Atlan 15 - Monolith 05 - Ceres am Abgrund
des Monolithen von Thanaton durch einen Stabilisierungsprozess gewonnene silbrige Material bestand, wie ich wusste, im atomaren Bereich aus einem organischen Gitter mit ultraschweren Atomen. Makroskopisch konnte es wie normales Metall geformt werden, zum Beispiel zu Schmuckstücken, wie sie die Silberherren von Thanaton getragen hatten.
Mit anderen Worten: Santjun sah alles andere als vertrauenerweckend aus. Die Besatzung der MORPHEUS ignorierte ihn soweit wie möglich, trotzdem bemerkte ich selbstverständlich, dass jeder froh war und innerlich aufatmete, wenn der Silbermann weiterging.
Santjun tat, als bemerke er die Reaktion der Besatzung nicht, aber ich wusste, dass er darunter litt. Wer würde das nicht an seiner Stelle?
Naileth Simmers winkte mir zu; sie und Santjun durften sich mit einer Ausnahmegenehmigung von Oberst Kolln in der Zentrale des Ultraschlachtschiffs aufhalten. Das hatten sie meiner Fürsprache zu verdanken. Normalerweise war es Passagieren nicht erlaubt, die Zentrale zu betreten.
»Der Monolith des Solsystems befindet sich auf dem Planetoiden Ceres«, sagte der Risiko-Spezialist anstelle einer Begrüßung. »Warum sind wir nicht gleich dorthin geflogen? Weshalb hast du dem Umweg über die Erde zugestimmt?«
Naileth Simmers stieß ihn in die Seite – man konnte ihr ansehen, dass sie mit seinem fordernden Tonfall absolut nicht einverstanden war –, doch Santjun reagiert nicht darauf.
Nachdem wir an Bord der MORPHEUS gegangen waren und uns bei einem Streitgespräch im Eifer des Gefechts plötzlich ohnehin geduzt hatten, hatte ich ihm als Vorgesetzter offiziell das Du angeboten. Wir hatten zu viel gemeinsam durchgestanden und waren uns zu ähnlich in unserem Denken und Handeln, als dass uns eine förmliche Anrede hätte trennen müssen.
»Du solltest wissen, dass wir im Solsystem nur Gäste sind und demzufolge anfragen müssen, ob wir in den abgesperrten Bereich dürfen«, antwortete ich und versuchte damit seinen Tatendrang zu bremsen. Santjuns Ungeduld war verständlich, aber wir mussten trotzdem gewisse Formalitäten einhalten. Sogar für mich als Kommandierenden der USO gab es im Alarmfall keine Ausnahme. »Perry Rhodan als Großadministrator und Galbraith Deighton als Chef der Solaren Abwehr würden uns einen Alleingang nicht verzeihen. Nicht zu vergessen Julian Tifflor. Auch wenn die USO der Menschheit mehr als wohlgesonnen ist, haben die Terraner ein Recht darauf, dass wir ihr Territorium respektieren.«
»Ich dachte, dass ein Lordadmiral mehr Einfluss besitzt«, murmelte Santjun. Er zeigte seine Enttäuschung offen und wollte mich damit treffen, wohl in der Absicht, mich damit zu energischerem Einsatz zu verleiten. »Aber dem ist wohl doch nicht so …«
Ich verkniff mir eine Antwort auf seine Bemerkung. Jemand ins Leere laufen zu lassen war oft effektiver, als sich zu verteidigen.
»Hören Sie nicht auf ihn, Sir«, bat Naileth Simmers. »Aber sein Zustand belastet ihn sehr.«
»Das weiß ich, Major. Sein Vorwurf trifft mich nicht.«
So ganz stimmte das nicht, denn Santjun und ich waren beide aufeinander angewiesen. Ging es dem einen von uns beiden gut, litt der andere. Starb einer, starben beide – wir waren eine Art seltsamer »Zwillinge« geworden, verdammt dazu, voneinander zu zehren. Über kurz oder lang musste diese Situation für uns beide tödlich enden.
»Man erzählt sich, dass Sie zu Zeiten des Kriegs gegen die Uleb die Einheit befehligt haben, zu der die MORPHEUS gehört«, lenkte Naileth das Gespräch in andere Bahnen. Ich empfand es als Aufforderung, etwas dazu zu erklären. Auch Wynona Clues, der Ersten Offizier, hatte mich auf die alte Geschichte angesprochen. Wahrscheinlich war sie von ihr zu Major Simmers gedrungen.
»Die MORPHEUS gehört dem 82. Gemischten Stabilisierungsverband der Solaren Flotte an, der bekanntermaßen auch Kreuzer und Schlachtkreuzer umfasst. Ich kommandierte im Jahre 2435 für kurze Zeit eine der Kreuzerstaffeln. Damals stand die 82. GSV unter dem Befehl von General Ems Kastori, der wegen der fröhlichen Art, mit der er seine Schiffe befehligte, auch der Heitere genannt wurde.«
»Was für eine verrückte Zeit muss das gewesen sein.« Major Simmers lächelte, als sie Kastoris Spitznamen hörte.
»Sehr verrückt und sehr gefährlich«, bestätigte ich. Bei dem Wort verrückt dachte ich hauptsächlich an Michael Reginald Rhodan, Perrys im Dolan-Krieg auf dem Planeten Uleb I gefallenen Sohn. Als Roi Danton, der König der Freihändler,
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