Atlan 08 - Illochim 02 - Im Bann der Gatusain
duftenden Schwall ab, der seine Ehrerbietung für den Ankömmling bekundete. Er berührte seine Stirn und anschließend die Wand neben dem Eingang mit allen zwölf Fingern seiner Hände, durchmaß den Raum und wiederholte das Ritual auf der gegenüberliegenden Seite. Uchta saugte die Stille in sich ein, atmete die Glückshormone seiner Gefährtin, die mit gekreuzten Beinen auf der Lagerstatt saß, und warf ihr einen liebevollen Blick zu. Ihr Bau war gereinigt, wie so viele Male zuvor, wenn die Familie einen Ankömmling empfangen hatte.
»Zeig mir das Kind«, bat Argoth. Seine Stimme war viel kräftiger, als es sein siecher Körper erwarten ließ.
Jidside öffnete ihren Sirtel. Töne drangen zwischen den Fleischlappen über ihrer Brust und dem Bauch hervor, sanfte, scheue Töne, wie sie nur ein Ankömmling ausstieß. Jidside hatte Scholk nicht nur in ihrem Sirtel ausgetragen, er wurde in seinem Inneren gesäugt und verbrachte die ersten zwei Monde seines Lebens darin. Die Übergangsphase, in der er sich immer häufiger nach draußen wagte, seine Umgebung zu erkunden begann und nur zum Essen und Schlafen in den Sirtel zurückkroch, dauerte einen weiteren Mond. Zaghaft streckte er den Kopf aus der Öffnung.
»Der Lichtwagen war freundlich zu euch«, lobte Argoth.
»Das empfinden auch wir so«, freute sich Jidside.
Uchta unterdrückte seinen Stolz. Seine Sorgen, der Älteste käme nicht in ihren Bau, waren unbegründet gewesen. Wie hatte er nur daran zweifeln können, dass das Schicksal es gut mit Scholk meinte? Seinem Kind war ein besonderes Leben beschieden.
Scholk lächelte in die Welt hinaus. Noch waren seine großen Augen schwarz. Jedes Mal, wenn Uchta hineinsah, glaubte er durch einen unendlichen Abgrund direkt in die Seele seines Kindes zu schauen. Nach dem ersten Lebensjahr, wenn er ausgewachsen war, nähmen seine Augen einen der bei Männern typischen blauen Farbtöne an. Er betrachtete den Alten, den er nicht kannte, gab ein paar gutturale Laute von sich und kroch in den Sirtel zurück.
»Er ist müde«, entschuldigte Jidside sich.
»Das ist das Recht der Ankömmlinge. Der Schlaf kräftigt sie und lässt sie wachsen.« Argoth ging abermals von einer Wand zur anderen und klopfte dagegen. Der Rhythmus war das Zeichen für die Angehörigen der Familie, aus den Nebenhöhlen herüberzukommen.
»Scholk ist vom Ankömmling zum Akzeptierten geworden«, empfing Uchta sie. »Der Älteste hat den Bau gereinigt.«
Rasch füllte sich der Raum mit Kanacht. Sie umringten Jidside und berührten ihren Sirtel, wie es Tradition war. Kinder sollten von klein an die Gerüche der Familienmitglieder wahrnehmen, damit sie wussten, zu wem sie gehörten, wenn sie den Sirtel endgültig verließen.
»Ich danke dir«, wandte Uchta sich an Argoth. »Und ich bitte dich, weiterhin unser Gast zu sein. Wir haben Speisen bereitgestellt, die wir mit dir teilen möchten.«
»Ich nehme dein Angebot dankend an.«
Es kam selten vor, dass der Älteste der Einladung nach dem Ritual folgte. Uchta war überwältigt von der Gunst, die ihm zuteil wurde. Die Gerüche der Familie erfüllten den Bau, vermittelten ihre Gefühle, die Uchta mit nie gekannter Intensität überfielen. Er verließ den Bau, um zum Himmel emporzuschauen und frische Luft zu atmen.
Was er erblickte, ließ ihn vor dem Eingang erstarren.
»Du nennst diese Ansammlung schäbiger Hütten eine Stadt?« Svin Heyburn machte eine abwertende Handbewegung. »Die Einwohner sollen deine Untergebenen werden, die Keimzelle deines Reichs? Ich hielt deine Ambitionen für größer.«
Seine Begabung, Greta auf die Nerven zu gehen, wuchs stündlich. Sie sah großzügig darüber hinweg, denn sie war bester Laune. »Es ist keine Stadt, sondern eine Ansiedlung«, erklärte sie gut gelaunt. »Du hast immer noch nicht begriffen, worum es geht. Die Bewohner dieser Welt sind mir im Grunde gleichgültig. Sie sind meine Versuchskaninchen. Mit ihrer Hilfe werde ich herausfinden, wie viele Personen ich unterwerfen kann. Das ist wichtig, wenn ich meine Macht später auf zivilisiertere Planeten ausdehne.«
»Laut Karim Shoutain gibt es davon in der Nähe keine.«
»Na und? Ich besitze ein Raumschiff, mit dem man schnell von einem Sonnensystem zum nächsten gelangt. Es ist der Grundstein für meine künftige Flotte.«
Neben Heyburn und Walsh führte Greta eine sechsköpfige Eskorte an, gebildet aus willfährigen Besatzungsmitgliedern der ESHNAPUR. Der Kreuzer stand unweit der Siedlung und
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