Atlan TH 0006 – Stadt der Freien
wir können die singende Straße jetzt benutzen. Ich höre nichts mehr, gehe also davon aus, dass die Totenfeier der Flammenwesen vorbei ist.«
Sie gingen weiter. Kuno folgte ihnen, nachdem er einen winzigen Grashalm, der aus einem Riss im Straßenbelag wuchs, mit Wasser besprüht hatte.
Die Straße lag tatsächlich wieder ruhig da, war jedoch nun von unterschiedlichsten Lebewesen bevölkert. Von den Flammenwesen war nichts mehr zu sehen. Das Haus, um das sie getanzt hatten, wirkte ebenso verlassen wie unversehrt.
Während die Gruppe sich durch das Gewimmel schlängelte, ging der Planetentag zu Ende. Das Tageslicht schwand vergleichsweise schnell; dafür leuchteten die zahlreichen Laternen auf, die in der Mitte der Straße standen. Die Helligkeit, die sie verbreiteten, war beinahe stärker als das trübe Tageslicht.
Als die Gruppe in die nächste Straße einbog, geriet sie in einen anderen Stadtteil. Zwar war auch diese Straße hell beleuchtet, aber sie war ungewöhnlich eng. Doch auch hier herrschte brodelndes Leben. Lokale mit grell flackernden Leuchtreklamen zogen Scharen von Gästen an.
»Ich frage mich, ob sich die Stadtbewohner damit abgefunden haben, den Rest ihres Lebens auf Mausefalle VII zu verbringen«, sagte Atlan zu Bjo Breiskoll, der neben ihm ging.
»Viele von ihnen sind wahrscheinlich hier geboren«, erwiderte der Katzer. »Ich denke, dass der Zugstrahl schon seit Jahrtausenden existiert und Raumschiffe in die Falle lockt, sodass die Nachkommen der Gestrandeten größtenteils kaum noch etwas von ihren Vorfahren und ihrer wahren Heimat wissen.«
»Dennoch begreife ich nicht, dass sie sich mit ihrem Schicksal abfinden. Die Entwicklung kann doch hier nicht einfach abbrechen.«
»Es sind meist immer nur wenige Exemplare einer Art hier«, erwiderte Bjo Breiskoll. »Je nachdem, wie groß das jeweilige Raumschiff war. Derart kleine, unter zahlreichen Fremden isolierte Gruppen können wahrscheinlich keine große Initiative entwickeln.«
»Viele werden die Stadt außerdem längst verlassen haben, um sich in unbewohnten Gebieten des Planeten niederzulassen«, warf Joscan Hellmut ein. »Demnach bleiben nur die zurück, die zu wenig Eigeninitiative besitzen, um wegzugehen.«
»Hierher!«, rief Gavro Yaal von weiter vorn. »Wir sind da!«
Atlan und die Solaner eilten hinter Yaal her, und als sie in die nächste Straße einbogen, sahen sie an ihrem Ende einen großen Platz und darauf einen etwa hundert Meter hohen stählernen Turm ohne Fenster, um dessen Fuß sich ringförmig eine breite Rampe zog.
Sie blieben stehen.
»Das ist zweifellos eine Befehlszentrale«, behauptete Gavro Yaal begeistert. »Dort sollten wir die Herren der Roboter antreffen.«
»Ich wünsche mir, dass du recht hast«, sagte Atlan skeptisch.
8.
»Ein gewaltiger Turm«, rief Gavro Yaal. »Sein Bodendurchmesser beträgt mindestens fünfzig Meter.«
»Eigentlich sollten die Turmbewohner uns schon bemerkt haben«, meinte Joscan Hellmut. »Ob sie uns wohl hereinlassen?«
»Notfalls dringen wir mit Gewalt ein«, erklärte Gavro Yaal grimmig. »Es geht hier immerhin um das Schicksal der SOL und ihrer 100.000 Bewohner.«
Atlan sagte nichts dazu, obwohl er Yaals Auffassung nicht unbedingt teilte. Die Beweggründe des Mannes verstand er allerdings. Die Solaner hatten sich in vielerlei Hinsicht verändert. Eines war jedoch immer noch so wie vor zweihundert Jahren: Die SOL war ihre Heimat, an die sie sich klammerten, weil sie ohne sie nicht leben konnten.
Schließlich hatten sie alle den Platz überquert und standen vor der ringförmigen Rampe, die etwa vier Meter hoch und zehn Meter breit war. In kurzen Abständen waren Tore eingelassen, die über die gesamte Höhe reichten.
»Öffne dich!«, befahl der Arkonide laut und war überrascht, als die Torhälften anstandslos auseinanderglitten. Dass es so einfach sein würde, hatte er nicht erwartet.
Gavro Yaal zog seinen Paralysator und betrat vorsichtig den Raum hinter der Öffnung. Einige Buhrlos folgten ihm, und auch Atlan beeilte sich, da er eine mögliche Unbesonnenheit des impulsiven Yaal befürchtete.
»Kleidung und Krimskrams!«, rief Gavro Yaal enttäuscht und ging an den offenen Schränken und Regalwänden vorbei, die links und rechts eines circa zehn Meter langen und fünf Meter breiten Raumes aufgereiht waren.
Atlan musterte den Inhalt der Schränke und Regale nur kurz. Er sah die unterschiedlichsten Kleidungsstücke, deren Größen und Formen auf die verschiedenen Bewohner
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