Atlan 15 - Monolith 05 - Ceres am Abgrund
Alter ohne Zellaktivator erreicht. Also ist auch er schon tot. Ich weiß, wie grausam es ist, wenn man seine Kinder verliert. Ich hatte auch einmal eine Tochter und einen Sohn …«
Rhodan stand auf, er trat zu dem Panoramafenster von Deightons Arbeitszimmer und blickte auf die Skyline des zum großen Teil neuerbauten Terrania bis hinüber zur Mercant-Allee. Nach dem Krieg gegen die Uleb hatte hier alles in Trümmern gelegen. Weit über zwei Milliarden Terraner waren damals beim Angriff der Dolans im August 2437 ums Leben gekommen. Es war das Schlimmste gewesen, was er je erlebt hatte. Das Terrania von heute sah zum großen Teil anders aus als damals. Perry war zu Recht stolz auf die größte Stadt des Solaren Imperiums; schließlich hatte er sie einst unter dem Namen Galakto-City gegründet, als es hier nicht als die Wüste Gobi gegeben hatte.
»Was sagt Geoffry zu diesem – wie nannte er es? – Hyperenergieschwall?«, wollte der Großadministrator wissen, als er sich wieder dem Milchstraßenholo zuwandte. Er hatte den kurzen Anflug von Melancholie überwunden. Auf Deightons Schreibtisch lag eine Datenkristallausgabe von Die Geschichte des galaktischen Verkehrswesens von P G. Gehle, erschienen im Verlag Merdith Publishing and Printing, der Knüller des Jahres, doch Rhodan verschwendete keinen Blick darauf. »Was soll das überhaupt bedeuten? Ein Hyperenergieschwall? Was hat man sich darunter vorzustellen? Hat Geoff auch eine Antwort parat, die sogar normale Aktivatorträger verstehen können, oder verstieg er sich wieder in mehrdimensionalen Erklärungen?«
Deighton verbiss sich ein Lächeln. Professor Doktor Geoffry Abel Waringer, der Erste Wissenschaftssenator Terms, war zweifellos das größte Genie, das die Menschheit je hervorgebracht hatte, aber genau das war auch sein Problem. Der oft etwas linkisch wirkende Mann spielte fast allein in seiner eigenen Liga. Gewöhnlichen Terranern und sogar Wissenschaftlern fiel es meist schwer, Waringers Gedankengänge nachzuvollziehen.
»Selbst unnormale Aktivatorträger vermögen ihm kaum zu folgen, denn er versteht es wie kein zweiter, komplizierte Sachverhalte noch weitaus komplizierter zu erklären. Aber wem erzähle ich das. Sie kennen ihn weitaus besser als ich«, antwortete der Solarmarschall in ironischem Tonfall. Ehe Rhodan darauf etwas erwidern konnte, fuhr der Abwehrchef fort: »Dafür haben wir vor ein paar Minuten Hyperfunk-Nachrichten von einem anderen … halbwegs normalen … Aktivatorträger erhalten. Der Lordadmiral befand oder befindet sich noch auf dem schnellen USO-Kreuzer IMASO. Und ausgerechnet er hielt sich sowohl auf Thanaton und Zartiryt zum Zeitpunkt des jeweiligen Hyperenergieschwalls auf«
Rhodan zog beide Brauen hoch, als er sich wieder setzte. Er blickte Deighton an, ein wissendes Lächeln lag auf seinen Lippen.
»Das darf doch wohl nicht wahr sein!«, entfuhr es ihm. »Der Beuteterraner im Einsatz.«
»Ich hatte sofort die gleiche Idee wie Sie, Sir. Dazu braucht man kein Sofortumschalter zu sein«, sagte der Erste Gefühlsmechaniker, dessen Veranlagung, die emotionalen Schwingungen der ihn umgebenden Menschen aufzunehmen, auf der Emotio-Akademie geschult worden war. »Das kann einfach kein Zufall sein. Mit an hundertprozentiger Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist Lordadmiral Atlan in die Sache verwickelt. Daran gibt es für mich keinen Zweifel. Nur sollte er uns auch an seinem Wissen teilhaben lassen.«
»Sie haben recht, Gal. Sollten Atlan oder die USO darin verwickelt sein, ist er uns auf jeden Fall eine Erklärung schuldig«, überlegte Rhodan laut. Sein nachdenklicher Blick schien durch den Solarmarschall hindurchzugehen. »Immerhin bezahlt das Solare Imperium seit vielen Jahren acht Prozent seines Etats, damit die USO ihren Aufgaben nachkommen kann. Da sollten wir dann auch die Ersten sein, die Informationen über Geheimnisse oder etwaige Bedrohungen erhalten.«
»Wie ich den Lordadmiral kenne, wird es Ihnen ziemlich schwer fallen, Sir, die Informationen zu bekommen. Ich kenne niemand, der besser bluffen kann als der Kristallprinz.«
»Wie meinen Sie das, Gal?«
Galbraith Deighton hob die Schultern und breitete beide Arme aus. Er beugte sich zu Rhodan vor. Sein Grinsen zeugte von einer gewissen Anerkennung.
»Wir wissen doch alle gut genug aus eigener Erfahrung, dass Lordadmiral Atlan ein gerissenes Schlitzohr und ein ausgebuffter Verhandlungspartner ist.«
Kapitel 3
Freitag, 19. April
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