Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)
ich für meine Semesterarbeit brauche.«
»Sehr gut«, murmelte Pendergast. »Und wann kehren Sie nach New York zurück?«
Corrie holte tief Luft. »Ich reise noch nicht ab.«
»Und warum nicht?«
»Ich habe … mich entschlossen, den Rahmen meiner Semesterarbeit auszuweiten.«
Sie wartete, aber Pendergast reagierte nicht.
»Weil, entschuldigen Sie, aber Fakt ist, dass die Geschichte
nicht
vollständig ist. Jetzt, wo wir wissen, dass die Bergarbeiter ermordet wurden …« Sie zögerte. »Na ja, ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um die Mordfälle
aufzuklären.
«
Wieder Totenstille. Pendergast kniff die silbrigen Augen ganz leicht zusammen.
»Schauen Sie, es ist ein faszinierender Fall. Wieso ihn nicht bis zum Ende verfolgen? Weshalb sind diese Bergarbeiter umgebracht worden? Wer hat das getan? Und warum hörten die Morde so unvermittelt auf? Es gibt jede Menge Fragen, und ich möchte die Antworten finden. Das ist meine Chance, aus einer guten Semesterarbeit eine richtig tolle zu machen.«
»Wenn Sie überleben«, sagte Pendergast.
»Ich glaube nicht, dass ich mich in irgendeiner Gefahr befinde. Mehr noch: Seit den Bränden nimmt keiner Notiz von mir. Und niemand weiß von meiner wichtigsten Entdeckung – alle glauben immer noch, dass ein Grizzly die Bergleute getötet hat.«
»Trotzdem, ich bin mir unsicher.«
»Wieso denn? Ich meine, wenn Sie sich Sorgen machen wegen meines Housesittings – das Haus liegt meilenweit entfernt von der Stelle, wo die Häuser niedergebrannt sind. Außerdem habe ich inzwischen eine Mitbewohnerin – Captain Bowdree. Man kann sich keinen besseren Schutz wünschen. Ich verrate Ihnen jetzt mal was: Sie hat einen 45 er, und, glauben Sie mir, sie weiß, wie man damit umgeht.« Die Fußabdrücke, die sie rings um das Haus gefunden hatte, ließ Corrie unerwähnt.
»Daran habe ich keinen Zweifel. Aber Tatsache ist: Ich muss Roaring Fork für mehrere Tage verlassen, vielleicht länger, und kann Ihnen deswegen nicht meinen Schutz zukommen lassen. Ich fürchte, dass Ihre Nachforschungen die sprichwörtlichen schlafenden Hunde wecken könnten. Und es gibt einen scheußlichen Hund, der in dieser reichen kleinen Stadt schläft, dessen bin ich mir sicher.«
»Sie glauben doch wohl nicht, dass die Brandstiftungen irgendwie mit den Morden an den Bergleuten zusammenhängen? Die Morde liegen hundertfünfzig Jahre zurück.«
»Ich
glaube
gar nichts – noch nicht. Aber ich ahne eine große, dunkle Bedrohung. Ich bin nicht dafür, dass Sie länger als notwendig in Roaring Fork bleiben. Ich rate Ihnen, mit der nächsten Maschine die Stadt zu verlassen.«
Corrie sah ihn ungläubig an. »Ich bin zwanzig, und es ist
mein
Leben. Nicht Ihres. Ich bin Ihnen wirklich dankbar für Ihre Hilfe, aber … Sie sind nicht mein Vater. Ich bleibe hier.«
»Ich werde das zu verhindern suchen, indem ich meine finanzielle Unterstützung einstelle.«
»Gut!« Die aufgestaute Wut brach aus Corrie hervor. »Von Anfang an haben Sie sich in meine Semesterarbeit eingemischt. Sie können gar nicht anders, als sich einzumischen – so sind Sie nun mal –, aber ich schätze das gar nicht. Begreifen Sie denn nicht, wie wichtig mir diese Arbeit ist? Ich hab’s satt, dass Sie mir sagen, was ich zu tun habe.«
Irgendetwas huschte über Pendergasts Gesicht, etwas, das sie, wäre sie nicht so wütend gewesen, als gefährlich erkannt hätte. »Mein einziges Interesse in dieser Angelegenheit ist Ihre Sicherheit. Und ich muss hinzufügen, dass die Gefahren, denen Sie ausgesetzt sind, durch Ihre unglückselige Neigung zu Impulsivität und Unklugheit sehr verstärkt werden.«
»Wenn Sie meinen. Aber ich habe nichts weiter zu sagen. Und ich bleibe in Roaring Fork, ob es Ihnen nun passt oder nicht.«
Als Pendergast erneut etwas äußerte, stand sie so unvermittelt auf, dass sie den Stuhl umstieß und den Raum verließ, ohne ihn ausreden zu lassen.
34
E s war eine der markantesten viktorianischen Villen an der Hauptstraße. Ted, eine unerschöpfliche Informationsquelle über Roaring Fork, hatte Corrie ihre Geschichte erzählt. Das Haus hatte Harold Griswell erbauen lassen, bekannt als der »Silberkönig« von Roaring Fork, der erst ein Vermögen machte und dann bei der Börsenpanik von 1893 bankrottging. Er beging Selbstmord durch einen Sprung in den Hauptschacht der Matchless-Mine und hinterließ eine junge Witwe – eine ehemalige Saloon-Tänzerin namens Rosie Ann. Rosie Ann brachte die folgenden
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