Attentage
dann.
„Es tut mir so leid, dass ich ihr …“
„Gibt es noch eine weitere Waffe im Haus“, unterbricht ihn Leconte.
Purront schüttelt den Kopf.
„Cognac?“
Purront deutet ohne hinzusehen in die Ecke des Wohnzimmers, wo auf einem kleinen Tisch einige Flaschen und Gläser stehen.
„Wenn du aufstehst, schieße ich ohne Vorwarnung auf dich. Den vorgeschriebenen Warnschuss feuere ich erst danach in die Zimmerdecke“, sagt Leconte und holt sich eine halbvolle Flasche Rémy Martin, während er seinen Assistenten beobachtet. Er schraubt den Verschluss mit der linken Hand auf und wirft ihn achtlos weg. Nachdem er sich wieder gesetzt hat, nimmt er einen kräftigen Schluck und stellt dann die Flasche vor sich auf den Boden. Dann schiebt er sie wortlos mit dem Fuß zu Purront.
Sein Assistent bückt sich und nimmt sie mit der unverletzten rechten Hand auf. „Und wie geht es jetzt weiter?“, fragt er.
„Wir warten, bis Nicole nach Hause kommt. Dann werden wir drei weitersehen. Trio Infernal.“
„In dem Film gibt es drei Tote“, sagt Purront.
„Eben“, erwidert Leconte.
Als Purront die Flasche Cognac zum Trinken ansetzt, sieht es kurz so aus, als ob er vorhätte, sie in einem Zug zu leeren.
SAMSTAG, 5. MAI, 18.15 UHR | PARIS, PURRONTS UND NICOLES WOHNUNG
In dem Moment, als die Wohnungstür aufgesperrt wird, gibt Purront gerade der leeren Cognacflasche einen Tritt. Sie rollt fast geräuschlos über den Teppichboden. Die Tür zum Vorzimmer ist offen und Nicole sieht die Flasche, als sie mit einem dumpfen Ton beim Wohnzimmerkasten zum Stillstand kommt.
„Was …“, beginnt sie, aber als sie die Waffe in Lecontes Hand sieht, verstummt sie.
„Setz dich zu deinem Liebsten“, sagt Leconte. Er spürt die Wirkung der Pernods aus dem Café und des Cognacs, den Purront und er zusammen ausgetrunken haben. Gleichzeitig erscheinen ihm seine Gedanken logisch und nüchtern. Seine aufgewühlten Emotionen liegen unter einer leichten Nebeldecke verborgen, die ihm dennoch erlaubt, klar und konsequent zu handeln.
Purront registriert, dass Nicole noch ihre hochhackigen Schuhe anhat, als sie sich neben ihn auf die breite Lehne des Fauteuils setzt. Ihre rote Gucci-Handtasche baumelt von ihrer Schulter.
Nicoles Blicke wandern pausenlos zwischen Leconte und Purront hin und her.
„Wem hast du von meiner Arbeit erzählt?“, fragt Purront, ohne sie anzusehen.
„Ich weiß doch gar nichts von deiner Arbeit“, sagt Nicole sanft und legt dabei den Kopf schief.
„Du hast dich seit Wochen dafür interessiert und ich Idiot habe dir von den Ermittlungen erzählt. Mit wem hast du darüber gesprochen? Wahrscheinlich hast du dir nichts dabei gedacht, aber es gibt durch dich eine Verbindung zu den Terroristen. Du musst uns sofort sagen, mit wem du geredet hast, Nicole, das ist kein Spiel.“
Purronts Stimme klingt flehend und er sieht ihr jetzt direkt in die Augen.
„Ich weiß nicht, was du meinst“, behauptet Nicole mit ruhiger Stimme und hält seinem Blick stand. „Du hast mir nie ein Sterbenswörtchen gesagt. Was hätte ich denn da anderen weitererzählen können?“
Purront sieht sie entsetzt an. „Du verlogene Schlampe“, sagt er dann, „die Mutter meines Kindes ist eine verlogene Schlampe.“
„Aus, ihr Turteltäubchen.“ Der Commissaire wählt die Handynummer von Lucien. In knappen Worten bestellt er seinen Mitarbeiter mit einigen Beamten zu Purronts Adresse.
„Ihr werdet beide in einer Einzelzelle darüber nachdenken können, ob nur einer von euch Informant der al-Qaida ist – oder ihr beide“, sagt der Commissaire.
„Darf ich zumindest den Schmuck, den ich gekauft habe, noch in den Safe geben?“, fragt Nicole.
„Gute Idee“, sagt Leconte, „dann werden wir gleich sehen, was sich sonst noch alles darin befindet.“
„Wer ist dieser Mann auf den Fotos, die in Nizza gemacht wurden?“, fragt Purront plötzlich.
Nicole sieht ihn durchdringend an und scheint unschlüssig, wie sie darauf reagieren soll. Dann öffnet sie die Handtasche und zieht ein Schmucketui und einen Schlüsselbund heraus.
„Ich nehme an, dass dich der Preis des Schmucks momentan nicht so interessiert wie sonst“, sagt Nicole statt einer Antwort. Dann steht sie auf und geht zum Wohnzimmerschrank. Sie schiebt einige Bücher beiseite und steckt den Schlüssel in das Schloss des weißen Möbeltresors, der dahinter versteckt ist.
„Leg den Schmuck hinein und lass den Safe offen“, sagt Leconte. „Und dann setz dich wieder zu
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