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Atomvulkan Golkonda

Atomvulkan Golkonda

Titel: Atomvulkan Golkonda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkadi & Boris Strugatzki
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erstaunliches Reaktionsvermögen! Man braucht sich nur den Vorfall am Stacheldraht und die Prüfungsfahrt mit dem Knaben vor Augen zu halten ... Für Alexej Petrowitsch ist die Expedition zur Venus lediglich eine äußerst seltsame und unverhoffte Dienstreise, die ihn – nur für eine gewisse Zeit natürlich – von seiner gewohnten Arbeit in der Abgeschiedenheit der asiatischen Sandöden losreißt. Eine willkommene Gelegenheit, im vollen Glanze seine Meisterschaft als Geländewagenfahrer und seine Fähigkeiten als Ingenieur zu zeigen. Dazu die Aussicht, später einmal im Freundeskreis mit berechtigtem Stolz von seiner Teilnahme an einem interplanetaren Flug erzählen zu können. Andererseits die völlig verständliche und natürliche Furcht vor den großen, erhabenen Geheimnissen des Alls. Es ist gut, dass er der Expedition beigegeben wurde.
    Im Großen und Ganzen sind diese sechs eine ausgezeichnete Mannschaft. Ihre persönlichen Eigenschaften sind auf einem gemeinsamen starken Fundament zementiert. Sie alle sind Kommunisten, Männer von Ehre und Männer der Tat. Und was die Mängel und Schwächen angeht – nun, die Qualitäten der sechs ergänzen einander großartig, und er, Krajuchin, kann ehrlich stolz sein auf seine Fähigkeit, unter den Menschen die richtigen für eine Aufgabe auszusuchen.
    Krajuchin schloss die Lider und ließ immer wieder die Gesichter und die Taten der Expeditionsmitglieder an seinem geistigen Auge vorüberziehen. Wenn nur diese Feiglinge, Nörgler, Kleinmütigen nicht so wühlen würden, die so viel Energie kosten! Fett vom ständigen Herumsitzen in luxuriös eingerichteten Büros und mager vor Angst und Neid, vor ständiger Sorge um den Platz an der Sonne, mit schwächlichem, einschmeichelndem Lächeln oder mit unverhohlenem Hass intrigieren sie, kritisieren, appelieren an den gesunden Menschenverstand, machen sich lustig ... stören, schaden, wo immer es geht, säen Panik und Misstrauen. Mit welcher Freude Krajuchin sie allesamt aus den Fenstern im obersten Stock des Ministeriums werfen würde! Dabei gab es unter ihnen auch Leute, die einmal Krajuchins nahe Freunde und Mitarbeiter gewesen waren ... waren , hol sie der Teufel!

    Als der Wachhabende erneut das Zimmer betrat, blickte Krajuchin ihn so zornig an, dass der junge Mann wie angewurzelt stehen blieb und verwirrt mit den Augen blinzelte. Doch Krajuchin fasste sich schnell wieder.
    »Was bringen Sie?«, fragte er.
    »Ein Funkspruch vom Komitee ist gekommen, Nikolai Sacharowitsch.«
    »Und?«
    »Man erkundigt sich nach der Chius .«
    »Funken Sie, dass alles ... dass vorläufig alles ... planmäßig verläuft.«
    »Zu Befehl. Aber ...«
    »Was?«
    »Ihre Unterschrift bitte ...«
    »Geben Sie her.«
    Krajuchin unterschrieb eilig und warf den Füllfederhalter beiseite.
    »Die Fernsehverbindung?«
    Der Wachhabende machte eine schuldbewusste Handbewegung.
    »Gut, gehen Sie.«
    Krajuchin erinnerte sich seiner Geleitrede auf dem Abschiedsessen. Ja, vielleicht hatte er gar nicht das zum Ausdruck gebracht, was er eigentlich wollte. Aber er konnte doch nicht einfach mit der Tür ins Haus fallen und sagen: »Wenn ihr umkommt, ist alles verloren!« Oder etwas Ähnliches in dieser Art. Dabei wäre gerade das vielleicht notwendig gewesen.
    Er erhob sich wankend. Kein Zweifel, er war krank. Heiße und kalte Schauer jagten ihm durch den Leib. Es hätte gutgetan, etwas Heißes zu trinken ... Er streckte die Hand nach dem Hörer aus. Im selben Augenblick vernahm es eilige Schritte. Die Tür wurde aufgerissen, und der Wachhabende rief mit froher Stimme: »Nikolai Sacharowitsch! Die Verbindung ist hergestellt! Jermakow bittet Sie an den Fernsehschirm!«
    »Ich komme«, sagte Krajuchin. Eine Weile stand er noch, auf die Tischplatte gestützt, gedankenverloren da und starrte über den Kopf des Wachhabenden hinweg ins Leere. Ich muss Jermakow warnen, hämmerte es in seinem Hirn. Unbedingt muss ich ihn warnen. Werde ich aber die richtigen Worte finden?
    Der Wachhabende blickte ihn besorgt an, und Krajuchin kam gleichsam zu sich.
    »Gehen wir.«
    Der Fernsehsaal war hell erleuchtet, vor dem großen runden Bildschirm standen einige Sessel. Krajuchin kniff die Augen zusammen und holte seine dunkle Brille hervor.
    »Schalten Sie ein«, sagte er und trat vor den Schirm.
    Der Wachhabende stellte sich ans Pult, das Licht erlosch. Über den Schirm huschten graue Schatten, und wenig später tauchte aus der grünlichen Leere Jermakows ernstes Gesicht auf.

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