Atlan 13 - Monolith 03 - Echo der Verlorenen
sah er, dass auch sie von starker innerer Bewegung erfüllt waren. Sie hatten frisches Holz auf die Glut geworfen, sodass die Feuer mit hohen Flammen loderten. Das gelbe und rote Licht tanzte auf den zornigen Gesichtern der Sippe.
»Ich habe einen Traum gehabt, der mich aufgeregt hat«, sagte der Chepteyn grimmig. »Habt ihr auch geträumt?«
»Bevor die beiden Feuerkugeln vom Himmel gefallen sind.« Astakzorm. Der Pailuten legte die Hand auf die Bordaxt im Gürtel. »Und jetzt schicken uns die Träumer wieder drängende Gedanken und Bilder.«
»Die Eindringlinge haben den Frieden gestört!«
»Die Träumer empfinden Hass und Ärger«, erklärte Asberfahn und blickte reihum in finstere und wütende Mienen. »Sie sagen, wir sollen etwas gegen die Eindringlinge unternehmen.«
Erregung hatte sich der etwa fünfzig Männer und Frauen bemächtigt. Asberfahn glaubte zu erkennen, dass auch sie den Inhalt des Traumes als Aufforderung betrachteten, sich gegen den Krieg zu wappnen, der sich an ihre Heimat herangeschlichen hatte.
»Und unser Schiff? Der Flug zu den andern Sippen?«, wollte ein älterer Luftheizer wissen. »Davon habe ich nichts geträumt.«
»Wir vertreiben sie und kommen wieder zurück. Kein Sturm wird die GEWINN fortreißen«, entgegnete Asberfahn und deutete auf das ferne Wrack. »Zwanzig Kilometer!«
»Fünf oder sechs Stunden, nicht mehr.«
»Spürt ihr es auch? Der Hass wird größer. Es ist wie ein Stich im Herzen«, sagte der Chepteyn auffordernd. Die Einzelheiten des Traums verschwammen, aber die Bedeutung blieb und wurde stärker und schärfer.
»In zwölf Stunden sind wir wieder hier beim Schiff.«
»Sollen wir die Feinde mit unseren Händen erwürgen?«
»Ruft die Wachen«, antwortete Asberfahn und deutete nach oben. »Sie sollen Waffen herunterlassen.«
»Sag es ihnen!«
Je mehr Zeit verging, desto kleiner wurden die Flammen der Wachfeuer. Asberfahn rief die Schiffswächter an und erkannte, dass auch sie vom gleichen Drang getrieben wurden wie er und seine Mannschaft. Kurze Zeit später ließen die Wachen schwere Körbe herunter, gefüllt mit Beilen, Wurfäxten, Naphtabläsern, Armbrüsten und Schleudern. Die Waffen wurden ausgeteilt, und abermals steigerte sich die Erregung. Flüchtig dachte Asberfahn daran, dass sie alle zwar den Feind im Wrack am Horizont erblickt hatten, aber nicht wussten, um wem es sich handelte. Fremde von den Sternen? Jene Bestien, die den verlorenen Planeten der Träume und der Träumer angegriffen hatten?
»Wir werden erst dann wieder ruhig schlafen und vernünftigen Handel treiben können, wenn die Gegner vertrieben sind«, rief Asberfahn und suchte einen Naphtabläser und zwei Taschen mit Ladungen und Geschossen heraus. Er hängte sich die Ausrüstung über die Schulter und ging mit weichen Knien auf die Kante der Hochfläche zu.
»Kommt mit«, sagte er. »Wir werden nicht das Schicksal erleiden wie die Träumer auf ihrer verlorenen Welt.«
Die Gruppe setzte sich schweigend in Bewegung. Die Gesichter der Sippenangehörigen waren finster und entschlossen, als sie nacheinander die schräge Felswand hinunterkletterten, bis sie auf die federnden Äste der Mittelebene stießen. Die Zweige und die großen, runden Blätter berührten die Felsflanke, sodass die Seruumi ohne Schwierigkeiten vom brüchigen Fels auf die weiche Schicht aus Zweigen, Blättern und altem, abgeworfenen Laub überwechseln konnten. Hundert Meter über den Wurzeln: Das Ziel stand fest – der Sumpf im Nordwesten.
Der Zwang der Träume
Es hatte in der Vergangenheit viele Versuche gegeben, die mündlich überlieferten Legenden und die Wirklichkeit miteinander zu verbinden. Die weisen alten Männer und Frauen des Stammes erzählten, dass in ihren Träumen lange Geschichten erzählt worden waren. Viele dieser Märchen sprachen davon, dass die Schlammer oder Dreckkriecher die Nachkommen eines Volkes seien, das in der unergründlichen Weite der Welt und der Zeit verloren gegangen wäre. Während der unfassbar langen Zeit hätten sich ihre Körper verändert, und ihr Verstand sei verkümmert. Man konnte diese Erzählungen glauben oder nicht, aber die Schlammer lebten als Beweis, dass sie von irgendwoher gekommen oder aus anderen Wesen entstanden waren. Noch weniger fassbar waren jene Wesen, von denen alle Träume stammten. Die Weisen nannten sie Träumer und sagten, dass sie unsichtbar, aber wichtig für das Leben seien, denn wenn ein Seruumi nicht träumen – und schlafen – konnte,
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