Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht
feuerte.
Neben Orloff riss Glinder die Arme hoch und brach zusammen. Orloff reagierte mit einer Schnelligkeit, die mich verblüffte. Mit einem riesigen Satz sprang er, trotz seines schwammigen Körpers, in den dunklen Raum zurück. Niemand beachtete den Zwischenfall, denn ein Teil der Menge hastete die Treppen und Rampen zur Rohrbahnstation hinunter. Der Rest verteilte sich auf mehrere Straßen und begann in langen Reihen, möglichst in Deckung von fragwürdiger Sicherheit, den Platz zu verlassen.
Ich stieß einen Fluch aus, und plötzlich wünschte ich mich zurück in den Schutz der Austernmuschel. Aus allen Richtungen ertönten ununterbrochen die Geräusche abgefeuerter Schockwaffen. An zehn, zwanzig, vierzig Stellen brachen die Angreifer zusammen. Schreie der Überraschung ertönten, und meine Männer feuerten gezielt und schnell weiter. Aus den Gruppen der Angreifer schossen einige mit Thermowaffen wahllos nach unsichtbaren Zielen. Wandverkleidungen barsten, Geländerteile glühten auf, Fenster zerschmolzen in den Glutkernen der Einschläge. Zwei Schüsse trafen die Scheiben der Tierhandlung und zerfetzten sie in tausend Splitter. Kreischende Katzen, Vögel mit schmorendem Gefieder, kleine und große Hunde sprangen und flatterten aus den Öffnungen in alle Richtungen, Papageien gaben unglaubliche Laute von sich, als sie in die Höhe davonschwirrten. Aus dem linken Schaufenster quoll ein großer Schwarm handgroßer geflügelter Heuschrecken, die mit nervtötendem Sirren ihrer schwarzen Flügel schräg in die Luft stiegen und sich zerstreuten.
Als die Menge merkte, dass kein Rohrbahnzug mehr verkehrte und sämtliche Schotts zu den Bahnsteigen geschlossen waren, strömte sie wieder herauf auf den Platz. Das Pflaster und die Rasenflächen waren von reglosen Gestalten bedeckt, zwischen denen andere Kunshuner im Zickzack umhersprangen und versuchten, den gezielten Schüssen und den verstörten Hunden zu entkommen.
»Achtung, an alle Teams«, sagte ich laut und hakte mich von der Figur los. »Flüchtende Angreifer in allen Straßen, die vom Aldebaran-Square wegführen. Eure Aufgabe!« Ich schraubte mich in die Höhe, schob die Waffe in den Gürtel und packte die Kontrolle des Triebwerks. Die unsichtbaren-Männer meines Teams setzten unverändert ihre Schockwaffen ein. Ich sprach in das Mikro meines Kampfanzugs: »Wir brauchen Roboter und Gefangenentransporter auf dem Platz. Ungefähr dreihundert Personen.«
»Geht in Ordnung. Wir schicken die Gleiter los«, kam die Antwort aus der Zentrale.
Ich verließ meinen Platz und zögerte, deaktivierte das Deflektorfeld und wartete, bis sich ein Schutzschirm aufgebaut hatte. Simmi Orloff war längst geflüchtet und unauffindbar. Eine Verfolgung wäre ein sinnloses Unterfangen.
»Ich fliege hinunter und nehme Jerx Glinder fest«, meldete ich. »Zielt nicht gerade auf mich.«
»Wir haben genügend Auswahl, Chef.« Keeldar lachte.
Eine Gedankenflut stürmte auf mich ein. Bisher hatte ich es vermeiden können, solche Anordnungen zu treffen, die Menschen in meiner Umgebung willenlos reagieren ließen. Wieder packte mich der Drang, den Sarkophag aufzusuchen, und Sekunden darauf fühlte ich mich als Sieger über die Aufständischen. Meine Pheromone, flüsterte ich mir zu, waren stark wie ein Tornado. Ich begann mich dafür zu schämen, dass ich süchtig geworden war.
Ich landete auf dem Balkon, federte den Aufprall mit den Knien ab und bückte mich. Jerx Glinder lag verkrümmt und reglos vor meinen Stiefelspitzen. Nur noch einzelne Schockstrahler-Entladungen knatterten hinter mir durch die Luft. Auf dem Platz hatten sich Stille und Bewegungslosigkeit ausgebreitet.
Das Jaulen der Sirenen und die blökenden Warnsummer wurden lauter. Kläffende Hunde, die Schwänze zwischen den Hinterbeinen eingeklemmt, sprangen in panischer Furcht zwischen den Bewusstlosen umher. Ich rannte in den Raum hinter dem Balkon hinein, der vom ersten Morgenlicht ausgeleuchtet wurde. Ein leeres Büro, umgeworfene Sessel, viele Bildschirme und Geräte, die nicht eingeschaltet waren. Ich deaktivierte auch den Schutzschirm. Die unmittelbaren Gefahren waren vorbei.
»Hier Teamführer Eins«, sagte ich betont. »Ich habe Glinder gefasst und lande vor dem Haus. Ich glaube, unser Einsatz hier ist zu Ende?«
»Es sieht ganz danach aus, Chef.« Ich erkannte Nachims Stimme. »Brauchen Sie Hilfe?«
»Ja. Zwei Mann genügen. Ich benötige eine Transportgelegenheit für einen Gefangenen.«
»Die Gleiter und die
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