Atomvulkan Golkonda
schließen konnte. Aber die Schleusenkammer war leer.
Am darauffolgenden Tage erfuhr Michail Antonowitsch von Dauges Erkrankung. Er war tief erschüttert. Es schien ihm, als kündige sich damit eine Serie von Misserfolgen an. Die Venus holte zum Schlag gegen die dreisten Erdenmenschen aus. Stunde um Stunde lag Michail Antonowitsch auf seiner Koje, den Blick starr gegen die schaumgummigepolsterte Decke gerichtet. Die merkwürdigen Worte Tachmasibs, gesprochen im Fieberwahn, fielen ihm ein. Der Navigator hatte Fieber. Das Thermometer zeigte neununddreißig – die Temperatur Dauges. Der Navigator spürte, wie sich sein schütteres Kopfhaar sträubte. Er schüttelte das Thermometer, setzte sich im Bett auf und begann völlig verwirrt seine Pfeife zu stopfen, stutzte dann aber und puhlte den Tabak mit einem Bleistift wieder heraus. Auf Expedition rauchte Michail Antonowitsch sehr selten. Seine Frau konnte Tabakrauch nicht leiden, und lange schon hatte er beschlossen, nur außer Haus zu rauchen, und fast immer ergab es sich aus irgendeinem Grund genau umgekehrt. Im Urlaub rauchte der Navigator oft, wobei er sich mit größter Vorsicht vor seiner Frau in acht nahm; auf Fahrt aber saugte er an der leeren Pfeife und wunderte sich über sich selbst. Und so hatte er auch jetzt wie gewohnt mit den Zähnen das vertraute Mundstück ergriffen, vorsichtig den verlockenden Capstan herausgeklopft ... Was war das nur? Vielleicht hatte sich diese Krankheit auch schon in ihm eingenistet und wartete auf die Gelegenheit ... Die Kameraden würden bei ihrer Rückkehr ein leeres, ausgestorbenes Raumschiff vorfinden und es nicht einmal betreten können ... Er müsste die Außenluke offen halten. Ja, aber wenn nun irgendein ekles Getier in die Schleusenkammer eindrang? Er könnte es nicht einmal hinausbefördern ...
Michail Antonowitsch seufzte, sog an der leeren Pfeife. Dann stieg er – das erste Mal während dieser ganzen Zeit – ins Waffenlager und überprüfte die Signalraketen: die beiden halbmeterlangen, mit einer dicken Fettschicht überzogenen Stahlzigarren sowie die dazugehörigen Abschussvorrichtungen – schwere Dreifüße mit einer aufrecht stehenden Stange. Man brauchte die Rakete nur auf die Stange zu stecken, ein kleines Gerät am Stabilisator einzuschalten – und der Abschuss konnte erfolgen. Hier war auch die Fernsteuerung dafür. Es würde ganz einfach sein. Der Navigator versuchte eine der Raketen anzuheben, und mit ein wenig Anstrengung gelang es ihm auch. Sie waren nicht allzu schwer. Bliebe er nach dem ersten heftigen Anfall der Krankheit noch am Leben, würde er unbedingt die Raketen abschießen. Genau um zwanzig Uhr nach der Chiuszeit, wie er es mit Jermakow vereinbart hatte. Danach hieß es die Außenluke öffnen und warten – mochte kommen, was wollte. Michail Antonowitsch richtete die Dreibeine auf und setzte schwitzend die Raketen auf die Stangen. Dann betrachtete er sein Werk wohlgefällig, und ihm wurde etwas leichter zumute.
Der lange venusianische Tag ging zu Ende, die Nacht brach herein. Wieder senkte sich neblige Finsternis über den Sumpf. Die Besatzung des Knaben stellte bereits an dem neuen Landeplatz die Funkfeuer auf. Die Geologen sammelten die letzten Gesteinsproben. Bald würde Michail Antonowitsch die Chius aufsteigen lassen und die Peilzeichen ansteuern. Bald gäbe es ein freudiges Wiedersehen! Dann käme der Rückflug zum Ziolkowski und ein neues Wiedersehen! Die Rückkehr zur Erde und abermals ein Wiedersehen – das freudigste von allen! Es war freilich schwer zu sagen, worüber er sich mehr freuen würde: die Freunde – Jermakow, Bogdan und die anderen – heil und gesund zu erblicken oder aber seine Frau und die Kinder. Denn bis dahin würde die Sehnsucht ja etwas nachlassen. So war es immer. Oder nein, nicht immer ...
Michail Antonowitsch erinnerte sich an seine erste Rückkehr aus dem Raum. Blumen, Orchesterklänge, eine riesige Menschenmenge, und darunter – Soja, ganz jung noch, erste Laborantin in Krajuchins Institut. »Erste Laborantin, du Küken«, hatte Michail Antonowitsch damals zu ihr gesagt. »Wie jung sind denn da die anderen?« Eine große, ruhmreiche Zeit war es gewesen – die Ära der atomaren Impulsraketen. Eine Zeit, die Männer wie Krajuchin, Priwalow und Sokolowski in den Vordergrund rückte. Eine Zeit, da der alte Schraiber in Nowosibirsk die Idee des »absoluten Reflektors« entwickelte. Eine großartige Idee. Doch wie wurde sie aufgenommen! »Ein verrückter
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