Atomvulkan Golkonda
Dort türmten sich jetzt herausgeschleuderte Gesteinsbrocken, und aus dem tiefen, schwarzen Trichter wallte grauer Rauch empor.
»Sie wird uns verschlingen, zermalmen«, raunte Jurkowski. »Wir müssen fort ...«
»Wohin?« Bykow ließ seinen Blick umherwandern; die rote Masse kam von allen Seiten.
Mühsam stand Jurkowski auf, beugte sich über Dauge, griff ihm unter die Achseln.
»Fass an, Alexej ... Wir schließen uns im Knaben ein. Vielleicht haben wir Glück ...«
Johannytsch wimmerte kläglich, als er durch die enge Lukenöffnung gezwängt wurde. In der Schleusenkammer war die Hitze noch größer als draußen.
»Mein Gott!«, rief Bykow verzweifelt, als er auf das Thermometer schaute. »Neunzig!«
Er legte sich auf den glühendheißen Boden und zog Dauge auf sich herauf, während Jurkowski hastig versuchte, die Luke zu schließen. Es gelang ihm nicht. Die Öffnung und der Deckel hatten sich völlig verzogen. Er konnte das schwere heiße Plaststück lediglich heranziehen und notdürftig festmachen. Dann spähte er durch den Spalt.
»Gleich wird sie auf den Panzer kriechen. Sie umgeht die Hindernisse nicht, sie wälzt sich über alles hinweg ... Warten wir ab, was weiter geschieht.«
Er trat beiseite und hockte sich in der Dunkelheit nieder. Bykow schwieg und lauschte Dauges keuchenden Atemzügen und den Geräuschen, die von außen kamen. Die Glut erhitzte seinen Rücken. Sie waren dem Tode geweiht. Der Knabe war ein Wrack, sie hatten keine Lebensmittel, keinen Sauerstoff, kein Wasser ... Johannytsch ging es schlecht, sehr schlecht. Was konnten sie für ihn tun? Wenigstens irgendetwas, selbst etwas Nutzloses, wenn nichts anderes übrig blieb ...
Der Knabe erzitterte; der rote Schein, der durch den Lukenspalt drang, wurde greller. Ein Kratzen und Knirschen setzte ein – die rote Masse kroch auf den verstümmelten Wagen ...
Eine halbe Stunde später war die Temperatur auf sechzig Grad gesunken. Alexej Petrowitsch zog vorsichtig den glatten Helm von Dauges Kopf und träufelte ihm ein wenig Orangensaft zwischen die gesprungenen Lippen. Johannytsch verschluckte sich und schlug die Augen auf. Sein Blick war voller Qual. Bykow strich ihm liebevoll über die unrasierte Wange und setzte ihm wieder den Helm auf.
»Wo sind wir?«, flüsterte Dauge kaum hörbar.
»Im Knaben , Johannytsch ... Du bist verletzt.«
»Wahnsinnige Schmerzen ... Die Beine ... Was ist geschehen, warum so dunkel? Warum fahren wir nicht ...?«
»Eine Explosion, Johannytsch«, gab Jurkowski zur Antwort und verstummte: Er fand nicht die Kraft, alles zu sagen.
»Ja, eine Explosion ... Ich entsinne mich. Ich wurde zu Boden geschleudert und versengt ... Weißt du, Wladimir, was es war ...? Ein unterirdischer Atomkessel ist explodiert ... Erinnerst du dich ... Wir haben darüber gesprochen. Pech ... Ausgerechnet unter uns ...«
Dauges Atem ging rasch und stoßweiße. Bykow drehte den Sauerstoffhahn bis zum Anschlag auf.
»Ist gut, ist gut ...« Dauge atmete mit tiefen gierigen Zügen. »Wo ist Jermakow ...? Warum schweigt ihr? Alexej, was ist geschehen?«
»Der Knabe ist verloren, Grischa ... Jermakow ist tot ...«
Dauge schluchzte und verlor von Neuem das Bewusstsein. Der Knabe bebte, auf der Panzerung kratzte und knirschte es, rot leuchtete die Lukenspalte. Jurkowski flüsterte: »Grischa, Grischa, komm zu dir ... Wir gehen fort und nehmen dich mit, wir werden dich tragen, Grischa ...!«
Dauge zuckte, rief im Fieber nach Mascha, weinte.
»Mascha, Mascha ... Geh nicht fort. Ich gebe alles für dich ... Leben, Ehre ... Mascha ... Niemand wird dich mehr lieben als ich ... Alles vergeht, alles ist Lüge, nur nicht meine Liebe zu dir ... Bogdan ... Schade um den Knaben ... Ich allein ... Angst ... Tod ... Es tut weeeh!«
Und plötzlich, nach kurzem Schweigen, zärtlich, freudig: »So ... Jaa ... Wie sanft deine Hand ist, wie kühl ... Es tut mir sehr weh, Maschenka ... Du meine Freude, meine Wunderbare ... Nein, sag nichts, ich verstehe ja, das ist alles Unsinn ... Mehr, mehr ... Du meine Liebe ... Und ich bin unrasiert ... Es tut sehr weh, Maschenka ... Ma-scha!«
Jurkowski sprang auf, bebte im schwachen Lampenschein. »Ich bring sie um! Das Miststück! Das niederträchtige Weib!«
Er fluchte lange und widerwärtig. Bykow zog Dauge den Helm vom Kopf, drückte ihm den Sauerstoffschlauch an den Mund, wandte den Blick nicht vom Gesicht des Freundes. Das Leben schwand aus seinen Zügen, die Wangen fielen ein, die Augen erloschen. Die
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