Atlan 12 - Monolith 02 - Todeszone Zartiryt
fort. »Ohne dich wäre ich mit hoher Wahrscheinlichkeit tot. Du bist also sehr wohl fähig, das zu tun, wofür man dich einst gebaut hat.«
»Da habt Ihr recht, Herr.«
Der gerade eben noch vor Kummer gebeugte Spinnenkörper schnellte wie eine Sprungfeder in die Höhe.
»Ihr seid so klug. Und so gütig. Sagt, Herr, habt Ihr Anat Serkuloon gesehen? Wisst Ihr, wo er sich aufhält? Er sucht sicher schon nach mir, und ich möchte ihn ungern warten lassen.«
Kann ich es riskieren und ihm die Wahrheit sagen? , fragte ich den Extrasinn.
Früher oder später wirst du es müssen , lautete die Antwort.
»Du hast lange geschlafen, Calipher«, sagte ich behutsam. »Sehr lange. Seit damals sind 50.000 Jahre vergangen. Ich glaube, Anat Serkuloon ist längst tot.«
Für fast eine halbe Minute stand der Wachroboter vollkommen reglos, und ich hegte bereits die Befürchtung, dass ihn die Nachricht vom Ableben seines früheren Herrn dazu bewogen hatte, sich erneut zurückzuziehen. Dann jedoch begannen die Spinnenbeine wieder zu zucken, und das Leben kehrte in den stählernen Körper zurück.
»Das ist bedauerlich«, sprach er schließlich. »Aber es hätte schlimmer kommen können. Immerhin habe ich einen neuen Herrn. Ihr werdet doch bei mir bleiben, oder?«
»Lass uns nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen«, erwiderte ich ausweichend. »Wie du weißt, ist die Experimentalstation in der Gewalt unbekannter Eindringlinge, die wir zunächst vertreiben müssen.«
»Verstehe«, erwiderte Calipher. »Verstehe ganz und gar. Der Feind ist eingedrungen, während ich geschlafen habe. Ich werde Euch nicht noch einmal enttäuschen, Herr. Überlasst alles Weitere mir.«
Bevor ich die Maschine aufhalten konnte, war sie bereits mit Riesenschritten hinter der nächsten Gangbiegung verschwunden. Das laute Klacken ihrer Spinnenbeine wurde schnell leiser.
»Calipher!«, rief ich, so laut ich konnte. »Komm sofort zurück!«
Gut gemacht , wisperte der Extrasinn.
Wenn du so klug bist, hättest du mich ja warnen können , gab ich mürrisch zurück. Hinterher sind alle Propheten schlauer.
»Sehen Sie sich das an, Lordadmiral«, beendete die Stimme Iasana Weilands den kurzen Disput. Die Plophoserin stand vor der gegenüberliegenden Gangwand, wo sie die ganze Zeit einige der Bilder studiert hatte, die auch in diesem Bereich des Monolithen in vielen Varianten zu finden waren.
»Da ist wieder dieses seltsame Tor«, fuhr sie fort. »Und Unmengen von Toten. Ich würde zu gerne wissen, was das alles zu bedeuten hat, und vor allem, warum es den Verlorenen so wichtig war, diese Ereignisse über den ganzen Monolithen verteilt zu dokumentieren. Ist es nicht faszinierend, wenn man bedenkt, dass diese Bilder über eine Million Jahre alt sind?«
»Zweifellos«, stimmte ich zu. »Allerdings liegt genau da das Problem. Selbst als relativ Unsterblicher habe ich Schwierigkeiten, mir eine solche Zeitspanne auch nur ansatzweise vorzustellen. In einer Million Jahren können Hunderte von Imperien entstehen und wieder zerfallen. Wer immer die Verlorenen waren – die Monolithen sind vermutlich das Einzige, was von ihnen übrig geblieben ist, und vielleicht werden wir niemals erfahren, warum sie sie einst gebaut haben. Kommen Sie, wir müssen weiter.«
Wir folgten dem Gang, in dem Calipher kurz zuvor entschwunden war. Ich hoffte immer noch, dass sich der Roboter besann und zurückkehrte, wenn sein erster Übereifer erst einmal verflogen war und ihm bewusst wurde, dass er seinen neuen Herrn einfach allein gelassen hatte, doch die Maschine ließ sich nicht blicken. Also bemühte ich vorerst meinen Orientierungssinn, den Logiksektor und mein fotografisches Gedächtnis. Von den zwei Stunden, die ich mit Santjun als Frist vereinbart hatte, waren bereits dreißig Minuten verstrichen, als wir eine weitere große Halle erreichten.
Ich fühlte mich unwillkürlich an ein altertümliches Museum erinnert. An den Wänden aufgereiht standen doppelt mannshohe, vitrinenähnliche Schränke. Einige von ihnen waren bis zur Unkenntlichkeit zerstört und zu unförmigen Schlackeklumpen zusammengeschmolzen; die meisten jedoch hatten die Jahrtausende nahezu unbeschadet überstanden. Hinter den transparenten Glasplastscheiben erkannte ich diverse Objekte, von denen ich kein einziges hätte identifizieren können und deren Funktionen sich mir nicht einmal annähend erschlossen.
Iasana Weiland stürzte sich geradezu mit Feuereifer auf die ersten Artefakte, und obwohl mir die
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