Atme - wenn du kannst!
geringsten Beweis. Emily glaubte inzwischen überhaupt nicht mehr daran, dass er ermordet worden war.
Ob ihr tot geglaubter Exfreund wirklich hier auf der Fortuna war und auf seine Chance lauerte?
5. KAPITEL
Die gute Stimmung war dahin. Zwar fanden an diesem Tag noch weitere Tauchgänge statt, aber die Ungewissheit hatte allen den Spaß verdorben. Niemand kannte den Täter, und darum verdächtigten sich alle gegenseitig, auch wenn es keiner aussprach.
Am schlimmsten war die Lage natürlich für Emily selbst. Sie war dem Tod nur knapp entkommen, und der Täter lief immer noch frei herum. Wer immer ihre Sauerstoffflasche manipuliert hatte, konnte jederzeit wieder zuschlagen. Vor allem wenn es derjenige war, den sie in Verdacht hatte. Jim Meadows war buchstäblich alles zuzutrauen.
Emily wusste nicht, ob sie Kendall von ihrem Verdacht berichten sollte. Wenn der Kapitän und Sam die Motorjacht systematisch durchsuchten, dann würden sie Emilys Ex doch finden – oder? Aber was würde Jim Meadows dann tun? Ihm war alles zuzutrauen, das hatte Emily inzwischen wirklich begriffen.
Außerdem fürchtete sie sich davor, als hysterische Ziege zu gelten. Und wenn Jim nicht an Bord war und doch einer der anderen Taucher für die Tat verantwortlich war, dann hatte sie nichts gewonnen, aber auch wirklich überhaupt nichts.
„Du bist so still. Der Tiefenrausch muss schlimm für dich gewesen sein.“
Sanft nahm Andy sie in die Arme, als sie abends allein am Bug stand, um sich durch den Anblick des Sonnenuntergangs abzulenken. Hier in den Tropen dauerte die Dämmerung nur kurz, bald würde die tintenschwarze Nacht über dem Meer hereinbrechen.
Emily lächelte traurig und strich Andy eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Du hast ja darauf getippt, dass ich eine harte Zeit hinter mir habe. Ja, das ist wirklich so. Und jetzt werde ich dir erzählen, was bei mir abgelaufen ist.“
Emily packte aus. Sie berichtete von Jim Meadows’ Stalking-Attacken und ließ auch den gegen sie bestehenden Mordverdacht nicht aus. Andy runzelte die Stirn.
„Wenn ich diesen Jim Meadows in die Finger kriege, dann garantiere ich für nichts. Wie kann man nur so drauf sein? Wenn ein Mädchen nichts mehr von mir wissen will, dann lass ich es natürlich in Ruhe. Man kann Gefühle doch nicht erzwingen!“
„Ja, das finde ich auch. Aber Jim glaubt, ich wäre sein Privateigentum und er könnte mit mir machen, was er will.“
„Und du meinst wirklich, er ist an Bord?“
Andy schaute sich so misstrauisch um, als ob Emilys Ex bereits direkt neben ihm stehen würde. Sie schüttelte den Kopf.
„Ich weiß nicht, was ich denken soll. Ich will nicht unnötig die Pferde scheu machen.“
„Das kann ich verstehen. Was hältst du davon, wenn wir morgen mit deinem Verdacht zum Kapitän gehen? Heute Nacht werde ich die Augen aufhalten. Zum Glück hört man auf der Fortuna die Flöhe husten. Falls Jim Meadows wirklich versucht, in deine Kabine zu kommen, dann werde ich ihn erwischen. Versprich mir, dass du die Tür gut abschließt.“
„Ja, das werde ich tun. Darauf kannst du dich verlassen.“
Emily und Andy küssten sich. Sie war erleichtert, weil sie ihm von ihrer dunklen Vergangenheit erzählt hatte. Es schien Andy nicht zu stören, dass wegen eines Kapitalverbrechens gegen sie ermittelt wurde. Aber wenn dieser verflixte Jim Meadows wirklich noch lebte, dann konnte sie auch keine Mörderin sein.
Andy begleitete sie bis zu ihrer Kabinentür und lächelte ihr aufmunternd zu. Er war wirklich süß, und dank ihres neuen Freundes fühlte sie sich etwas gefestigter. Trotzdem glaubte Emily nicht, einschlafen zu können. Sie lag lange wach und horchte auf jedes noch so kleine Geräusch, das auf der Motorjacht verursacht wurde. Aber schließlich fielen ihr doch die Augen zu. Emily hatte einen entsetzlichen Albtraum, in dem sie gegen grausame Piraten kämpfen musste. Schließlich unterlag sie und wurde entwaffnet. Die brutalen Kerle banden sie vor die Mündung einer geladenen Kanone. Während Emily um ihr Leben flehte, lachten die Seeräuber sie nur aus. Einer von ihnen näherte sich mit einer brennenden Fackel der Pulverpfanne. Bevor sich der Kanonenschuss lösen konnte, wachte Emily schweißgebadet auf.
Es war bereits Morgen. Immerhin war die Nacht vergangen, ohne dass es einen neuen Anschlag auf sie gegeben hatte. Das war aber auch das einzig Gute, das ihr zu den vergangenen Stunden einfiel. Nach dem unruhigen Schlaf fühlte Emily sich wie zerschlagen,
Weitere Kostenlose Bücher