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Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht

Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht

Titel: Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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surrealistischer Wandteppich über den Unregelmäßigkeiten der verschiedenen Flächen ausbreitete, erzeugten eine seltsam trostlose Stimmung. Tristan assoziierte sie nicht mit Gefahr, denn in diesem Teil der Unterwelt kannte er jeden Winkel. Er hatte ihn in zahllosen Vorstößen erforscht und sogar in einer dreidimensionalen Karte dokumentiert. Das Unbekannte begann unterhalb von Hades IV.
    Die Lichtkreise seiner Lampen geisterten weiß über Boden und Wände. In der dicken Staubschicht sah er neben den Spuren seiner früheren Expeditionen auch die der Ratten. Kristallisierte Ausblühungen, die wie Blumen oder Narben wirkten, funkelten in den Strahlen auf. Wie purpurner Tang hingen schmale Blätter und Fäden aus den Spalten der Decke, von einem Luftzug bewegt, den Tristan nicht spürte. Er wanderte mit äußerster Aufmerksamkeit durch eine zauberhafte Welt, die im Gegensatz zu den Bühnenbildern der virtuellen Realität tatsächliche Wirklichkeit darstellte.
    Er erreichte seinen ersten Rastplatz. Aus der Wand einer Halle, deren Decke und Wände mit der Finsternis verschmolzen, ragte ein Vorsprung, ähnlich wie ein übergroßer, kantiger Pfeiler, ein wuchtiger Pilaster, in dem vielleicht vor einem Jahrtausend Büros, Überwachungsstationen oder Schalträume untergebracht worden waren. Er war von oben bis unten mit Gewächsen aus Salpeter, aerobischen Bakterien und Mooshärchen bedeckt, die winzige Blüten entwickelt hatten. Die dünnen Fühler, die aus den Rosetten herausragten, bewegten sich gierig in die Richtung der Lichtstrahlen und begannen leuchtende Tropfen abzusondern.
    Sieben Ebenen, untereinander durch roststarrende und abblätternde Treppen aus Stahl und Beton verbunden, hatten die lange Zeit einigermaßen unzerstört überstanden. Tristan hatte Rattenfallen eingebaut, vor denen einige Dutzend tote Tiere inmitten dicker Klumpen weißer, durcheinander wimmelnder Maden lagen. Es stank besorgniserregend. Er machte große Schritte, stieg in die dritte Ebene hinauf und betrat einen Raum, in dem Klapptische, transportable Kühlkoffer, Faltstühle und ein provisorischer Arbeitstisch in den Lichtkegeln auftauchten. Jeden einzelnen Gegenstand hatte er mühsam von der Oberfläche heruntergebracht. An der Wand blinkte ein Funkreflektor, an zwei neu befestigten Haken hing eine Hängematte quer durch den Raum. Seilbündel, Strickleitern, Flaschenzüge und ein uraltes Mini-Gravotriebwerk waren ebenfalls zu sehen.
    Tristan schnallte seinen Rucksack ab, zog aus einer der vielen Taschen seines Anzugoberteils das Expeditionsfeuerzeug und zündete bedächtig ein Dutzend Kerzen an, die inmitten heruntergetropften Wachses auf einem Tisch festgesteckt waren. Dann schaltete er seine Lampen aus.
    Er blickte auf die Uhr. Kurz vor Mittag. Er tastete das Armbandkom ein, wartete zwei Sekunden auf die Grün-Anzeige und sagte ins Mikro: »Dunkelwanderer hier. Ich bin in meinem Schlafraum. Alles in Ordnung. Hast du Neuigkeiten für mich, Olgej?«
    Olgejs Stimme klang verschlafen. Sie antwortete undeutlich: »Adams und die Polizisten geben Ruhe. Keine besonderen Aktivitäten. Greta und Simmi haben sich nicht gemeldet. Wie lange willst du in der Unterwelt bleiben?«
    »Zwei Tage, vielleicht länger«, sagte er. »Wenn ich nicht als Pfadfinder gebraucht werde.«
    »Es sieht nicht danach aus.« Olgej machte eine Pause, hustete und holte tief Luft. »Gib auf dich Acht. Hast du alles, was du brauchst?«
    Er blickte sich um und zog den Rucksack zu sich heran.
    »Ich war gewissenhaft. Du solltest mit mir kommen und sehen, dass es auch hier unten viel Interessantes zu entdecken gibt. Und an den Gestank gewöhnt man sich schnell.«
    »Hab keine Lust, Dunkelwanderer. Du musst allein gehen.« Sie lachte rau, murmelte etwas Unverständliches und fügte hinzu: »Wenn ich mich einmal richtig langweile, darfst du mich vielleicht führen. Melde dich wieder, Li.«
    »Ruf mich, wenn ich gebraucht werde.«
    Sie schaltete ab. Tristan überlegte einige Atemzüge lang und stellte sein Gerät auf Stand-by um. Er steckte die winzigen Lautsprecher in die Ohren und wählte eine Auswahl besinnlicher Musik. Danach begann er seinen Rucksack auszupacken.
    Er war sich darüber im Klaren, dass seine Aufenthalte und Forschungen in einem Gebiet, das niemand mehr kannte, gefährlich waren. Aber sein Ehrgeiz, der ihn zuerst in die höher gelegenen Bezirke der Unterwelt getrieben hatte, wuchs mit jedem Vorstoß. Inzwischen wollte er sämtliche vorhandene Hohlräume der

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