Atomgewicht 500
helfen, Mr. Slawter. Die Bleihülle wird zu heiß. Ich konnte es nicht riskieren, sie hier stundenlang auf dem Tisch liegenzulassen, während ich im Werk war. Ich habe das Rohr in ein Waschbecken getan und lasse ständig kaltes Wasser darüberlaufen. So hat sich die Erwärmung bis jetzt in erträglichen Grenzen gehalten.”
„Kommen Sie! Zeigen Sie!” drängte Slawter.
White führte ihn in das Badezimmer. In dem Waschbecken lag eine Bleirolle von der Dicke eines Handgelenkes etwa und eine knappe Spanne lang. Aus einem Hahn fiel kaltes Wasser in stetem Strahl darauf und lief durch die Abflußöffnung ab. Slawter steckte die Hand in das Becken. Das abfließende Wasser war reichlich warm. Kopfschüttelnd zog er sie wieder zurück.
„Wunderbar, Mr. White, ganz wunderbar! Sie schrieben uns, daß das Stückchen kaum die Größe einer Kirsche habe.”
„Kleiner noch, Mr. Slawter. Der Kristall ist kaum größer als eine Bohne. Eine recht praktische Heizvorrichtung müßte das Ganze abgeben. Seit mehr als fünfzig Stunden läuft das Wasser so heiß ab, mehrere hundert Wannen voll müssen es schon sein. Eine Abnahme der Temperatur ist noch nicht zu merken.”
Vergeblich wartete White auf eine Antwort. Wie geistesabwesend stand Slawter da und starrte auf die Bleirolle, ohne ein Wort zu sprechen.
„Ich fürchte, Mr. Slawtei-”, hüb er nach einer Weile wieder an, „der Transport wird nicht einfach sein. Im Flugzeug können Sie nicht ständig mit Wasser kühlen. Der Bleimantel wird sich gefährlich erhitzen.”
Er mußte sein Bedenken wiederholen, bevor die Erstarrung von Slawter abfiel.
„Darum keine Sorgen, lieber White. Das Flugzeug macht achthundert Stundenkilometer. Der Fahrwind wird das Blei noch stärker kühlen als das Wasser hier, und den kurzen Weg zum Flugplatz werden wir wohl gesund überstehen.”
Tom White unterdrückte die Zweifel, die in ihm aufstiegen.
„Wollen wir jetzt fahren?” fragte er.
„Ja, brechen wir auf, Mr. White.”
Zögernd stand White vor dem Becken. Offensichtlich scheute er sich, zuzufassen und das gefährliche Bleipaket herauszuholen. Slawter nahm ihm die Sorge ab. Aus seiner Aktentasche zog er ein größeres Stück starken Asbestgewebes hervor, breitete es aus, packte das Bleirohr und wickelte es in das feuerfeste Tuch ein.
Im Wagen bat er White, auf dem Rücksitz Platz zu nehmen, und legte das Bündel neben sich auf das Polster, Vergeblich wartete White während der Rückfahrt zum Flugplatz auf ein Wort der Anerkennung für seine Leistungen. Slawter blieb stumm wie ein Fisch. Minutenlang grübelte er vor sich hin, dann zog er einen Schreihblock heraus und brachte Zeile um Zeile zu Papier. Erst als der Wagen am Eingang zum Flugplatz hielt, kam er damit zu Ende und faltete das beschriebene Blatt zusammen. Tom White lohnte den Chauffeur ab; aber als der wegfahren wollte, rief ihn Slawter an und befahl ihm zu warten.
Gott sei Dank — ganz hat er die Sprache doch noch nicht verloren, dachte Tom White, während er neben ihm über den Flugplatz ging. Vielleicht sagt er vor dem Abflug noch wenigstens good-bye zu mir. Er brauchte nicht lange zu warten. Slawter begann jetzt zu ihm zu sprechen.
„Ich habe es mir überlegt, Mr. White...” — Habe ich gemerkt. Hat lange genug gedauert, old chap, ging es White durch den Kopf. Doch schon im nächsten Augenblick liefen seine Gedanken ganz anders, denn Slawter fuhr fort:
„Ich habe noch etwas in Detroit zu erledigen. Sie werden für mich nach Salisbury fliegen und das Paket bei meinem Assistenten Grimshaw abgeben. Ich habe hier alles für ihn aufgeschrieben.”
„Aber — aber, Mr. Slawter...” Tom White kam ins Stottern. „Ich muß morgen früh wieder im Werk sein...”
„Können Sie auch ganz bequem, lieber White! Das Flugzeug bleibt zu Ihrer Verfügung. Es wird Sie in der Nacht nach Detroit zurückbringen. Das steht hier alles genau drin.” Er reichte White den zusammengefalteten Blockzettel. „Stecken Sie das in Ihre Brieftasche und geben Sie es in Salisbury Mr. Grimshaw. Dann wird schon alles in Ordnung gehen. Selbstverständlich müssen Sie morgen früh hier Ihren Dienst pünktlich antreten.”
Während White das Blatt an sich nahm, bewegten ihn widerstreitende Gefühle. Einerseits erfreute ihn der Auftrag, den Slawter ihm erteilte, denn einem Mann, mit dem die Dupont Company unzufrieden war, würde er ihn nicht gegeben haben. Andererseits beunruhigte ihn die Aussicht, daß er den Flug nach Salisbury mit dem
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