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Atme nicht

Atme nicht

Titel: Atme nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer R. Hubbard
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um – ich wälzte mich nach links, um einen Blick auf die Leuchtziffern meiner Uhr zu werfen – 1:12 morgens hörte.
    Ich stieg aus dem Bett und folgte den Geräuschen, indem ich den Korridor entlang- und die Treppe hinunterging. Im Wohnzimmer blieb ich stehen. Der Mond schien durch die riesigen Fenster herein und tauchte die Möbel in silbernes Licht. Die Geräusche kamen von unten, aus dem Fitnessraum. Da mein Dad oben vor sich hin schnarchte, wusste ich, wer im Souterrain war. Nachdem ich kurz überlegt hatte, ob ich wirklich herausfinden wollte, warum sie mitten in der Nacht trainierte, begab ich mich nach unten.
    Mom war auf dem Laufband zugange. Ihre Haut glänzte vor Schweiß und sie hatte sich mit Ohrstöpseln gegen ihre Umgebung abgeschottet. Offenbar spürte sie meinen Blick, denn sie drehte sich zu mir um und nahm einen der Ohrstöpsel heraus. »Wieso bist du denn um diese Zeit noch auf?«
    Ich fuhr mir über den Kopf, wobei mein zerzaustes Haar noch mehr in Unordnung geriet. »Dasselbe könnte ich dich auch fragen.«
    »Ich habe mein Training heute noch nicht absolviert. War ein langer Arbeitstag.«
    Ich verkniff mir die Frage, warum sie nicht einfach zu Bett gegangen war und »scheiß aufs Laufband« gesagt hatte. An ihren Trainingstagen trainierte meine Mutter, egal was passierte. Wenn sie bis 1:12 morgens brauchte, um zu diesem Punkt auf ihrer Aufgabenliste zu gelangen, dann trainierte sie eben um 1 : 12. Während sie mit mir sprach, marschierte sie unverdrossen weiter auf dem Laufband.
    »Stimmt was nicht?«, fragte sie.
    Abgesehen davon, dass meine Mutter wie eine Irre mitten in der Nacht trainierte? »Nein, nein.«
    »Ist wirklich alles mit dir in Ordnung?«
    »Ja. Ich bin nur aufgestanden, um nachzusehen, was das für Geräusche sind.« Mir wurde bewusst, dass sie, wenn ich noch länger hier unten blieb, sich immer mehr Sorgen machen und mich ohne Ende mit Fragen wie geht es dir wirklich gut löchern würde. »Gute Nacht«, sagte ich und ging wieder nach oben.
    Am nächsten Morgen war es drückend heiß. Trotzdem joggte ich durch den Wald, bis meine Arme mit Hitzepickeln bedeckt waren. Wenn man anfängt zu trainieren, findet man leicht irgendwelche Vorwände und Ausreden, es nicht zu tun. Der Trick besteht darin, all diese Vorwände zu ignorieren und die Sache fest entschlossen durchzuziehen.
    Andererseits ist das vermutlich genau die Einstellung, die Leute veranlasst, mitten in der Nacht aufs Laufband zu steigen.
    Ich rannte zum Steinbruch, spazierte am Rand entlang und kickte ein paar Steine in den Abgrund. Ich malte mir aus, wie es sich anfühlen würde, mich nach unten zu stürzen und durch die Luft zu fliegen. Das Problem war natürlich das Landen. Wenn es doch bloß eine Möglichkeit gegeben hätte, diesen Sturz zu erleben, den Wind auf der Haut zu spüren, ohne zum Schluss auf die Erde aufzuklatschen. Das erinnerte mich an ein T-Shirt, das Jake manchmal angehabt hatte, mit der Aufschrift: »Schwerkraft ist scheiße.«
    Ich hatte Bücher gelesen über Leute, die mit kleinen Flugzeugen, Segelfliegern und Heißluftballons flogen, doch all das würde mir nicht das geben, worauf ich aus war. Ob ich es mit Bungeejumping probieren sollte? Oder mit Fallschirmspringen?
    Als ich wieder zu Hause war, suchte ich im Internet nach Organisationen, die Fallschirmspringerkurse anboten, und entdeckte einige, die ganz in der Nähe waren. Nach nur einem Tag Training durfte man dort schon einen Tandemsprung machen.
    Ich schickte Jake eine Mail (»Bist du da?«), weil ich wissen wollte, was er von der Idee mit dem Fallschirmspringen hielt, bekam aber keine Antwort. Was seltsam war, weil Jake eigentlich immer da war. Andererseits war es vielleicht gut, dass er es nicht war. Vielleicht hatte er endlich mal sein Zimmer verlassen.
    Ich hatte eine Mail von Nicki, in der sie mir Einzelheiten über unsere Fahrt zu Val mitteilte, die morgen stattfinden sollte. Ich atmete tief durch und rief Val an.
    »Wirklich?«, sagte Val. »Du bist morgen hier?«
    »Ja. Eine Freundin von mir fährt zu ihrer Cousine und nimmt mich mit.« Das war die offizielle Version. Ich konnte Val ja schlecht erzählen, dass wir einzig und allein deshalb nach Pendleton kamen, um sie zu besuchen. Erst einmal musste ich herausfinden, ob sie mich überhaupt sehen wollte.
    »Dann musst du unbedingt vorbeikommen. Falls du Zeit hast.«
    »Denke schon. Gegen elf müssten wir da sein.«
    »Dann können wir ja zusammen mittagessen. Ist ja toll. Kann’s

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