Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Atlan 06 - Rudyn 03 - Acht Tage Ewigkeit

Atlan 06 - Rudyn 03 - Acht Tage Ewigkeit

Titel: Atlan 06 - Rudyn 03 - Acht Tage Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael H. Buchholz
Vom Netzwerk:
sich ein weiteres, gut anderthalb Meter durchmessendes Loch, in dem eine Art Rost befestigt war. Dort brannte ein Feuer, dessen Asche von einer Schale aufgefangen wurde, die darunter hing. Der Rauch zog durch ein entsprechendes Loch im Stockwerk darüber ab.
    Es war überraschend warm im Inneren des Kaibuns.
    Ti Sun entzündete mehrere Öllampen; dann bat sie Kettat und seine Männer hinaus. Gemeinsam schälten die drei Frauen Neife vorsichtig aus der Iso-Kombination. Als sie die Verätzungen an Brust und Halsbeuge sahen, holte Ti Sun tief Luft. Sie flüsterte etwas zu einer der beiden anderen und schickte die ältere fort. Dann richtete sie sich auf, ging zum zweiten Bett und beugte sich über Oderich Musek.
    »Wir sind vorerst in Sicherheit, Oderich«, sagte ich.
    »Was ist mit Ihnen passiert?«, fragte die junge Santuas.
    »Ein Zusammenstoß mit einem Stahlträger«, antwortete Oderich gepresst. »Die Rippen … das Atmen tut weh … fällt mir immer schwerer.«
    »Lassen Sie mich bitte sehen.« Ti Sun nahm die Securdecke fort, entfernte ihm behutsam Jacke und Hemd und begann, Oderichs Rippen abzutasten. Dabei schloss sie die Augen, konzentrierte sich ganz auf ihre Fingerspitzen. Endlich nickte sie und deckte Oderichs Oberkörper mit der Felldecke zu. »Vier benachbarte Rippen sind gebrochen. Nach dem, was ich hören konnte, hat eine zu geringfügigen inneren Blutungen geführt. Keine Verletzung der Lunge, glücklicherweise. Auch das jeweilige Nervenbündel unter jeder Rippe scheint unverletzt zu sein. Sie haben gehöriges Glück gehabt – Oderich, nicht wahr?«
    Der persönliche Berater nickte. Ti Sun lächelte, wie es nur Terranerinnen eurasischer Herkunft konnten.
    Du meinst Rudynerinnen mit kaukasisch-asiatischen Eltern , korrigierte mich der Extrasinn.
    »Sie haben das gehört ?«, fragte ich.
    »Ich nenne es so. Es ist, als ob ich mit den Fingerspitzen hören kann – wie soll ich es erklären? Feinste Vibrationen verraten mehr als das Auge je sehen kann. Die Art, wie das Herz schlägt, wie das Blut strömt, wie die Luft durch die Lunge streicht … all dies kann ich auf diese Weise ertasten. Es ist wie bei einem Summen. Sie können es hören und fühlen. Wo beginnt das Fühlen, wo endet das Hören?«
    Ti Sun neige den Kopf und strich Oderich das verschwitzte Haar aus der Stirn.
    »Liegen Sie bitte so entspannt wie möglich. Ihre Schmerzen werden gleich verschwunden sein.«
    »Sind Sie Ärztin?«, fragte ich.
    »Nicht in dem Sinn, was Sie darunter verstehen.« Sie kniff die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. »Ich bin eine Heilerin oder, weit richtiger: ich bin dabei, es zu werden. Ich weiß noch sehr wenig. Deshalb habe ich auch nach Kan Yu geschickt. Er ist der größte Heiler in den Bergen. Er wird Ihrer Freundin helfen können. Sie haben Glück, dass er ausgerechnet heute in Gympmost weilt. Was ich vermag, ist wenig genug.«
    Sie nestelte an einem länglichen Futteral und zog eine Flöte heraus.
    Es handelte sich um eine wunderschöne, handgeschnitzte Flöte. Auch ich hatte einst eine ähnliche besessen – ein Geschenk meines Freundes und Lehrmeisters Miyomoto Musashi. Musashi war der überragende Schwertkämpfer im Japan der Shogun-Ära gewesen …
    Musashi ist lange tot, und sein Geschenk ist während des Dolan-Angriffs auf die Erde 2437 im Museum in Terrania verbrannt! , unterbrach der Extrasinn meine Erinnerungen. Kümmere dich lieber um den Augenblick! Hat dir nicht gerade Musashi immer wieder eingebläut, ganz im Hier und jetzt zu sein?
    Ti Sun setzte die Flöte an die wohlgeformten Lippen, konzentrierte sich kurz und begann zu spielen.
    Oderich Musek seufzte, schloss die Augen und schlief lächelnd ein.
     
     
    Als Kan Yu, der Heiler, wenige Minuten später eintraf, kam er nicht allein. Kettat Pahal war bei ihm, der schwarzbärtige Kaibunthu , der Dorfvorsteher des Ortes, wie mir Ti Sun inzwischen erklärt hatte. Zwei weitere Männer begleiteten ihn: ein großer, hagerer, graubärtiger Älterer und ein jüngerer, breitschultriger, völlig kahler Mensch, dem ich den Leibwächter auf den ersten Blick ansah. Beide trugen leuchtend grüne Tücher über ihren Schultern. So asketisch schmal der eine war, so muskelbepackt war der andere. Der Bärtige machte einen fast entrückten, in sich gekehrten Eindruck; etwas wie kaum gebändigter Eifer glühte in seinen Augen.
    Der Heiler war über hundertdreißig Jahre alt. Sein wallendes weißes Haar war mit grauen Fäden durchsetzt; der kurze Bart war

Weitere Kostenlose Bücher