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Atomgewicht 500

Atomgewicht 500

Titel: Atomgewicht 500 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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begann der Kristall zu schimmern und zu leuchten, bis er schließlich in einem tiefgrünen, hin und her wallenden Licht erstrahlte.
    Professor Melton konnte nicht länger an sich halten. Er streckte di° Hand nach dem leuchtenden Gebilde aus, aber mit einem Aufschrei zog er sie zurück. Im Moment der Berührung hatte er einen elektrischen Schlag bekommen und einen Brandschmerz verspürt, vielmals stärker als Tom White in jener Nacht, da er einen Kristall Dr. Wandels an sich nehmen wollte.
    „Machen Sie Licht, Wilkin!” rief Melton, während er die schmerzende Hand hin und her schlenkerte. Die Beleuchtung flammte auf, grau und unscheinbar lag der Kristall auf seinem Platz.
    „Haben Sie sich verletzt, Herr Professor?” fragte der Assistent besorgt.
    „Der Kristall, Wilkin. Das Zeug ist gefährlich! Vorsicht, Wilkin! Fassen Sie es nicht...”
    Die Warnung kam zu spät. Auch Wilkin war dem strahlenden Stoff mit den Fingern zu nahe gekommen und hatte seinen Schlag weg.
    „Verflucht! Das Ding ist geladen. Mit dem Zeug ist nicht zu spaßen.” Wilkin sprang von einem Fuß auf den andern und rieb sich seine Hand. Melton warf ihm einen mißbilligenden Blick zu. Derartige Gefühlsausbrüche seiner Untergebenen waren nicht nach seinem Geschmack.
    „Wenn Sie wieder zu sich gekommen sind, Mr. Wilkin”, meinte er ironisch, „haben Sie vielleicht die Güte, eine Bleibüchse zu holen — eine starkwandige, Mr. Wilkin!” rief er dem Assistenten nach, der bereits davoneilte, um den Auftrag auszuführen.
    „So, lieber Wilkin. Die ist gut”, fuhr er besänftigt fort, als der Assistent ein Büchslein mit zollstarken Wänden auf den Tisch stellte. Vorsichtig faßte Melton den Kristall mit einer gläsernen Pinzette, ließ ihn in die Büchse fallen und setzte den Deckel darauf.
    „Tragen Sie es in mein Laboratorium, Wilkin, wir werden heute nachmittag an die Untersuchung gehen.”
    *
    Als Tom White nach der Mittagspause in die große Halle zurückkam, fand er alles unverändert. Der Autoklav stand noch ebenso da, wie er ihn verlassen hatte, und der schwere Deckel hing nach wie vor an dem Kranhaken. Er fand reichlich Zeit und Gelegenheit, sich den Heizwiderstand ganz genau anzusehen und eine Drahtprobe beiseite zu schaffen, denn Melton und Wilkin waren nirgends zu sehen.
    Die beiden steckten im Laboratorium des Professors und waren eifrig an der Arbeit, das Atomgewicht des neuen Stoffes festzustellen. In unangenehmer Weise störte sie dabei die starke Wärmeentwicklung des merkwürdigen Kristalls. Ganz ähnlich wie Dr. Wandel und White mußten sie kräftige Kühlungsmittel anwenden, um zu verhindern, daß ihnen die Bleihülle zerschmolz. Trotz dieser Schwierigkeiten gelang es ihnen aber doch, Feststellungen zu machen.
    *

In der großen Halle steckte Tom White das erbeutete Drahtstückchen sorgsam in seine Brieftasche. — Wer weiß, wozu es gut ist, dachte er dabei. Vielleicht kann es Slawter nütze n. Bei Mr. Spinner wird's mir auf keinen Fall schaden.
    Sein Tatendrang regte sich von neuem. Hier in der Halle war für ihn im Augenblick nichts mehr zu holen. Er verließ sie und begann in den Korridoren herumzuschnüffeln.
    Geräuschlos näherte er sich der Tür von Meltons Laboratorium. Vorsichtig brachte er sein Auge an das Schlüsselloch. Der Schlüssel steckte von innen so, daß er hineinsehen konnte, und ein Blick ließ ihn erkennen, daß der Professor und sein Assistent sich eifrig mit chemischen Analysen beschäftigten.
    Dabei schienen die beiden sich über das Ergebnis ihrer Arbeit nicht recht einig zu sein. Er sah, wie Melton Zahlen, die Wilkin ihm zurief, niederschrieb und dann ärgerlieh den Bleistift hinwarf. Und dann vermochte er auch die Worte zu verstehen, weil die Stimme des Professors in der Erregung laut aufklang.
    „Sie müssen sich geirrt haben, Wilkin. Zweihundertfünfzig? Ich halte das für ausgeschlossen.”
    Wie ein elektrischer Schlag durchzuckte es White, als er die Zahl zweihundertfünfzig vernahm. Abwechselnd drückte er Ohr und Auge dicht an die Tür, um weiter zu hören und zu sehen. Er konnte beobachten, wie Wilkin seine eigenen Aufzeichnungen noch einmal mit den Zeigerstellungen verschiedener Meßinstrumente verglich, und hörte ihn danach sagen:
    „Die Zahlen, die ich Ihnen angab, Herr Professor, stimmen genau mit unsern Messungen überein. Es liegt kein Grund vor, an ihrer Richtigkeit zu zweifeln.”
    „Aber — aber, mein lieber Wilkin”, Professor Melton überprüfte noch einmal seine

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