Atlan 11 - Monolith 01 - Planet der Silberherren
Lastwagen transportierten auf ihr große Ballen des silbrigen Materials. Ich erkannte die harzähnliche Substanz wieder, die mir schon im Hafen von Tar'Haar aufgefallen war, konnte wegen der beträchtlichen Entfernung aber keine Details erkennen. Klar war jedenfalls, dass sie aus dem Gebilde gewonnen wurde und anscheinend eine Vorstufe des Silbermetalls darstellte.
»Ein gewaltiger Monolith«, murmelte Santjun neben mir.
Ich warf ihm einen verwunderten Blick zu. »Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, ein filigranes Gebilde aus Kaskaden glänzender Säulen, ein Bündel silbriger Orgelpfeifen, mit einem Begriff zu belegen, den man eher mit einem einzelnen massiven Klotz assoziiert.«
Der Agent zuckte die Achseln. »Auf mich wirkt es jedenfalls wie ein Monolith. Diese geschlossene Fremdartigkeit …«
Ich nickte zögernd, begriff, was er meinte. Die silbrigen Stränge verbreiteten eine Aura, die sie auf gewisse Weise der umgebenden Realität entrückte. In der Summe entstand dadurch trotz des eigentlich filigranen Aufbaus aus einzelnen dünnen und hellen Rohren der subjektive Eindruck, etwas Massives, Drohendes vor sich zu haben, einen Fremdkörper, der sich wie ein Klotz in die Landschaft hineingebohrt hatte. »Na schön. Bleiben wir bei diesem Begriff. Ist Ihnen der starke Pflanzenwuchs in unmittelbarer Nähe des Monolithen aufgefallen?«
»Natürlich. Die Wirkung des silbernen Materials scheint nicht auf Menschen beschränkt zu sein. Wahrscheinlich ist dieser Effekt Ausdruck der Lebenskraft, die von dem Material und sicher auch in hohem Maß von dem gesamten Monolithen ausgeht.«
Eine Quelle der Langlebigkeit , dachte ich, wenn nicht sogar der Unsterblichkeit.
Santjun hob warnend eine Hand. »Eine Patrouille«, sagte er.
Ich hatte es auch gehört. Stimmen in einiger Entfernung, laute Schritte. »Deflektoren einschalten«, sagte ich. »Wir ziehen uns ins Unterholz zurück.«
Im nächsten Augenblick wurde Santjun vor mir unsichtbar. Nur an den Bewegungen einiger Äste konnte ich erkennen, welchen Weg er eingeschlagen hatte.
Als wir uns Makra'Khor näherten, hatten wir feststellen müssen, dass der Ursprungsort des silberähnlichen Metalls gut bewacht war. Befestigte Lager sicherten alle Zugangswege in das Hochtal, das den Kern des Gebirges bildete, und Patrouillen überwachten das Gelände zusätzlich. Für die planetaren Verhältnisse waren diese Thanatoner mit ihren mehrschüssigen Gewehren schwer und modern bewaffnet. Sie trugen einheitliche Kleidung, die man fast schon als Uniform bezeichnen konnte, und Panzerungen, die sie vor Hieb- und Stichwaffen schützten. Ihr rüdes Auftreten verbarg keineswegs, dass sie einer militärisch auffällig modern strukturierten Gruppe angehörten – ein weiterer Hinweis für mich, dass Fremdweltler in einem schleichenden Prozess die Kontrolle über den Silberberg übernommen und wahrscheinlich damit begonnen hatten, die Ressource Silbermetall zu verknappen.
Aber es waren keine Söldner der Silberherren, die uns hier über den Weg liefen, sondern fünf, sechs abgerissene Gestalten, hagere Männer, die keinesfalls einheitlich gekleidet waren, sondern einen eher ärmlichen Eindruckt machten und die sich an großen und offensichtlich schweren Säcken abschleppten.
»Schmuggler«, flüsterte Santjun, als sie sich auf dem schmalen Weg wieder von uns entfernten.
»Wir haben festgestellt, dass es beträchtliche Unterschiede zwischen den Bevölkerungsschichten gibt«, erwiderte ich.
»Also wird es auch unzufriedene Kreise geben, die nach einem größeren Stückchen des Kuchens streben, und dementsprechend auch illegale Handelswege. Und da diese Schmuggler recht offen agieren, gehe ich davon aus, dass die Machthaber ihre Tätigkeit in gewissem Umfang dulden. Die relative Sorglosigkeit, mit der sie vorgehen, lässt darauf schließen, dass der Schmuggel des Metalls nicht mit absoluter Strenge bekämpft wird.«
»Oder, dass die Silberherren keine vollständige Kontrolle ausüben«, widersprach der Agent.
»Unwahrscheinlich«, konterte ich. »Indem die Silberherren … oder die, die hinter ihnen stehen … illegalen Handel mit den Ausgangsstoffen erlauben, eröffnen sie sich einen Pfad zu ebenfalls illegalen Verarbeitungsstätten, die dann ausgehoben werden können. Würden sie die Quelle zu offen kontrollieren, würde das den Volkszorn anheizen. Offensichtlich haben sie bei der Verfolgung ihrer Pläne Geduld und viel Zeit. Das ist eine langfristige Operation!«
Wir warteten
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