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Atomvulkan Golkonda

Atomvulkan Golkonda

Titel: Atomvulkan Golkonda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkadi & Boris Strugatzki
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durch Mesonen ersetzt wurden. Das hatte Bykows Interesse so erregt, dass er vorübergehend alles vergaß – den unglücklichen Paul Dangée, die Venus, sogar die Expedition. Leider wusste Dauge nur wenig über den »absoluten Reflektor«, dafür konnte er aber viel Interessantes über die Chius berichten.
    Die Chius war ein kombiniertes Raumschiff: Fünf gewöhnliche Atomimpulsraketen trugen einen Parabolspiegel, den »absoluten Reflektor«, in dessen Brennpunkt genau dosierte Mengen Tritiumplasma mit bestimmter Frequenz eingespritzt wurden. Die Atomraketen hatten zweierlei Bestimmung: Erstens gaben sie der Chius die Möglichkeit, auf der Erde zu starten und zu landen; der Photonenantrieb eignete sich dazu nicht, er hätte die Atmosphäre vergiftet, wie eine Explosion Dutzender von Wasserstoffbomben. Zweitens speisten die Raketenreaktoren mächtige Elektromagneten, in deren Feld das Plasma gebremst wurde und eine thermonukleare Fusion entstand.
    Sehr einfach und scharfsinnig. Fünf Raketen und ein Spiegel. Übrigens, die hässliche fünfbeinige Schildkröte, die Bykow in Krajuchins Arbeitszimmer gesehen hatte, war das Modell der Chius . Offen gesagt – eleganter Formen konnte sich das Photonenschiff nicht rühmen ...
    Der Ingenieur setzte sich wieder auf und lehnte seinen Rücken gegen die kühle Wand.
    »Wir starten mit der Photonenrakete Chius 2 . Chius 1 ist vor zwei Jahren während eines Probefluges verbrannt«, hatte Dauge widerwillig gesagt. »Kein Mensch weiß, warum. Niemand ist da, den man danach fragen könnte. Der Einzige, der etwas Näheres darüber gewusst haben mag, der gute Aschot Petrosjan, ist zusammen mit der ganzen Masse legierten Titans, woraus die Chius 1 bestand, zu Atomstaub zerfallen. Ein leichter und ehrlicher Tod ...«
    Wahrscheinlich fürchtet niemand von uns den Tod, dachte Bykow. Wir wollen ihn bloß nicht ... Wer hat das gesagt?
    Er erhob sich von der Couch. Es würde ihm nicht gelingen einzuschlafen, das war klar. »Absoluter Reflektor«, Dangée, die Chius , Petrosjan ... Es blieb nur noch das letzte Mittel. Wenn man nicht schlafen konnte, musste man sich gehörig abkühlen.
    Er trat auf den Balkon und tastete mechanisch in der Jackentasche nach der Zigarettenpackung. Dann lehnte er sich über die Brüstung. Stille herrschte ringsum, die riesige Stadt schlief in dem trügerischen Halbdunkel der Julinacht. In der Ferne leuchtete zart rosig der Horizont, im Norden stach wie ein Pfeil die blendend weiße Spitze auf dem Palast der Sowjets in den grauen Himmel.
    Es muss schon mindestens zwei sein, dachte Bykow. Wo ist bloß meine Uhr geblieben? Erstaunlich warm! Und was für ein sanfter, lauer Wind ... Chius aber – so nennen die Sibirier den Wintersturm, den Nordwind. Die Photonenrakete wurde von sibirischen Ingenieuren projektiert, und sie waren es auch, die dieses Wort als Bezeichnung für das Projekt vorschlugen. Später ging die Bezeichnung auf die Rakete über.
    Seltsame, ungewohnte Namen! Chius – als Inbegriff sibirischer Kälte, »Urangolkonda« – anscheinend nach der alten Stadt, wo König Salomon einst seine Diamanten aufbewahrte ... Und dann noch – das »Rätsel Tachmasibs«.
    Tachmasib Mechti, ein bekannter aserbaidshanischer Geologe, war der erste Mensch, der dem Atomvulkan Golkonda einen Besuch abstattete. Jermakow, Tachmasib und zwei weitere Geologen landeten mit einer eigens dazu ausgerüsteten Sportrakete auf der Venus. Es war ein gewaltiger Erfolg und ein glücklicher Zufall. Alle waren dieser Meinung, auch Jermakow selbst.
    Sie landeten etwa zwanzig Kilometer von der Golkonda entfernt. Tachmasib ließ Jermakow in der Rakete zurück und ging mit seinen Geologen auf Erkundung aus. Nach vier Tagen kehrte er allein zurück, halbtot vor Durst, furchtbar ausgemergelt und über und über mit Strahlenwunden bedeckt. Er brachte Proben von Uran-, Radium- und Transuranerzen mit (»Die reichhaltigsten Erze, die es je gegeben hat, Alexej, wunderbare Erze!«, hatte Dauge gesagt) und in einem Behälter rötlich-grauen radioaktiven Staub. Der Ärmste war bereits halb wahnsinnig. Er hielt Jermakow den Behälter entgegen und redete rasch und eifrig etwas auf Aserbaidshanisch. Jermakow verstand Tachmasibs Muttersprache nicht und flehte den Geologen an, russisch zu sprechen, weil es sich offenbar um etwas sehr Wichtiges handelte. Aber Tachmasib sagte auf Russisch nur folgende Worte, wobei er wieder auf den Behälter zeigte: »Hütet euch vor dem Roten Ring, flieht vor dem Roten

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