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Atlan 12 - Monolith 02 - Todeszone Zartiryt

Atlan 12 - Monolith 02 - Todeszone Zartiryt

Titel: Atlan 12 - Monolith 02 - Todeszone Zartiryt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Schäfer
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Ausnahme verloren. Irgendwie schaffte es Calipher jedes Mal, seinen auf den ersten Blick so massig wirkenden Körper auf groteske Weise zusammenzufalten und durch sämtliche Spalten und Öffnungen zu zwängen, die uns auf unserer Reise begegneten. Selbst Durchlässe, die für Iasana Weiland und mich in unseren schweren Schutzmonturen fast zu eng waren, bewältigte Calipher mühelos.
    »Gibt es Orte in dieser Station, die dir verboten sind?«, fragte ich ihn in einer jener seltenen Phasen, in denen er nicht wie ein übermütiges Kind vor uns herumturnte.
    »Natürlich«, antwortete er.
    »Dürfte ich diese Orte betreten?«
    »Ihr seid ein Träger des Lichts, Herr. Ihr dürft alles tun, was Euch beliebt.«
    »Weiß du, welches Jahr wir schreiben?«
    »Die Zeit, die Zeit.« Calipher neigte den Kopf so tief herab, dass seine Antennenfühler über den Boden des Gangs schabten. »Die Zeit ist kein Freund von Sentimentalitäten. Jeder Augenblick ist einzigartig. Warum kränken wir die Gegenwart, indem wir verpassten Gelegenheiten nachtrauern?«
    »Wann hast du Anat Serkuloon zum letzten Mal gesehen?«, versuchte ich es anders.
    »Nicht lange her«, sagte der Roboter und rieb die vorderen Beinpaare gegeneinander. Das dabei entstehende Quietschen trieb mir einen kalten Schauer nach dem anderen über den Rücken. »Oder sehr lange her. Ich weiß, was ich tue. Es gibt keine Beschwerden. Nicht eine einzige.«
    Er weicht jeder Frage nach der Vergangenheit systematisch aus , wisperte der Extrasinn. Vielleicht solltest du den Druck etwas erhöhen.
    »Du hast keine Ahnung, nicht wahr?«, folgte ich dem Ratschlag des Logiksektors. »Du weißt nicht, wie lange du schon hier bist und was geschehen ist. Deine entsprechenden Speicher sind leer oder beschädigt, aber das willst du nicht zugeben. Habe ich recht?«
    »Ihr seid ein Träger des Lichts. Ihr habt immer recht, Herr.«
    »Hör auf, mich derart plump und anmaßend zu belehren.«
    »Ich … ich … aber Herr …«, stammelte Calipher. In gewisser Weise tat er mir leid, aber ich konnte jetzt nicht mehr zurück. Offenbar hatte ich endlich einen wunden Punkt gefunden, einen Hebel, den ich ansetzen konnte.
    »Willst du mich beleidigen, Calipher? Willst du einen Träger des Lichts wie einen dummen Jungen behandeln? Willst du mich womöglich sogar belügen?«
    »Warum seid Ihr so grausam, Herr?«
    Der Wachroboter verlor jetzt komplett die Beherrschung. Urplötzlich knickte er mit allen zwölf Spinnenbeinen ein und landete scheppernd auf dem Boden. Die Kopffühler verschwanden vollständig in seinem stählernen Schädel, als könne er die Realität dadurch auslöschen, indem er sich einfach weigerte, sie wahrzunehmen. In diesen Sekunden wirkte er im wahrsten Sinne des Wortes wie ein Häufchen Elend.
    »Habe ich etwas gesagt oder getan, das Euch erzürnt hat, Herr? Ich bin Euer Diener, und wenn Ihr mich bestrafen müsst, so habe ich es gewiss verdient, doch sagt mir wenigstens, welche Schande ich auf mich geladen habe, damit ich aus meinen Fehlern lernen kann.«
    Begreifst du denn nicht? , meldete sich der Extrasinn. Er hat keinerlei Zeitgefühl mehr. Er vergleicht den aktuellen Zustand des Monolithen mit den wenigen Fragmenten aus seiner Erinnerung, und alles ist anders. Die einzige Möglichkeit, diesen Widerspruch zu erklären, ist das Leugnen der gewaltigen Zeiträume, die seitdem vergangen sind. Ist dir aufgefallen, dass er von Anat Serkuloon stets in der Gegenwart spricht? Er ist völlig verwirrt und weiß nicht, wie er reagieren soll.
    »Du hast weder Schande auf dich geladen, noch will ich dich für etwas bestrafen«, sagte ich etwas versöhnlicher. »Aber du darfst mir nichts verheimlichen.«
    »Werdet … werdet Ihr mich … abschalten, Herr?«, fragte Calipher so leise, dass ich Mühe hatte, ihn zu verstehen.
    »Nein«, erwiderte ich. »Niemand wird dich abschalten. Das verspreche ich dir.«
    »Aber ich bin … defekt, Herr.« Die Stimme des Roboters klang jetzt tatsächlich niedergeschlagen. »Ich bin nicht mehr in der Lage, die mir vorbestimmten Aufgaben zu Eurer Zufriedenheit zu erfüllen. Ich bin wertlos und schäme mich so sehr, Herr.«
    »Es gibt keinen Grund, sich zu schämen.« Auch wenn ich mir ein wenig albern vorkam, weil ich hier den Psychiater für einen uralten lemurischen Roboter spielte, hatte ich nach wie vor die Hoffnung, Calipher ein paar brauchbare Informationen zu entlocken.
    »Vergiss nicht, dass du mir und meinen Freunden das Leben gerettet hast«, fuhr ich

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