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Atomvulkan Golkonda

Atomvulkan Golkonda

Titel: Atomvulkan Golkonda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkadi & Boris Strugatzki
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Jurkowski vorsichtig los und beugte sich über den Freund. Dauge war bewusstlos; er röchelte stoßweise. Der untere Teil des Spezialanzuges war zerfetzt. Mit zitternden Händen drehte Bykow Dauges Sauerstoffhahn weit auf, löste den Riemen von der Maschinenpistole und zog ihn dem Verunglückten fest um die Taille, um den Zustrom der glühenden, sauerstoffarmen und mit radioaktivem Staub gesättigten Venusluft abzuriegeln. Dauge stöhnte und sog mit einem Aufschluchzen das belebende Gas ein. Jurkowski kam von selbst zu sich. Er hob den Kopf und setzte sich mit einer hastigen Bewegung auf. Dauge atmete noch immer geräuschvoll ein und aus.
    »Der Knabe ... Anatoli Borissowitsch ...«, murmelte Jurkowski. »Schnell ...«
    Bykow half ihm auf die Beine, und beide wankten auf den Wagen zu, der in hundert Schritt Entfernung erkaltete. Nachdem sie einen breiten schwarzen Spalt überwunden hatten, begannen sie zu laufen. Jurkowski versuchte als Erster in die Luke zu klettern, rutschte jedoch ab und blieb schwer atmend am Wagen stehen.
    Bykow schob ihn beiseite und stieg selbst hinauf.
    Die Luke war stark angeschmolzen, hatte eine ovale Form angenommen. Die Panzerung war noch heiß, die Hitze drang durch den Spezialanzug. In der dunklen Schleusenkammer tastete Bykow nach dem Schalter, doch da er ihn nicht fand, knipste er seine Helmlampe an. Die Tür zu den Innenräumen gab nicht nach.
    »Anatoli Borissowitsch! Genosse Jermakow!«, rief Bykow verzweifelt und begriff plötzlich: Es war sinnlos. Der Kommandant war tot.
    Die hohe Explosionstemperatur hatte die Wagenpanzerung im Nu bis zur Rotglut erhitzt. Jermakow hatte, als sie gingen, weder Spezialanzug noch Helm getragen. Im Innern des Wagens musste alles der Glut zum Opfer gefallen sein. Alles, auch der Kommandant. Das Ende ...
    »Die Luke, die Luke! Schnell! Zum Teufel!« Jurkowski kam in die Schleusenkammer gekrochen, stürzte zur Innenluke und stemmte sich mit voller Kraft dagegen. Bykow tat das Gleiche. Umsonst! In ohnmächtiger Wut trommelte Jurkowski gegen den Lukendeckel.
    »Aufschneiden müsste man ihn ...«, keuchte Bykow.
    »Womit denn, Petrowitsch? Komm schnell zur Notluke. Los ...«
    Bykow sprang hinaus. Die Notluke, die sonst fast nie benutzt wurde, befand sich am Heck. Doch als die Männer um den Wagen bogen, begriffen sie sofort die Hoffnungslosigkeit ihrer Lage. Der Knabe war in den geschmolzenen Boden eingesackt und saß unverrückbar fest. Die Luke lag unterhalb der glasigen Kruste, und es war unmöglich, an sie heranzukommen. Der Knabe hatte sich in eine tote Festung verwandelt, uneinnehmbar für die Überlebenden. Jermakow war von der Welt abgeschnitten und tot. Tot! Der Kommandant tot!
    Verzweifelt ließ sich Bykow auf den zerwühlten, immer noch hitzespeienden Boden nieder und schlug die Hände vors Gesicht. Seine Finger klatschten gegen den glatten Helm ...

    Sie trugen Dauge zum Knaben und legten ihn behutsam nieder. Ehe sie ihn holten, hatte Bykow einige Minuten dazu verwenden müssen, Jurkowski zur Besinnung zu bringen. Wie geistesabwesend war der Geologe um den toten Wagen gewankt. Bykow hatte ihn bei den Schultern gefasst und kräftig durchgeschüttelt, und da war Jurkowski zu sich gekommen und ihm gehorsam gefolgt, schluchzend und murmelnd.
    Dauge war noch immer ohnmächtig. Verbandstoff und Medikamente fehlten. Die Männer wussten zuerst nicht, womit sie die verbrannten Beine ihres Kameraden zudecken sollten. Sie konnten ihm nicht einmal den Helm abnehmen, um ihm etwas Wasser einzuflößen – die Luft war nach der Explosion immer noch zu heiß, über achtzig Grad. Bykow und Jurkowski veränderten immerfort seine Lage, suchten aus den Kleidersäcken Lappen, umwickelten ihm damit die verletzten Beine und schützten seinen Unterleib so gut sie konnten mit den Fetzen des Spezialanzuges. Sie versuchten es sogar mit künstlicher Atmung, ohne sich Rechenschaft darüber abzulegen, was das für einen Sinn hatte. Immer wieder sah Bykow aufs Handthermometer, doch die Temperatur fiel nur langsam.
    »Er wird sterben«, stammelte Jurkowski. »Eine Verbrennung zweiten Grades. Schlimm ...«
    »Hör auf!«, brüllte ihn Bykow zornig an.
    »Alexej! Sie kriecht!«, murmelte Jurkowski wie im Fieber. »Sieh doch, sie kriecht heran ...«
    »Wer?« Bykow schaute sich um und begriff augenblicklich.
    Der rote Ring um den Knaben verengte sich langsam. Die dampfende Masse quoll auf das Zentrum des furchtbaren unterirdischen Ausbruchs zu, der den Knaben vernichtet hatte.

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