Atomvulkan Golkonda
würden es bei ihrer Rückkehr nicht mehr vorfinden. Sie müssten sterben, denn sie wären aller lebenswichtigen Dinge – des Wassers, des Sauerstoffs, der Nahrungsvorräte – beraubt und hätten auch keine Signalmittel, um Hilfe vom Ziolkowski herbeizurufen. Michail Antonowitsch krallte die Finger um die vorspringende Kante des Steuerpults, bemüht, auf die Beine zu kommen. Das Raumschiff neigte sich stark, noch einige Sekunden, und es würde sich auf die Seite legen, sich vielleicht sogar mit den Düsen und dem Spiegel nach oben drehen. Das war der Tod! Endlich gelang es Michail Antonowitsch aufzustehen. Er erreichte das Hauptpult und legte die Hände auf die Hebel. Die bunte Lampenkette an den Geräten leuchtete auf ...
Der Sumpf erzitterte, der milchweiße Dschungel schwankte. Bläuliche Dampfwolken schossen aus dem schwarzen Loch im Morast, den heißer Brei erfüllte ... Von einem grellen Schein umhüllt, donnernd und heulend, einem riesigen Gliederfüßer gleich, tauchte die fünfbeinige Chius aus dem schmatzenden Moor, verharrte für den Bruchteil einer Sekunde über seiner Oberfläche und stieß dann in den schwarzen Himmel empor, einen breiten Fladen qualmenden »Asphalts« hinterlassend, von dessen Mitte nach allen Seiten gewundene Risse liefen.
Knabe , Knabe ! Hier Chius ! Bitte melden. Hier Chius ! Knabe , Knabe ! Hier Chius ! Bitte melden. Gehe auf Empfang.«
Michail Antonowitsch hörte sich eine Weile das Heulen im Äther an und schaltete dann das Funkgerät ab. Sie antworteten nicht. Sie schwiegen schon den fünften Tag. Was war geschehen? Warum kam kein Signal zum Standortwechsel auf den neuen Landeplatz? Sollte etwa ...
Die Chius steht in undurchdringlicher Finsternis, aber mit ihren fünf Beinen fest auf steinigem Grund, über dem eine dünne Schicht schwarzen Sandes liegt. Ein wunderbares Schiff! Nur die Chius mit ihrer erstaunlich einfach zu bedienenden Steuerung, mit der großartigen Flugstabilität und den mächtigen Triebwerken konnte eine solche Leistung vollbringen: einen Sprung über die Felsen machen und trotz der ungestümen Winde mit außerordentlicher Genauigkeit landen. Sie hat nicht den geringsten Schaden davongetragen, obwohl der an sich erfahrene Pilot ziemlich konfus und verschreckt war. Nicht vergebens hatten Krajuchin, Priwalow, Dutzende und Hunderte anderer Menschen all ihr Können, ihre reiche Erfahrung, ihre Phantasie und Schöpferkraft aufgewandt, um die Photonenrakete zu schaffen. Die Chius ist dort Siegerin geblieben, wo jede andere Rakete unweigerlich versagt hätte und jetzt zertrümmert und verbogen als ein Haufen Stahlschrott auf den Felsen läge.
Die Chius aber steht in undurchdringlicher Finsternis heil und unversehrt, abgesehen von einigen ersetzbaren Geräten und dem Funkapparat, den Michail Antonowitsch selbst heruntergerissen hat.
Die Chius steht – aber wo? Der Navigator weiß es nicht. Übrigens ist das nicht wichtig. Er sitzt stundenlang am Funkgerät und ruft den Knaben , wartet auf das Signal, zum neuen Landeplatz überzuwechseln. Doch der Knabe meldet sich nicht ... Und wenn er sich überhaupt nicht mehr meldete – was dann? Michail Antonowitsch steht auf und wandert ruhelos umher, rückt geistesabwesend die ständig verrutschenden Verbände an den zerschnittenen Händen zurecht.
Wenn die Funkverbindung nicht wiederhergestellt wird, fährt der Knabe zum Sumpf. Sie werden die Chius suchen. Doch sie werden die Kameraden nicht vorfinden ... Sie haben wenig Wasser. Also weshalb melden sie sich nicht? Oder hat er ihre Signale überhört?
Michail Antonowitsch sammelte seine Gedanken, versuchte die verdammte Schwäche zu überwinden. Ruhig! Ruhig, zum Teufel! Aus jeder Notlage gab es mindestens zwei Auswege, wie Grischa Dauge immer sagte. Das Schiff war unbeschädigt, also drohte Michail Antonowitsch keine Gefahr ... Doch darum ging es auch gar nicht ... Zum Sumpf aufbrechen? Dort ein Zeichen setzen? Unsinn! Ein weiter, beschwerlicher Weg, die Chius ohne Aufsicht ... Und wo war er überhaupt, der Sumpf? Wohin hätte er gehen sollen?
Michail Antonowitsch klatschte sich mit der Hand gegen die Stirn: die beiden Raketen – wie hatte er das vergessen können! Punkt zwanzig Uhr nach der Chiuszeit! – so hatte es Jermakow gesagt. Der Navigator stieg in die untere Schleusenkammer, öffnete die Luke und trat hinaus in die schwarze Finsternis, den heulenden Wind. Besonders schwierig war es, die Raketen hinabzulassen. Es mussten zwei, unbedingt zwei sein! Eine
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