Atomvulkan Golkonda
wehrende Raupe in Stücke; aus dem Nebel drang ein heiserer, abgehackter Schrei. Dann flog eine Kette aneinandergefügter haariger Knäuel vorbei – das lange Gezottel wand sich und zitterte, es schien endlos. Michail Antonowitsch schloss die Luke und ging schlafen, ohne den Schwanz des Ungeheuers abgewartet zu haben. Einmal, als er vor den Geräten eingeschlummert war, verspürte er einen leichten Stoß. Er erwachte und eilte zur Luke, um nach der Ursache zu forschen. Dicht an der Chius gähnten breite, ovale Löcher, die sich rasch mit Schlamm füllten. Irgendein Riesentier war vorbeigestapft und hatte das Raumschiff gestreift.
Nachdem er vom Funkgerät zur Schleusenkammer eine Signalleitung gelegt hatte, um den Anruf der Freunde nicht zu verpassen, saß Michail Antonowitsch stundenlang an der offenen Luke, hielt den Finger am Abzug der Maschinenpistole, horchte und beobachtete. Der »Asphalt« rund um die Chius war bald mit den weißlichen Wasserpflanzen überwuchert. Staunend sah er, wie sich der Ring des Dickichts um ihn und das Schiff immer mehr verengte. Schließlich musste er, um ungehindert seine Beobachtungen durchführen zu können, jedes Mal ein Fenster in die Wand der Schlingpflanzen hauen, die den Rumpf der Chius umrankt hatten. Das tief in den Sumpf eingesunkene Raumschiff war von der seltsamen und schrecklichen Welt dieses Planeten umgeben, der nur infolge eines Missverständnisses nach der Göttin der Liebe und Schönheit benannt war. Eine Atmosphäre, die aus Kohlensäure, Stickstoff und heißem Nebel bestand; giftiges, zu großen Teilen schweres und überschweres Wasser; feuchte Hitze, die hundert Grad Celsius erreichte; eine Flora und Fauna, deren bloßer Anblick jeden Gedanken ausschloss, sie zur Nahrung zu verwenden ...
»Gut, dass eure Golkonda nicht diesem Sumpfland ähnelt«, sagte Michail Antonowitsch zu Jermakow.
Die Antwort war ein Räuspern.
In dem heißen Dämmern des venusianischen Tages geisterten bisweilen grelle Irrlichter umher. Schwer atmete der Sumpf, krachend barsten die Ständer der riesigen Pilze und schleuderten einen Hagel phosphoreszierender Sporen von sich. Vielleicht waren es auch keine Sporen. Jedenfalls sah Michail Antonowitsch, wie diesen elastischen, faustgroßen lila Kugeln, sobald sie den Schlamm berührten, weiße Fäden entwuchsen. Der Wind trug einen hell leuchtenden Nebel heran – seine stumpfblauen Schwaden legten sich schwer über das Dickicht. Einmal brach ein Gewitter los. Der Dschungel erstrahlte in zitterndem grünlichen Schein, ununterbrochen krachten Donnerschläge. Zwischen den geknickten Stielen hüpften feuersprühende blaue Kugelblitze umher. Es wurde unerträglich heiß, und plötzlich fegte ein glühender Windstoß heran. Die Chius schwankte. Sich an die Lukenränder klammernd, sah Michail Antonowitsch mit Staunen, dass der Zeiger des Thermometers auf die zweihundert zulief. Eine Schlammwoge brandete gegen das Raumschiff und warf den Navigator zu Boden. Es dauerte lange, ehe er sich aus dem dicken Schlamm herausgewühlt und wieder aufgerichtet hatte, und dann fehlte ihm die Kraft, die Luke zu schließen. Nach dem dritten oder vierten Versuch schleuderte ihn der schwere Deckel unter dem Druck des Windes wieder in den Schlamm, und er verlor das Bewusstsein. Eine halbe Stunde später – vielleicht war es auch eine Stunde – kam er wieder zu sich. Das Unwetter hatte ausgetobt. Die Schleusenkammer war voller Schlamm. Um die Chius herum türmten sich Berge faulender Sumpfpflanzen.
Bald nach dem Sturm erlebte das Raumschiff einen homerischen Ansturm widerwärtiger wurmähnlicher Wesen. Die Funkstation war in Betrieb, und wie Motten zum Licht fliegen, krochen sie anscheinend auf die Funkimpulse zu – in dichten Massen, sich im Morast windend, und bald hatten sie eine ganze Pyramide aus lebendigem Brei gebildet. Michail Antonowitsch hörte nur ihr unablässiges Schurren über die Schiffshülle. Als er hinausschaute, schreckte der Navigator zurück – zur Luke floss ein widerliches Gewimmel herein. Die Würmer waren nicht besonders groß, etwa zehn Zentimeter lang, farblos mit schwarzen, harten Köpfen. Der Ansturm dauerte ungefähr eine Stunde, dann setzte Regen ein, und die lebende Pyramide zerfiel, die Tiere krochen auseinander. Die Funkanlage erwies sich als unbeschädigt, alles war gutgegangen, doch Michail Antonowitsch wagte noch lange keinen Blick in die Schleuse, aus der er geflohen war, als er merkte, dass er die Außenluke nicht
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