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Atlan TH 0004 – Logbuch der SOL

Atlan TH 0004 – Logbuch der SOL

Titel: Atlan TH 0004 – Logbuch der SOL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel & Detlev G. Winter
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andere.
    Der Meteorit besaß nur eine sehr geringe Schwerkraft. Die Aggregate der Raumanzüge vermittelten ihren Trägern jedoch den Eindruck einer normalen, auf SOL-Verhältnisse bezogenen Gravitation. Auf diese Weise hatten sie keine Schwierigkeiten, sich auf der Oberfläche des Trümmerbrockens zu bewegen.
    Dennoch fühlte sich Makos hier noch einsamer und verlorener als in der Zentrale des Schiffes. Der glasierte Untergrund wirkte gespenstisch und existenzbedrohend, und wenn er die Arme ausstreckte, kam es ihm vor, als könne er nach den Sternen greifen und sie zu sich herabziehen.
    Er schätzte die Zeit, die sie sich in dieser öden Landschaft bewegten, auf fünfzehn oder weniger Minuten, als die Buhrlos vor ihnen auftauchten. Wie Schemen schälten sie sich aus der Düsternis des Hintergrunds. Schwerfällig fließenden Schatten gleich, gerieten sie in die Lichtfinger der Helmscheinwerfer und nahmen Gestalt an.
    Makos beobachtete, wie sie versuchten, ihnen durch Gesten etwas mitzuteilen. In den vergangenen Jahren hatten die Gläsernen damit begonnen, für ihre Aufenthalte im Raum eine Zeichensprache zu entwickeln, um sich untereinander verständigen zu können. Zwar war sie noch lange nicht ausgereift, doch reichte sie zumindest aus, wichtige Botschaften weiterzugeben.
    In diesem Moment bereute der Strahlenspezialist, dass er sich bisher nicht näher damit befasst hatte. Die Zeichen der Buhrlos blieben für ihn ohne Sinn. Den anderen würde es kaum leichter fallen, die Gesten zu deuten.
    »Zum Teufel!«, hörte er den Ausruf des Kommandanten in seinem Helmempfänger. »Sie wollen ins Schiff zurück!«
    Im Bruchteil einer Sekunde hatte er seine Waffe gezogen und abgedrückt. Makos und der Pilot waren viel zu überrascht, um ihn daran zu hindern. Ein Lichtblitz zuckte auf, und der Boden vor den Gläsernen begann sich zu verflüssigen. Abrupt blieben die Buhrlos stehen. Sie zögerten kurz, dann wandten sie sich um und ergriffen die Flucht. Hinter einer flachen Bodenerhebung fanden sie Deckung.
    Die unerwartete Begegnung mit den Weltraumgeborenen musste dem Kommandanten die letzte Beherrschung geraubt haben. Makos sah, wie er, den Blaster in der Hand, mit ausgestrecktem Arm sorgfältig zielte. Er schien entschlossen, den Hügel zu zerschmelzen und die Gläsernen zu töten.
    »Hör auf!«, schrie der Strahlenspezialist entsetzt. »Das ist doch Wahnsinn!«
    »Halt 's Maul! Du weißt nicht, worum es geht!«
    Makos handelte, ohne zu überlegen. In ihm war nur das brennende Verlangen, das drohende Unrecht zu verhindern. Er musste Lefton aufhalten, diesem Irrsinn ein Ende setzen – zu einem anderen Gedanken war er nicht mehr fähig. Blitzartig, fast ohne bewusstes Zutun, senkte sich seine Rechte auf den Schaltkontakt des Rückstoßaggregats. Wie ein Pfeil schoss er auf den Chemiker zu.
    Lefton, der damit nicht gerechnet hatte, wurde von dem Angriff überrascht. Zur Gegenwehr blieb ihm keine Zeit. Im gleichen Moment, als der Zusammenprall erfolgte, löste sich sein Schuss. Die Strahlbahn ging ins Leere. Er taumelte zur Seite und betätigte zugleich die Steuerdüsen des Rückentornisters, um mehr Bewegungsspielraum zu bekommen. Sein Handgriff jedoch war hastig und ziellos. Der Schub hob ihn schräg vom Boden ab. Kopflos ruderte er mit den Armen und verlor dabei die Waffe, die langsam nach unten trudelte. Nach einer Weile erst gelang es ihm, folgerichtig zu handeln und seinen Flug unter Kontrolle zu bringen. Er sank auf die Oberfläche des Meteoriten zurück.
    Der Strahlenspezialist erwartete eine heftige Reaktion, einen tätlichen Angriff vielleicht oder zumindest wüste Beschimpfungen. Lefton aber stand nur reglos da und beobachtete die Buhrlos, die zögernd hinter ihrer Deckung hervorkamen.
    »Das wirst du bereuen, Makos«, sagte er. Sein Tonfall verriet, dass er sich nur mühsam beherrschte. Innerlich bebte er. »Das wirst du bereuen!«
    Makos senkte betroffen den Kopf. Er schwieg. Nicht einmal jetzt wurde der Chemiker vernünftig, dachte er voller Bitterkeit. In seinem Wahn projizierte er den Hass gegen die Gläsernen auch auf jene, die ihn daran hinderten, sich ins moralische Abseits zu stellen.
    Erst jetzt bemerkte Makos, dass der Pilot seine Waffe gezogen hatte und auf den Kommandanten richtete. Er machte damit deutlich, dass auch er sich gegen Lefton stellte und notfalls nicht zögern würde abzudrücken, wenn dieser abermals gegen die Buhrlos vorgehen sollte.
    Die Tragik, die in alldem lag, war nicht zu verkennen.

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