Atlan 15 - Monolith 05 - Ceres am Abgrund
wäre, wenn er auf Malcher und Chulia mit einem Desintegrator schießen würde.
»Sie haben Ihr Leben doch den Lemurern gewidmet. Sind Sie nicht daran interessiert, noch mehr über sie zu erfahren?«
Das hatte Varinar nicht erwartet. Er benötigte mehrere Sekunden, ehe er auf die Frage antworten konnte.
»Die Geschichte der Lemurer ist meine Lebensaufgabe«, antwortete Varinar nach einiger Zeit mit krächzender Stimme. Sein Rachen war trocken, die Zunge fühlte sich wie ein verdörrter Schwamm an, wie ein Fremdkörper in seinem Mund.
»Sehen Sie, und ich habe einige Leute, mit denen Sie sich unterhalten können und sogar noch einiges mehr«, machte Malcher eine vieldeutige Anmerkung.
»Noch einiges mehr?« Turk Varinar wusste nicht, was das bedeuten sollte. Wollte ihn Malcher nur umso mehr quälen, nachdem er ihm Hoffnungen gemacht hatte? »Was soll das heißen?«
»Noch mehr bedeutet, dass Sie lemurische Hinterlassenschaften untersuchen können, soviel Sie wollen. Ich bringe Sie sogar mit meinen eigenen Wissenschaftlern zusammen, die an der Entschlüsselung weiterer Speicherinhalte der lemurischen Einrichtungen arbeiten. Und Sie können ihnen dabei mit ihrem Wissen helfen. Sie können Ihr eigenes Wissen erweitern wie noch kein Lemurerforscher zuvor.« Malcher breitete die Arme aus. Er wirkte wie jemand, dem eine tolle Überraschung geglückt war. »Ist das nicht wunderbar? Sie dürfen die Monolithen erforschen …«
Unter normalen Umständen wäre es wunderbar und ich wäre der glücklichste Mensch auf der Welt , sagte sich Turk Varinar. Aber leider sind das hier kleine normalen Umstände. Lara ist tot … und meine restlichen Mitarbeiter auch.
Varinar steckte in der Klemme. Einerseits platzte er schier vor Neugierde, was das Geheimnis der Monolithen und deren Beziehung zur lemurischen Kultur anging, andererseits konnte und wollte er mit einem Verbrecher wie Malcher nicht paktieren.
Aber es blieb ihm nichts anderes übrig, wenn er nicht auch noch ermordet werden wollte. Er hatte gesehen, dass Malcher keine Gnade kannte. Sollte sich Varinar ebenso weigern wie Lara Francowitsch, dann würde auch er getötet werden, selbst wenn er dem Silberherrn noch so gut dienen konnte. Keiner war für Malcher unersetzlich. Wahrscheinlich noch nicht einmal Chulia, sein Liebling.
Lara ist tot … , dachte Turk Varinar. Und wenn ich eine Gelegenheit finde, dich Mistkerl und die abstoßende Alte umzulegen, dann werde ich sie sofort ergreifen.
Laut sagte er: »Ich nehme Ihren Vorschlag an.«
Malcher hatte nicht übertrieben. Es war wunderbar, sich den Monolithen von innen anzusehen und zu studieren, was die Lemurer darin alles angebracht hatten. Mittlerweile war auch Malchers Wissenschaftlern klar, dass die Monolithen keine Erzeugnisse der Lemurer waren. Die Vorfahren der Menschheit hatte sich nur der Monolithen bedient, aus welchen Gründen auch immer.
Tausende von verschlungenen Kriechgängen von etwa einem Meter Durchmesser und Korridoren, die zirka zwei Meter durchmaßen, zogen sich durch den Monolithen und verbanden die Hallen und Galerien miteinander, in denen Konglomerate aus Abwandlungen des Hüllenmaterials verwachsene Maschinen bildeten, deren Funktion Malchers Wissenschaftler bis jetzt noch nicht hatten erschließen können.
»Viele dieser Gänge wurden von den Lemurern ihren Bedürfnissen entsprechend begradigt, erweitert und mit Ausrüstung versehen. Überall auf den von Lemurern erforschten Monolithen fand man deren Ausrüstungsgegenstände und Aufzeichnungen, die weitere Informationen enthüllten«, berichtete Professor Thom Fogarty, einer von Malchers Forschern. Er hatte sich auf Malchers Befehl hin Varinars angenommen.
Varinar stand im Austausch mit einigen Wissenschaftlern. Zum einen, weil er nach Informationen geradezu lechzte, aber zum größten Teil, um sich von den Gedanken an Lara Francowitschs sinnlosen Tod abzulenken.
Schon nach kurzer Zeit hatte er herausgefunden, dass seine Kollegen ebenfalls sehr wenige Freiheiten besaßen. Solange sie in Malchers Sinn funktionierten und Ergebnisse lieferten, hatten sie ein gutes Leben, aber sobald Erfolglosigkeit eintrat, spürten sie die ganze Kraft seines Zorns. Und Varinar hatte schmerzhaft gelernt, wie leicht Malcher in Rage zu bringen war.
»In den Wänden der Korridore finden sich immer wieder schattenrissartig erkennbare Darstellungen aus dem Leben eines unbekannten Volkes, das die Monolithen vor den Lemurern nutzte. Das macht ihre
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