Atme - wenn du kannst!
doch nach einer Dusche ging es ihr schon wieder etwas besser.
Eigentlich sollte an diesem Tag der Tauchunterricht fortgesetzt werden. Aber als nach dem Frühstück alle an Deck gingen, erblickten sie am Horizont ein fremdes Schiff.
„Sind das auch Taucher, Kapitän?“, fragte Emily Kendall, der neben ihr stand und sein Fernglas vor die Augen hielt. Er antwortete nicht. Zunächst glaubte sie, er hätte sie nicht verstanden. Der Kapitän wirkte wie erstarrt. Als er den Feldstecher senkte, konnte Emily deutlich die Besorgnis auf seinem Gesicht sehen.
„Falls das ein Taucherboot ist, dann führt die Crew nichts Gutes im Schilde. Der Name des Fahrzeugs ist mit Klebeband verdeckt, und am Fahnenstock weht keine Flagge. Ich möchte eine Begegnung mit dieser Jacht vermeiden. Sam! Wir lichten die Anker!“
Der schwarze Matrose nickte und eilte zum Bug, um die Ankerwinde zu betätigen. Auch er spürte offenbar eine Bedrohung, von der Emily noch nichts mitbekommen hatte. Doch auch sie bemerkte nun, dass die andere Motorjacht schneller wurde. Im Näherkommen konnte man erkennen, dass sich das Boot in keinem guten Zustand befand. Die Fortuna sah unendlich gepflegter aus. Aber das war es nicht, was Emily durcheinanderbrachte. Sie hatte kein Fernglas und musste die Augen zusammenkneifen, um auf die große Distanz etwas erkennen zu können. Doch das, was sie sah, gefiel ihr gar nicht.
Die Männer auf dem fremden Fahrzeug trugen nämlich Motorradmasken.
„Was soll das? Warum haben die sich so vermummt?“, fragte Emily. Andy, der direkt neben ihr stand, antwortete nicht. Stattdessen riss er sie von den Beinen.
„Runter!“
Emily lag flach auf dem Deck und wollte von ihm wissen, warum er das getan hatte. Aber in diesem Moment begannen Schüsse zu fallen. Emily schrie erschrocken auf. Sie hatte noch niemals Pistolen- oder Revolverschüsse gehört, außer natürlich im Fernsehen und im Internet. Doch in Wirklichkeit war das Hämmern der Automatikwaffen noch viel beunruhigender und nervenaufreibender als in den Medien.
Emily erkannte, dass sie noch niemals zuvor in so unmittelbarer Todesgefahr geschwebt hatte. Aber ihr Überlebensinstinkt war sehr stark. Deshalb presste sie sich so flach wie möglich auf das Deck, um eine geringe Angriffsfläche zu bieten. Wirklichen Schutz vor den Patronen bot die Fortuna natürlich nicht, denn sie war kein gepanzertes Kriegsschiff. Voller Panik erblickte Emily die Einschusslöcher in den Brückenaufbauten. Noch nicht einmal in der Kabine würden sie vor den Projektilen sicher sein.
Es herrschte ein Höllenlärm. Emily konnte nicht unterscheiden, wie viele Waffen abgefeuert wurden. Auf jeden Fall waren es mehrere. Die übliche Stille auf hoher See ließ den Krach nur umso unerträglicher erscheinen. Emilys Magen krampfte sich zusammen. Sie sah, wie etliche Einschusslöcher in das Kabinenverdeck und die Kommandobrücke der Fortuna gestanzt wurden. Wo war eigentlich der Kapitän? Hatten ihn die Schüsse bereits getroffen? Auf jeden Fall lag Kendalls Motorjacht immer noch mit ausgeschalteten Motoren im Wasser. Und das Boot der Verbrecher kam immer näher.
Da ertönte Sams heisere Stimme.
„Anker ist gelichtet, Sir!“
Das Rasseln der Ankerkette war Emily bei dem Lärm gar nicht aufgefallen. Sam hatte den Befehl ausgeführt. Aber lebte der Mann noch, der ihm die Anweisung erteilt hatte? Gleich darauf hörte Emily zu ihrer größten Erleichterung die Antwort des Kapitäns. Sie war so glücklich darüber, dass ihm nichts geschehen war – und zwar nicht nur, weil sie ihn mochte. Emily erinnerte sich in diesem Moment auch an das, was Vivian gleich am ersten Tag gesagt hatte: „Kapitän Kendall ist einer der erfahrensten Tauchlehrer an der Südküste Floridas. Er kennt hier alle Gefahren, von Salzwasser-Alligatoren über Hurrikans bis zu Raubtauchern. Wenn es jemanden gibt, bei dem wir uns sicher fühlen können, dann ist er es.“
„Okay, dann lasst uns schnell von hier verschwinden. Beide Maschinen volle Kraft voraus!“, rief Kendall laut.
Ein Zittern ging durch den Schiffsrumpf der Fortuna, und hinter der Motorjacht sprudelte eine gewaltige Hecksee hoch. Bisher hatte Emily noch nicht erlebt, dass die Fortuna mit Höchstgeschwindigkeit gefahren war. Der Abstand zu den Verfolgern wurde im Handumdrehen größer. Die Maskierten feuerten erneut, aber schon bald war die Fortuna außerhalb der Schussdistanz.
Trotzdem war die Aufregung an Bord groß. Melanie weinte vor Angst, sie wurde von
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