Atlantis
Nate zu schaffen, der aus Angst, seine Mutter könnte ein Bild von seiner Festnahme sehen, auf dem Bürgersteig geblieben war. Ein Gesicht im Hintergrund, das Gesicht eines grauen Jungen auf dem Weg zur Zahnmedizin im 20. Jahrhundert.
Dr. Carbury streckte den Kopf zur Tür herein. »Wird Zeit, dass ihr euch wieder auf den Weg macht, Leute. Mr. Jones muss eine Menge Schlaf nachholen.«
Wir standen auf. »Wenn Garretsen kommt, um mit dir zu sprechen«, sagte ich, »oder dieser Ebersole …«
»Die werden von mir nur zu hören bekommen, dass ich absolut keine Erinnerung an diesen Tag habe«, sagte Stoke. »Carbury kann ihnen erzählen, ich hätte seit Oktober Bronchitis gehabt und seit Thanksgiving Lungenentzündung, also werden sie’s akzeptieren müssen. Ich werde sagen, ich hätte an dem Tag alles Mögliche tun können. Außer natürlich die alten Krücken wegwerfen und die vierhundertvierzig Yards laufen.«
»Wir haben dir dein Zeichen eigentlich nicht geklaut, weißt du«, sagte Skip. »Wir haben’s uns nur ausgeliehen.«
Stoke schien darüber nachzudenken, dann seufzte er. »Es ist nicht mein Zeichen«, erwiderte er.
»Nein«, stimmte ich zu. »Nicht mehr. Mach’s gut, Stoke. Wir kommen wieder.«
»Muss nicht unbedingt sein«, sagte er, und ich schätze, wir nahmen ihn beim Wort, denn wir kamen nicht wieder. Ich habe ihn noch ein paar Mal im Wohnheim gesehen, aber nur selten, und ich saß gerade im Unterricht, als er auszog; er blieb nicht mal bis zum Ende des Semesters. Das nächste Mal sah ich ihn fast zwanzig Jahre später in den Fernsehnachrichten, wo er auf einer Greenpeace-Demonstration sprach, kurz nachdem die Franzosen die Rainbow Warrior mit einer Sprengladung versenkt hatten. 1984 oder’85 muss das gewesen sein. Seitdem habe ich ihn ziemlich häufig im Fernsehen gesehen. Er sammelt Geld für Umweltaktivitäten, spricht in seinem schnieken roten Rollstuhl auf dem Campus von Colleges und vertritt Öko-Aktivisten vor Gericht, wenn es erforderlich ist. Ich habe gehört, dass man ihn als Baumknutscher bezeichnet hat, und das gefällt ihm garantiert. Seine Wut hat er immer noch. Das freut mich. Wie er gesagt hat, es ist das Einzige, was er hat.
Als wir schon an der Tür waren, rief er: »He?«
Wir schauten zu einem schmalen weißen Gesicht auf einem weißen Kissen über einer weißen Decke zurück. Der einzige Farbklecks war sein Wust schwarzer Haare. Die Umrisse seiner Beine unter der Decke erinnerten mich wieder an Uncle Sam bei der Parade am vierten Juli bei uns zu Hause. Und wieder fand ich, dass er wie jemand aussah, der noch ungefähr vier Monate zu leben hatte. Aber fügen Sie noch ein paar weiße Zähne zu dem Bild hinzu, denn Stoke lächelte.
»He was?«, sagte Skip.
»Ihr beiden habt euch solche Sorgen darüber gemacht, was ich zu Garretsen und Ebersole sagen würde … Vielleicht hab ich ja einen Minderwertigkeitskomplex oder so, aber ich kann nicht recht glauben, dass diese ganze Sorge tatsächlich mir gilt. Habt ihr beiden ernsthaft beschlossen, zur Abwechslung mal zu studieren?«
»Und wenn, meinst du, wir schaffen es?«, fragte Skip.
»Schon möglich«, sagte Stoke. »An eines erinnere ich mich noch, was diese Nacht betrifft. Und zwar ziemlich deutlich.«
Ich dachte, er würde sagen, er erinnerte sich daran, dass wir über ihn gelacht hatten - Skip dachte das auch, erzählte er mir später -, aber das war es nicht.
»Du hast mich ganz allein in den Untersuchungsraum getragen«, sagte er zu Skip. »Und du hast mich nicht fallen lassen.«
»Keine Chance. Du wiegst nicht viel.«
»Trotzdem … Sterben ist eine Sache, aber niemandem gefällt der Gedanke, auf den Boden fallen gelassen zu werden. Das ist würdelos. Und weil du mich nicht hast fallen lassen, geb ich dir einen guten Rat. Steig aus den Sportkursen aus, Kirk. Das heißt, sofern du nicht irgendein Sportstipendium hast, das du unbedingt behalten musst.«
»Warum?«
»Weil sie dich da in jemand anders verwandeln werden. Sie werden vielleicht ein bisschen länger brauchen, als das ROTC gebraucht hat, um David Dearborn in Dearie zu verwandeln, aber am Ende werden sie’s schaffen.«
»Was weißt du schon von Sport?«, fragte Skip milde. »Was weißt du davon, wie es ist, in einer Mannschaft zu sein?«
»Ich weiß, dass es eine schlechte Zeit für Jungs in Uniform ist«, sagte Stoke, sank dann wieder auf sein Kissen zurück und schloss die Augen. Aber es war eine gute Zeit für Mädchen, hatte Carol gesagt. 1966 war
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