinn.«
So war es.
Friedliche Koexistenz war das erklärte Ziel gewesen, das Gavivis und Tyarez gemeinsam erreicht hatten. Ein wenig Zeit noch, und sie würden in der Weite des Weltalls auf andere Völker stoßen, die gleich ihnen dachten und handelten. Wunderbare Jahre würden anbrechen. Solche, die der
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