Atlantis
Akt von Vandalismus und Erregung öffentlichen Ärgernisses. Und das zu einer Zeit, in der der Steuerzahler die Jugend an den Universitäten mit einem immer kritischeren Auge betrachtet. Und diese Institution ist von den Steuerzahlern abhängig, Gentlemen. Ich glaube, es ist unser aller Pflicht …«
»Daran zu denken!«, rief Dearie plötzlich. Seine Wangen waren jetzt beinahe violett; auf seiner Stirn wimmelte es von sonderbaren roten Punkten, die wie Brandmale aussahen, und genau zwischen seinen Augen pulsierte eine dicke Ader in raschem Tempo.
Bevor Dearie noch mehr sagen konnte - und er hatte eindeutig eine Menge zu sagen -, hielt Ebersole ihm eine Hand vor die Brust und brachte ihn damit zum Schweigen. Dearie
schien in sich zusammenzusinken. Er hatte seine Chance gehabt und sie vertan. Später würde er sich vielleicht einreden, es habe daran gelegen, dass er müde gewesen sei; während wir den Tag im hübschen warmen Aufenthaltsraum verbracht, Karten gespielt und Löcher in unsere Zukunft geschossen hatten, war Dearie draußen gewesen, hatte Schnee geschaufelt und Gehwege gestreut, damit klapprige alte Psychologieprofessoren nicht hinfielen und sich die Hüfte brachen. Er war müde und nicht sonderlich schlagfertig, und überhaupt hatte ihm dieses Arschloch Ebersole keine faire Chance gegeben, sich zu beweisen. Doch all das half ihm wahrscheinlich nicht viel angesichts dessen, was in diesem Augenblick geschehen war: Man hatte ihn beiseite geschoben. Der Erwachsene hatte die Sache wieder in die Hand genommen. Papa würde es richten.
»Ich glaube, es ist unser aller Pflicht, den Burschen zu identifizieren, der das getan hat, und dafür zu sorgen, dass er eine strenge Strafe bekommt«, fuhr Ebersole fort. Dabei sah er in erster Linie Nate an; so erstaunlich mir das zu jenem Zeitpunkt vorkam, hatte er Nate Hoppenstand als das Zentrum des Widerstands identifiziert, den er in dem Raum spürte.
Nate - Gott schütze seine Backen- und Weisheitszähne - war Leuten wie Ebersole vollauf gewachsen. Er blieb stehen, die Hände in den Hüften, und sah Ebersole weiterhin fest in die Augen, ohne den Blick auch nur eine Sekunde lang zu senken. »Was schlagen Sie vor, wie wir das machen sollen?«, fragte Nate.
»Wie ist Ihr Name, junger Mann? Bitte.«
»Nathan Hoppenstand.«
»Nun, Nathan, ich glaube, der Übeltäter ist bereits erkannt, nicht wahr?« Ebersoles Ton war geduldig und lehrerhaft.
»Oder vielmehr, er hat sich selber zu erkennen gegeben. Man hat mir gesagt, dieser bedauernswerte Stokely Jones sei eine wandelnde Reklametafel für das Symbol des zerbrochenen Kreuzes, seit …«
»Hören Sie auf, es so zu nennen!«, sagte Skip, und ich zuckte bei dem unverhohlenen Zorn in seiner Stimme ein wenig zusammen. »Es ist kein zerbrochenes Etwas! Es ist ein Friedens zeichen, verdammt noch mal!«
»Wie ist Ihr Name, Sir?«
»Stanley Kirk. Skip für meine Freunde. Sie können mich Stanley nennen.« Dafür erntete er ein nervöses kleines Kichern, das Ebersole nicht zu hören schien.
»Nun, Mr. Kirk, ich nehme Ihre Wortklauberei zur Kenntnis, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Stokely Jones - und Stokely Jones allein - dieses spezielle Symbol vom ersten Tag des Semesters an auf dem ganzen Campus zur Schau getragen hat. Wie mir Mr. Dearborn berichtet …«
»›Mr. Dearborn‹ weiß nicht mal, was das Friedenszeichen ist oder woher es stammt«, unterbrach ihn Nate. »Deshalb wäre es nicht sehr klug von Ihnen, glaube ich, wenn Sie sich allzu sehr darauf verlassen würden, was er Ihnen berichtet . Zufällig habe ich auch ein Friedenszeichen hinten auf meiner Jacke, Mr. Ebersole. Woher wollen Sie wissen, dass ich nicht der Mann mit der Sprühdose war?«
Ebersole fiel das Kinn herunter. Nicht sehr weit, aber es reichte, um sein wohlwollendes Lächeln und seinen Dressman-Look zu ruinieren. Und Dekan Garretsen runzelte die Stirn, als wäre er mit einem Gedanken konfrontiert, den er nicht ganz verstand. Man sieht nur sehr selten, dass ein guter Politiker oder College-Verwalter so richtig kalt erwischt
wird. Solche Momente muss man genießen. Ich genoss diesen Moment damals und merke, dass ich es auch heute noch tue.
»Das ist eine Lüge!« Dearie klang eher verletzt als wütend. »Warum lügst du so, Nate? Du bist der Letzte auf Zwei, von dem ich erwartet hätte, dass er …«
»Es ist keine Lüge«, sagte Nate. »Geh rauf in mein Zimmer, und hol die Seemannsjacke aus meinem Schrank, wenn du mir nicht glaubst.
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