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Atomgewicht 500

Atomgewicht 500

Titel: Atomgewicht 500 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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gefährlichen Paket machen sollte, denn vor diesem Bleirohr empfand er nachgerade ein stilles Grauen. Kaum begriff er noch, daß er es vor nicht allzu langer Zeit einfach in seiner Brusttasche aus Meltons Abteilung in seine Wohnung gebracht hatte.
    Von Tag zu Tag, ja fast von Stunde zu Stunde schien der kleine Kristall, der in der Bleihülle steckte, immer wirksamer und lebendiger zu werden. Immer stärker nahm die Wärmeenergie zu, die er ausstrahlte, immer gefährlicher stieg die Temperatur der Bleihülle an.
    Hätte White etwas mehr von den Strahlungsmessungen aufgeschnappt, die Dr. Wandel zusammen mit McGan machte, während er selber im Nebenraum lauschte, so wäre ihm die Erscheinung weniger wunderbar vorgekommen. Er hätte gewußt, daß sie mit der Zerfallskurve des neuen, so ungeheuer radioaktiven Stoffes zusammenhing. So aber hatte er das unangenehme Empfinden eines Mannes, der eine gestohlene Dynamitpatrone bei sich trägt und fürchtet, daß sie jeden Augenblick explodieren könnte.
    Unter derart sorgenvollen Gedanken kam er mit Slawter zu dem Eindecker, und hier geschah etwas, das ihn wieder leichter atmen ließ. Unter einer der Flugzeugschwingen war ein Behälter aus weitmaschigem Drahtgeflecht befestigt, in seinem Äußeren einem kleinen Vogelbauer nicht unähnlich. Slawter öffnete den Behälter, ließ das Bleirohr aus dem Asbesttuch hineinrollen und verschloß ihn wieder sorgfältig. Das Tuch gab er White.
    „Stecken Sie das ein, Mr. White. Sie werden es in Salisbury noch brauchen, und jetzt los! Instruktionen, Geld und was Sie sonst noch nötig haben, wird man Ihnen in Salisbury geben.”
    Ein kurzer Händedruck. Tom White kletterte über die Schwinge in die Flugzeugkabine. Die beiden Motoren brüllten auf, so daß White das good-bye nicht mehr hören konnte, das Slawter ihm nachrief. Schon rollte die Maschine über den Rasen, löste sich vom Boden und stieg empor. Früher, als Professor Melton und Wilkin es ahnten und beabsichtigten, hatte Tom White die Reise nach Salisbury angetreten.
    Dr. Wandel legte den Hörer auf die Gabel zurück und ging unschlüssig in seinem Wohnzimmer hin und her. Ein Mr. Slawter hatte telephonisch gebeten, ihn in einer privaten Angelegenheit zu empfangen. Mr. Slawter? Der Name sagte dem Doktor nichts. Vermutlich wieder irgendein verkannter Erfinder oder Projektemacher, wie sie zu Tausenden in den Staaten umherliefen.
    Der Doktor bedauerte es jetzt, daß er den Mann nicht gleich am Telephon abgewiesen hatte. Mit Unbehagen sah er dem Besuch entgegen. Wenigstens eine halbe Stunde seiner Zeit würde der Mensch in Anspruch nehmen, bevor es gelang, ihn auf gute Manier wieder loszuwerden. Nun war nichts mehr daran zu andern. Er hatte zugestimmt und mußte die Sache über sich ergehen lassen. Mißmutig schob er seine Papiere zusammen, als es an der Wohnungstür klingelte.
    Während Dr. Wandel seinem Besuch einen Platz anbot, betrachtete er ihn prüfend. Ein paar klare, klug blickende Augen unter einer hohen Stirn; regelmäßige Gesichtszüge; ein Mund und ein Kinn, die von verhaltener Willenskraft zeugten.
    Der Eindruck war so, daß Dr. Wandel die Unterhaltung mit mehr Entgegenkommen begann, als er ursprünglich beabsichtigte, aber er wurde in seiner Meinung wieder schwankend, als der Fremde damit herauskam, daß er auf demselben Gebiete wie der Doktor tätig sei.
    „Ich glaube nicht, Mr. Slawter, daß über die Art meiner Arbeiten bisher irgend etwas in die Öffentlichkeit gedrungen ist”, sagte er mit deutlicher Zurückhaltung.
    „Vielleicht doch, Herr Doktor Wandel. Ich weiß, daß Sie mir um acht Punkte voraus sind.”
    „Wie soll ich das verstehen, Mr. Slawter?” fragte der Doktor überrascht.
    „Sehr einfach. Es gelang mir, ein Gas zu erzeugen, das mit einem Atomgewicht von zweihundertzweiundvierzig das Uran um vier Einheiten übertrifft. Sie, Herr Doktor, haben bereits einen Stoff mit dem Atomgewicht zweihundertfünfzig hergestellt. Das ist Ihr Vorsprung, von dem ich eben sprach.”
    Der Doktor blickte seinen Besuch entgeistert an. Wie konnte dieser fremde Mensch um Dinge wissen, die bisher sein ureigenstes Geheimnis waren? Möglichkeiten und Namen wirbelten in einer Sekunde durch sein Gehirn. Atomgewicht zweihundertfünfzig — außer ihm kannte nur McGan diese Zahl. Sollte der etwa...
    Der Fremde schien ein guter Gedankenleser zu sein.
    „Geben Sie sich keine Mühe, Herr Doktor, die Quelle zu suchen, aus der ich meine Kenntnisse habe. Es wäre ein vergebliches

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