Atlan TH 0003 – Der Katzer
erstaunten Augenaufschlag bemerkte. »Du bist so ... anders eben.«
»Euer Weg führt in eine Sackgasse«, sagte er. »Glaube mir, Mira, Rauben und Plündern zahlen sich nicht aus. Irgendwann wird man euch erwischen. Das kann heute sein oder morgen, vielleicht auch erst in einem Jahr. Geht dorthin zurück, woher ihr gekommen seid. Ihr könntet wirklich mithelfen, die Zustände an Bord zum Besseren zu wenden.«
In den zwei Tagen, die Atlan bei der Gruppe von fünfzehn vornehmlich jungen Solanern beiderlei Geschlechts weilte, hatte er vieles erfahren. Sie nannten sich selbst Bordnomaden , weil sie, von innerer Unrast getrieben, ständig auf der Wanderschaft durch das Schiff waren. Sie kamen aus den verschiedensten Schichten. Einer behauptete sogar, dass sein Bruder vor zehn Jahren von den Ferraten gekauft worden war. Vielleicht würde er ihn erkennen, wenn er ihm irgendwann von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand.
Es war ein wilder, aber auch mitleiderregender Haufen, der hin und wieder sogar Jagd auf Monster und Extras machte, um sich zu bereichern. Dass sie noch nicht gefasst und bestraft worden waren, verdankten sie neben ihrer Entschlossenheit vor allem ihrer relativ guten Bewaffnung und nicht zuletzt einem Umstand in der SOLAG-Hierarchie, den sie sich geschickt zunutze machten: Bei allen ihren Raubzügen gaben sie vor, Brüder der fünften Wertigkeit zu sein.
Dabei existierten nur Gerüchte über die Kaste der sogenannten Troiliten. Die Nomaden trugen keine einheitliche Kleidung, aber weithin sichtbare Abzeichen mit Atomsymbolen aus blutrot leuchtendem Metall. Und sie traten ausschließlich zu dritt auf.
»Worüber redet ihr?«
Keiner von beiden hatte Mark Hartem herankommen hören. Mira wandte sich zu ihm um.
»Atlan meint wieder einmal, dass wir unser Leben ändern sollten«, sagte sie.
»Fürchtet er, wir könnten geschnappt oder gar getötet werden?«, fragte der Anführer der Bordnomaden spöttisch. »Wie lange sind wir nun schon beisammen, Mira? Ein Jahr, zwei ...? Und nichts ist in dieser Zeit geschehen. Warum sollten wir einfach alles aufgeben, was wir bis jetzt erreicht haben?«
»Niemand hat das Glück für immer auf seiner Seite«, mahnte Atlan. »Ich werde alles daransetzen, die Zustände an Bord der SOL zu verbessern – aber auf meine Weise.«
»Wir haben den richtigen Weg eingeschlagen.« Hartem lachte. »Niemand weiß, ob es die Troiliten wirklich gibt, ob sie überhaupt jemals existiert haben. Trotzdem begegnet man uns voller Scheu und Zurückhaltung. Die Solaner fürchten sich – und wir tun natürlich alles, um die Gerüchte zu schüren. Mein Angebot gilt noch, Atlan: Schließe dich uns an. Du bist ein hervorragender Kämpfer.«
»Nein.« Der Arkonide schüttelte den Kopf.
»Ich bin sicher, dass du es dir noch überlegen wirst«, behauptete Hartem.
In Wirklichkeit werden seine Zweifel, ob es richtig war, dich mitzunehmen, immer größer, bemerkte das Extrahirn. Du weißt inzwischen zu viel, als dass er dich einfach ziehen lassen könnte.
Atlans Absicht war es von Anfang an gewesen, die jungen Leute dahin gehend zu beeinflussen, dass sie zu einem halbwegs normalen Leben zurückkehrten. Den nötigen Respekt hatte er sich bereits verschafft. Aber noch wollte keiner sich wirklich seiner Meinung anschließen. Horm Brast war vielleicht der Einzige, den er überzeugt hatte.
Plötzlich lag ein leiser Pfiff in der Luft. Hartem zuckte kaum merklich zusammen.
»Es kommt jemand«, murmelte er.
Einige der Nomaden rannten zur offen stehenden Schleuse der Space-Jet hinauf. Von dort aus konnten sie sich notfalls gegen eine mehrfache Übermacht verteidigen. Atlan hörte ein rhythmisches Pochen. Unzweifelhaft das Geräusch von Schritten.
»Verdammt«, zischte Hartem. »Fred, schalte endlich das Gerät aus.«
Es handelte sich um eine einfache Konstruktion, die jedem besseren Techniker höchstens ein Lächeln entlockt hätte. Aber sie erfüllte ihren Zweck. Eine Art Richtmikrofon, das jedes Geräusch in einer bestimmten Entfernung auffing und auf den Zugang zum Hangar ausgerichtet war.
Der Anführer der Bordnomaden entsicherte seinen Thermostrahler. Doch es waren nur drei der eigenen Leute, die sich näherten.
»Wir haben etwas aufgespürt«, riefen sie, »von dem kaum noch jemand weiß. Selbst bei der SOLAG scheint diese Sache in Vergessenheit geraten zu sein.«
»Heraus mit der Sprache«, forderte Hartem. »Ist es etwas Wertvolles?«
»Ein Archiv.«
»Ein Archiv?«, kam es enttäuscht.
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