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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Collie. Er war Roy DeLois’ einziger richtiger Freund gewesen. Na los, Großer, iss auf, geht auf meine Rechnung, hatte Roy DeLois immer gesagt, wenn er Pete fütterte. Jeden Abend dieselben Worte. Roy DeLois war geschieden. Manchmal ging er in einen Striptease-Club in Hartford. Bobby sah schemenhafte Bilder der Tänzerinnen; die meisten trugen Federn und lange weiße Handschuhe. Das Bild von Pete war schärfer. Auf dem Rückweg vom Tierarzt war es Roy DeLois noch gut gegangen, aber als er daheim in der Küche Petes leere Schüssel gesehen hatte, war er in Tränen ausgebrochen.
    Sie kamen am William Penn Grille vorbei. Helles Licht flutete aus allen Fenstern, und die Straße war auf beiden Seiten drei Blocks weit von Autos gesäumt, aber Bobby sah keine ausgeflippten DeSotos und auch keine anderen Wagen, die wie spärlich getarnte Lebewesen wirkten. Die Rückseiten seiner Augen juckten nicht; er sah keine schwarzen Fäden.
    Das Taxi überquerte die Kanalbrücke, und dann waren sie »da unten«. Laute, spanisch klingende Musik kam aus Wohnhäusern, an deren Seiten sich Feuertreppen zickzackförmig wie eiserne Blitze in die Höhe zogen. Gruppen junger Männer mit glänzenden, zurückgekämmten Haaren standen an manchen Straßenecken, Gruppen lachender Mädchen an anderen. Als das Checker-Taxi an einer roten Ampel hielt, kam ein braunhäutiger Mann herübergeschlendert, dessen Hüften wie Öl in einer Gabardine-Hose wogten,
über der man den Gummizug seiner strahlend weißen Unterhose sah. Er bot an, die Windschutzscheibe des Taxis mit einem schmutzigen Lappen zu putzen, den er in der Hand hielt. Roy DeLois schüttelte kurz den Kopf und schoss sofort los, als die Ampel umsprang.
    »Gottverdammte Latinos«, sagte er. »Die sollte man gar nicht erst ins Land reinlassen. Haben wir nicht selber schon genug Nigger?«
    Die Narragansett Avenue sah bei Nacht anders aus - ein bisschen furchterregender, aber auch ein bisschen faszinierender. Schlossereien … Wechselstuben … ein paar Bars, die Gelächter, Jukebox-Musik und Männer mit Bierflaschen in den Händen ausspien … ROD’S GUNS … und ja, gleich hinter Rod’s und neben dem Laden, wo es die SPEZIELLEN SOUVENIRS gab, die WO FAT NOODLE CO. Von hier aus konnten es nicht mehr als vier Blocks zum Corner Pocket sein. Es war erst acht Uhr. Bobby hatte noch massenhaft Zeit.
    Als Roy DeLois am Straßenrand hielt, hatte er achtzig Cent auf der Uhr. Dazu noch ein Trinkgeld von fünfzig Cent, das riss schon ein ziemliches Loch in die gute alte Fahrradkasse, aber es war Bobby egal. Er würde nie ein solches Getue ums Geld machen wie sie . Wenn er Ted warnen konnte, bevor die niederen Männer ihn in die Finger bekamen, würde Bobby mit Freuden sein Leben lang zu Fuß gehen.
    »Gefällt mir gar nicht, dich hier abzusetzen«, sagte Roy DeLois. »Wo ist dein Opa?«
    »Ach, der kommt gleich.« Bobby bemühte sich um einen fröhlichen Ton - mit nicht geringem Erfolg. Es war schon erstaunlich, wozu man fähig war, wenn man mit dem Rücken an der Wand stand.

    Er streckte dem Fahrer das Geld hin. Einen Augenblick lang zögerte Roy DeLois, statt es zu nehmen; er erwog, Bobby zu Spicer’s zurückzufahren, aber dann dachte er: Wenn der Junge nicht die Wahrheit über seinen Opa sagt, was macht er dann hier unten? Er ist zu jung, um eine Nummer schieben zu wollen.
    Mir geht’s gut, sandte Bobby zurück … und ja, er glaubte, dass er das ebenfalls konnte - jedenfalls ein bisschen. Hör schon auf, dir Sorgen zu machen, es geht mir gut.
    Schließlich nahm Roy DeLois den zerknitterten Dollar und die drei Zehncentstücke. »Das ist wirklich zu viel«, sagte er.
    »Mein Opa hat gesagt, ich soll nie knickrig sein, wie einige andere Leute«, erklärte Bobby, während er ausstieg. »Vielleicht sollten Sie sich einen neuen Hund zulegen. Einen Welpen.«
    Roy DeLois war um die fünfzig, aber die Überraschung ließ ihn viel jünger aussehen. »Woher …«
    Dann hörte Bobby, wie er zu dem Schluss kam, dass es ihm egal war, woher. Roy DeLois legte den Gang ein, fuhr davon und ließ Bobby vor der Wo Fat Noodle Company zurück.
    Er blieb dort stehen, bis die Rücklichter des Taxis verschwanden, dann setzte er sich in Bewegung und ging langsam in Richtung des Corner Pocket, hielt allerdings gleich wieder einen Moment lang inne und schaute durch die staubige Fensterscheibe von SPEZIELLE SOUVENIRS. Das Bambusrollo war oben, aber das einzige sichtbare Souvenir war ein Keramikaschenbecher in der Form einer

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