Atlan 06 - Rudyn 03 - Acht Tage Ewigkeit
Kinderpsychologie.
Er schrak zusammen. Das passierte ihm in letzter Zeit häufiger. Er hatte sich inzwischen so sehr daran gewöhnt, seine Gedanken vor sich hin zu flüstern, dass er es kaum noch bewusst mitbekam.
Um sein schlechtes Gewissen zu verdrängen, konzentrierte er sich auf die Bilder, die von den fliegenden Kameras gesendet wurden.
Aufmerksam verfolgte er die letzten Absperrmaßnahmen der Obhutskräfte. Die Sphärendreher nahmen ihre Positionen ein, sorgten für eine lückenlose Luftraumüberwachung. Panzer fuhren auf. Truppentransporter setzten Raumlandesoldaten ab. Fliegende Arsenale entluden COMBAT-III-Brigaden.
Derius sah, wie die Ehrengäste ihre Plätze einnahmen. Er verfolgte den Aufbau der konzentrischen Schirmglocken, bewunderte den Anflug des Sphärenrades, beobachtete den Generalkalfaktor, wie er das Podium betrat.
Und er erschrak bis ins Mark, als die ersten Schüsse fielen. Seine Hände flogen über die Bedienelemente der Monitorgalerie.
Ein Wandpaneel fuhr zur Seite, ohne dass Derius einen Schalter berührt hatte. Ein Energieaggregat sprang brummend an. Der Torbogen eines Transmitters wölbte sich in der Nische, die das Paneel freigegeben hatte.
Die ionisierte Luft knisterte.
Dann trat Ponter Nastase rückwärts aus dem Transportfeld, in einen flimmernden PV-Schirm gehüllt. Er fuhr herum, erkannte Derius, schaltete mit einem Griff an seinen Gürtel den Schutzschirm aus. Der Torbogen hinter ihm fiel im selben Augenblick in sich zusammen.
»Kommen Sie!«, drängte Nastase aufgebracht. »Haben Sie diese Schweinerei gesehen? Wir müssen zurück auf die ZUIM.«
Er gab einen Kode in das Bedienfeld des Transmitters ein. Wartete. Fluchte, als nichts geschah. »Was soll das? Haben Sie an dem Ding hier rumgefummelt?«
Derius verneinte.
»Verdammt! Warum bekomme ich kein Grünsignal?« Die Wangen des Generalkalfaktors zeigten eine hektische, dunkle Röte. Als ob die beinahe abgeheilten alten Erfrierungen zurückkämen. Nastase trat beiseite. »Versuchen Sie es, Manitzke! Nehmen Sie Ihren Kode.«
Der Generalkalfaktor trat an einen Wandschrank und holte einen Kampfanzug hervor. Er riss sich den Ehrenmantel von den Schultern und stopfte ihn in einen Durplast-Handkoffer. »Haben Sie’s?«
Während Derius vor dem Transmitter stand, schlüpfte Nastase in die raumflugfähige Montur. Ein Kombistrahler baumelte am Gürtel. Derius hörte das Ratschen der Handschuh-Verbindungsstücke, mit dem die Kontakte einrasteten.
»Die Verbindung wird durch irgendetwas verhindert, Sir«, stellte Derius fest. »Das Gerät kann zwar empfangen, aber nicht senden. Auch die Hochrangbevollmächtigung setzt das Sendeverbot nicht außer Kraft. Ich bekomme weder zur ZUIM noch zu einer anderen Gegenstation einen Kontakt. Aber nicht nur diese Verbindung hier, sondern das ganze Netz ist unterbrochen. Es tut mir leid, Sir! Ich finde keine Erklärung. Das heißt – warten Sie!«
Er flankte um den Schreibtisch herum und schaltete einen der Monitore auf extreme Vergrößerung. Der eingefrorene Bildausschnitt zeigte einen Raumhelm. Das Gesicht eines wahrscheinlich blonden Mannes war nur teilweise frei von Reflexen.
Nastase trat zu ihm. »Wer ist das?«
Derius zuckte mit den Achseln.
Er holte ein neues Bild heran. Im zweiten Raumhelm steckte ein Frauenkopf. Dunkelbraune Haare, leicht rundlicher Gesichtsschnitt. Derius erkannte das Antlitz trotz der Verätzung der linken Wange. Jeder in der Union kannte es. Nastase fuhr zurück.
»Das gibt es nicht!«, keuchte er. »Wie viele Leben hat diese Frau?«
Derius schüttelte den Kopf.
»Das meinte ich nicht. Mit Verlaub, Sir – da sie dort war, und gleichzeitig die Transmitterverbindungen unterbrochen sind, erscheint mir das als zufällige Konstellation höchst unwahrscheinlich.«
»Natürlich hat sie das veranlasst!«, fauchte Nastase. »Aber es wird ihr nichts nützen. Folgen Sie mir!«
Er rief einen Befehl. Eine weitere Wandpaneele schob sich zur Seite. In dem Schacht des dahinter verborgenen Antigravs flammten Lichter auf »Nehmen Sie den Koffer. Ich brauche beide Hände frei.«
Nastase zog den Kombistrahler, prüfte die Ladekapazität und schob die Waffe zurück in das Gürtelholster. Mit einem Schritt trat er in das abwärts gepolte Feld und sank nach unten.
Derius nahm den Koffer auf und schwang sich hinter ihm in den Schacht.
Die Gesichtszüge des Mannes auf dem Bild sind künstlich verändert worden , wisperte Carys Stimme in seinem Ohr, während die
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