Atlantis
Juan. Er warf Dee einen Seitenblick zu, um zu sehen, ob er lachte. Aber Dee lachte nicht; er gab Juan nur mit einem Nicken zu verstehen, dass er weitersprechen sollte. »Die sind was anderes.«
»Ich glaube, sie sind lebendig«, sagte Bobby.
Juans Augen leuchteten auf. »Ja! Wie lebendig! Und diese Typen …«
»Wie haben sie ausgesehen? Ich hab eins ihrer Autos gesehen, aber nicht sie selbst.«
Juan versuchte es, konnte es aber nicht erklären, jedenfalls nicht auf Englisch. Stattdessen verfiel er ins Spanische. Dee übersetzte einiges, aber nur ziemlich flüchtig; er unterhielt sich mehr und mehr mit Juan, ohne Bobby weiter zu beachten. Die anderen Rowdys - eigentlich waren sie alle noch Jungs, sah Bobby - kamen näher und mischten sich
ins Gespräch ein. Bobby verstand nicht, was sie sagten, aber er hatte den Eindruck, dass sie Angst hatten, allesamt. Sie waren ziemlich harte Burschen - hier unten musste man hart sein, wenn man heil über die Runden kommen wollte -, aber die niederen Männer hatten ihnen trotzdem Angst eingejagt. Bobby fing ein letztes klares Bild auf: eine hochgewachsene, mit großen Schritten einherschreitende Gestalt in einem senffarbenen Mantel, der ihr bis zu den Waden reichte, einem dieser Mäntel, die man manchmal in Filmen wie Zwei rechnen ab oder Die glorreichen Sieben sah.
»Seh ich vier von ihnen aus dem Friseurladen mit dem Wettbüro hinten drin kommen«, sagte derjenige, der anscheinend Filio hieß. »Das machen sie dauernd, diese Typen - gehen irgendwo rein und stellen Fragen. Und immer steht eine ihrer dicken Kisten mit laufendem Motor am Bordstein. Du denkst, ist total verrückt, so was hier unten zu tun, einen Wagen mit laufendem Motor am Bordstein stehen zu lassen, aber wer klaut schon eins von diesen gottverdammten Dingern?«
Niemand, das wusste Bobby. Wenn man es versuchte, verwandelte sich das Lenkrad womöglich in eine Schlange und erdrosselte einen; und der Sitz verwandelte sich vielleicht in ein Becken aus Treibsand, in dem man ertrank.
»Kommen alle zusammen raus«, fuhr Filio fort, »alle mit diese lange gelbe Mänteln, obwohl war so heiß an dem Tag, hättest dir ein Ei auf dem Scheiß-Bürgersteig braten können. Haben alle diese hübschen weißen Schuhe an - schick, ihr wisst ja, achte ich immer drauf, was die Leute an den Füßen haben, fahr ich total drauf ab - und ich glaub nicht … ich glaub nicht …« Er hielt inne, sammelte sich und sagte auf spanisch etwas zu Dee.
Bobby fragte, was er gesagt hatte.
»Er sagt, ihre Schuhe haben Boden nicht berührt«, antwortete Juan. Seine Augen waren groß. Aus seinem Blick sprach weder Verachtung noch Ungläubigkeit. »Er sagt, sie haben diesen großen roten Crisler, und als sie dahin zurückgehen, berühren ihre Scheiß-Schuhe nicht ganz den Boden.« Juan spreizte zwei Finger vor dem Mund, spuckte hindurch und bekreuzigte sich dann.
Für eine Weile sagte niemand etwas, dann beugte sich Dee wieder mit ernster Miene zu Bobby herab. »Das sind die Typen, die nach deinem Freund suchen?«
»Ganz recht«, sagte Bobby. »Ich muss ihn warnen.«
Er hatte die verrückte Idee, dass Dee ihm anbieten würde, ihn zum Corner Pocket zu begleiten, und dass die übrigen Diablos sich ihnen dann anschließen würden; sie würden die Straße entlanggehen und dabei unisono mit den Fingern schnippen, wie die Jets in der West Side Story . Von jetzt an würden sie seine Freunde sein, Bandenmitglieder, die zufälligerweise ein wirklich gutes Herz hatten.
Natürlich geschah nichts dergleichen. Stattdessen ging Moso weg, dorthin zurück, wo Bobby in ihn hineingelaufen war. Die anderen folgten ihm. Juan blieb noch einen Moment stehen und sagte: »Wenn du in diese caballeros reinläufst, bist du ein toter putino, tío mío .« Nur Dee blieb bei ihm, und Dee sagte: »Er hat recht. Solltest dich wieder in deinen eigenen Teil der Welt verziehen, mein Freund. Dein amigo soll selbst auf sich aufpassen.«
»Ich kann nicht«, sagte Bobby, und dann, mit echter Neugier: »Könntest du deinen Freund im Stich lassen?«
»Nicht bei normalen Typen als Gegnern, aber das sind keine normalen Typen. Hast du nicht zugehört?«
»Doch«, sagte Bobby. »Trotzdem.«
»Du bist verrückt, Kleiner. Poco loco. «
»Kann sein.« Er fühlte sich jedenfalls, als ob er verrückt wäre. Poco loco, und nicht zu knapp. So verrückt wie eine Scheißhausmaus, hätte seine Mutter gesagt.
Dee ging weg, und Bobby spürte, wie sich sein Herz zusammenkrampfte. Der große
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