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Atomvulkan Golkonda

Atomvulkan Golkonda

Titel: Atomvulkan Golkonda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkadi & Boris Strugatzki
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lachte nur darüber. Es schien ihm immer, als rege er sich gar nicht auf ... bis heute ...
    Heute, am achtzehnten August 19.., Punkt fünf Uhr Moskauer Zeit, hatte begonnen, worauf er anderthalb Jahrzehnte hingearbeitet hatte. Mit dem Start der ersten Photonenrakete war eine neue Ära in der Geschichte des interplanetaren Verkehrs angebrochen. Mit diesem Start hatte für ihn, Krajuchin, die Möglichkeit aufgehört, den weiteren Ablauf der Geschehnisse unmittelbar zu beeinflussen. Anderthalb Jahrzehnte Kämpfe, Forschungen, gewaltige Anstrengungen ... Und nun hatte alles einen solchen Abschluss gefunden: Er saß da, lauschte den tristen Herbstlauten, dem eintönigen Trommeln der Regentropfen gegen die Fensterscheiben, dem Glucksen des Wassers in der Regenrinne, dem an- und abschwellenden Heulen des Windes. Sechs ausgesuchte Männer an Bord des vollkommensten Raumschiffs der Welt hatten ihm den Stafettenstab aus der Hand genommen und waren weitergezogen, um seinen Lebenstraum zu verwirklichen. Er aber war zurückgeblieben, schwach und gebeugt, und wartete und wartete ...
    Für einen Augenblick fühlte er heftiges Mitleid mit sich selbst und Neid auf sie, die Jungen. Doch sofort schwand dieses Gefühl, weil die Angst um diese Männer so stark war, dass sie alle anderen Gefühle und Gedanken verdrängte. Na gut, der Probeflug der Chius war erfolgreich verlaufen. Anscheinend waren die Prozesse im Titangehäuse des Photonenreaktors bis ins Letzte studiert. Ein Ingenieur konnte mit absoluter Genauigkeit sagen, was in jeder milliardstel Sekunde dort vor sich ging und was sich in den darauffolgenden Milliardsteln vollziehen würde. Alles war berücksichtigt: die ungeheuren Temperaturen, die ungeheuren Geschwindigkeiten, die ungeheuren Drücke und Spannungen. Aber schließlich war der unglückliche Petrosjan mit seinem Schiff doch nicht deshalb explodiert, weil eine böse Schicksalsmacht es so gefügt hatte.
    Mit Mühe schluckte Krajuchin einige Löffel Tee hinunter. Seine Kehle war trocken, die Augen brannten. Fiebrige Schauer rannen ihm durch den Leib.
    »Widerlich!«, murmelte er und zog fröstelnd den Kopf ein.
    Missglückte die Expedition, so war sein ganzes Lebenswerk vernichtet ... Gerade jetzt, da sich der von den »Vorsichtigen« erhobene Lärm um die plötzliche Explosion der Chius 1 noch nicht gelegt hatte – gerade jetzt durfte nichts fehlschlagen. Damals schien es, als sei die Idee des Photonenantriebs für lange Zeit, vielleicht für immer diskreditiert. Nur das Eingreifen der Regierungskommission hatte die Kleingläubigen, die mit allen Mitteln das große Werk in Verruf bringen wollten, zum Schweigen gebracht.
    Nein, er konnte sich nicht beklagen. Er hatte gewaltige Mittel gefordert, und man gab sie ihm, sogar mehr, als er zu hoffen wagte. Er hatte gebeten, die Mitarbeiter, die er für schädlich und überflüssig hielt, zu entfernen, und man entfernte sie – obwohl darunter auch Menschen mit großen Verdiensten waren. Er führte kühne Experimente durch, und man glaubte ihm. Wahrscheinlich strahlte er eine unerschütterliche Überzeugungskraft aus. Hinzu kam gewiss auch, dass ihm alles gelang. Schließlich war er der erste Erforscher zweier großer Planeten und einiger Monde, der Erbauer der fünf größten künstlichen Satelliten, der Erzieher und Abgott von drei Generationen der kühnsten Raumfahrer ... Und er stand jetzt faktisch an der Spitze der mächtigsten aller interplanetaren Flotten. Es waren schwer errungene Erfolge, schwere Siege. Hinter ihm lagen der Tod vieler Kameraden, Stunden des Grauens und der Verzweiflung, der Schmerz über unermessliche Verluste; aber auch Triumphe, Augenblicke unsagbaren Glücks, sinnverwirrenden Stolzes ... Doch er durfte nicht zurückblicken, er musste sich beeilen. Ein großes Volk hatte ihm seine besten Söhne und eine hochentwickelte Technik anvertraut und forderte für dieses Vertrauen den Sieg über den Raum mit allen seinen Schätzen und Geheimnissen. War er, Krajuchin, dieser Aufgabe gewachsen? Ja, wenn die Chius erfolgreich zurückkehrte; dann würde auch niemand mehr die Stimme gegen die Photonenrakete erheben. Nein, wenn ...
    Krajuchin stand auf und schritt, um sich Bewegung zu verschaffen, zum Fenster und wieder zurück.
    »So geht das nicht«, sagte er laut. »Ich rätsele hier herum wie ein altes Weib: Wenn ... wenn ...«
    Es ging hier nicht um Zufälle. Viele Pioniere der interplanetaren Flüge hatten ihr Leben in der eisigen Ödnis gelassen, und niemand

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