Atomvulkan Golkonda
beurteilen vermag. Jedenfalls besitzt er genügend Erfahrung, um die Bedeutung der thermonuklearen Rakete für den interplanetaren Flug zu erkennen. Das ist auch nicht weiter verwunderlich. Er hat von Jugend an unter Krajuchins Leitung und Aufsicht gestanden. Krajuchin hat ihn auf seiner ersten Fahrt begleitet, mit Krajuchin berät er alle seine neuen Pläne, die zuweilen in ihrem Schwung und ihrer Kühnheit phantastisch anmuten. Wie Krajuchin hasst er den Stillstand und den Schematismus, von Krajuchin hat er gelernt, seine Mitmenschen zu verstehen, Krajuchin ist für ihn das Vorbild eines selbstlosen Patrioten. Und dennoch ... Er attackiert die Venus wie ein Soldat, der zum Sturmangriff übergeht, und wird bedenkenlos sein Leben einsetzen, um Rache zu nehmen für alles – für den furchtbaren sinnlosen Untergang seiner Frau, für den Feuertod seiner Gefährten. Selbst er sieht nicht hinter der eroberten Venus das eroberte Weltall ...
Und der Geologe Dauge? Diesen fähigen Spezialisten für radioaktive Gesteinsarten locken vor allem die märchenhaften Reichtümer der Urangolkonda. Wahrscheinlich fühlt er sich wie ein passionierter Jäger, der sich lange Zeit mit den spärlichen Gaben der Vorstadtnatur begnügen musste und plötzlich eine Einladung in einen Hegeforst erhalten hat, wo es von Wild wimmelt. Gewiss, er hat noch Mascha Jurkowskaja ... Aber er ist Geologe bis ins Mark und wird sich natürlich nicht von familiären Missgeschicken unterkriegen lassen.
Für Jurkowski, den erfolgreichen Erkundungsgeologen, bedeutet der Flug in erster Linie einen neuen Rekord und neue Erlebnisse. Ihn locken nicht so sehr Ruhm und Ehre – er macht sich ganz offen lustig über Piloten, die trunken werden von der Aufmerksamkeit und Fürsorge, mit denen sie das dankbare Vaterland umgibt. Er hat an den riskantesten Expeditionen teilgenommen, doch sein Foto ist selten in den Zeitungen und auf Bildschirmen erschienen. Er liebt die Gefahr um des Siegesgefühls willen. Er berauscht sich daran wie ein Feinschmecker am Duft einer ausgesuchten Speise. Freilich, er versteckt sie schamhaft, diese kleine Schwäche, die er, Krajuchin, einmal »Monte-Cristo-Allüren der übelsten Sorte« genannt hat. Romantiker ... Schade, dass er Bykow keine Sympathie entgegenbringt, ja, er hat ihn sogar in einem Anfall von Hochmut des Stumpfsinns, der Beschränktheit und Phantasielosigkeit bezichtigt. Und schuld daran ist nur das Übermaß an Phantasie, das er selber besitzt.
Bogdan Spizyn versteht absolut nicht, wie man sich für etwas anderes interessieren kann als für die Lenkung kosmischer Schiffe. Jetzt, da die alten Prinzipien der Astronautik, die er stets als Fesseln empfunden hat, zu Grabe getragen werden, fühlt er sich als ein wahrer Beherrscher des Raumes. Ein drolliger Bursche! Außer dem Raum und dem Steuerpult existiert für ihn nur noch Vera, die liebevolle, zärtliche Vera, die einzige Frau in der Welt, und wie er annimmt, der einzige Mensch, der ihn versteht. Aber auch da bleibt er sich selber treu. Er hat etwas von einem Ritter: Er steuert sein Schiff und denkt, er tue es seiner Dame zu Ehren.
Und Michail Antonowitsch Krutikow ist einfach der beste Navigator des Landes! Gutmütig, weich veranlagt, Liebhaber von geselligem Beisammensein und feierlichen Veranstaltungen, auf denen er stets mit seiner ganzen Familie erscheint – mit Frau und beiden Kindern. Als hervorragender Mathematiker hat er einige prinzipiell neue, beschleunigte Rechnungsmethoden zur Lösung kompliziertester Aufgaben der Raumnavigation vorgeschlagen. Mit Vergnügen posiert er vor den Objektiven der Filmberichterstatter, aber ebenso gern beschäftigt er sich stundenlang mit seinen Kindern. Selbst die kleinste und unbedeutendste Arbeit lehnt er niemals ab, aber ebenso bereitwillig gibt er sein Einverständnis für die halsbrecherischste Fahrt. Wäre nicht Krajuchin eingeschritten, hätte man den braven, nachgiebigen Michail Antonowitsch immer nur auf die eintönigen und gefährlichen Reisen in den Asteroidengürtel geschickt. Jetzt aber sitzt er, wie gewohnt, neben seinem langjährigen Freund Spizyn und freut sich unbändig darüber.
Und Alexej Bykow ... Krajuchin lächelte, als er an das ziegelrote Gesicht dachte, an die kleinen, eng beieinander liegenden Augen, die bläulich schimmernde Entenschnabelnase und das starre Borstenhaar über der eingedrückten Stirn. Gewiss, keine Schönheit, kein Jurkowski. Dafür aber ein ausgezeichneter Praktiker. Und was für ein
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