Attila - Die Welt in Flammen
Aufseher ins Gebet zu nehmen und ihnen einzuschärfen, dass die großen Tanks bis an den oberen Rand gefüllt zu sein hatten – auch wenn jetzt dieser verdammte Regen fiel.
Er befehligte die Stadtwache ans Ende einer jeden Straße, damit sie die hysterische Menschenmenge beruhigen und in Schach halten konnten. Ab und zu wandte er sich von seinem Schimmel herab an das Volk, das sich an seinen Anblick gewöhnte. Er befahl ihnen, in ihre Häuser zurückzukehren und sich ruhig zu verhalten. Etwas Besseres blieb ihnen nicht übrig in einer fast unbewaffneten, von Regenmassen aufgeweichten und vom Erdbeben halb zertrümmerten Stadt. Außerhalb der Stadtmauern erwartete sie ein weit schlimmeres Schicksal. Dann ritt er nach Norden, sein Pferd bahnte sich mühsam einen Weg durch die Trümmer hindurch. Ruhig schaute er über das Goldene Horn, Er nickte zufrieden, als er sah, dass zumindest einer seiner Befehle korrekt ausgeführt worden war. Die normalerweise sanften Gewässer kräuselten sich noch immer im Nachbeben, während der Regen im nächtlichen Dunkel niederprasselte. Spitze Masten und die Balken halb gesunkener Boote ragten aus dem Wasser – unüberwindliche Hürden im Meer. Noch wichtiger war, dass die Große Kette über die Mündung des Goldenen Horns gelegt worden war; sie reichte vom Turm direkt unterhalb der Akropolis – die zum Glück noch stand – bis auf die gegenüberliegende Seite, wo sie an der Kaimauer von Galata befestigt war. Kein Schiff vermochte diese Kette zu durchbrechen.
Lasst die Vandalenschiffe ruhig kommen, dachte er zornig, bei Erdbeben und Sturm. Sie werden nicht weit kommen. Wir werden uns auf die Mauern konzentrieren. Dann überlegte er einen Augenblick und erteilte den Befehl, ein Artilleriegeschütz, aber nur ein einziges, von der Theodosianischen Mauer freizugeben, dasjenige, das am weitesten vom Militärtor V entfernt war. Es sollte hierhergebracht werden, oben auf die Türme des Barbara-Tors, das in Höhe der Kette lag. Wenn die Schiffe der Vandalen, dieser blutigen Amateure, sich hier zusammenballen, dachte er, können wir ihnen zumindest ein paar deftige Schüsse vor den Bug verpassen. Gut für die Moral.
Weiter ging es zu den Stadtmauern. Besorgt ritt er nach Westen. Als er um die Ecke bog und das Charisius-Tor erblickte, sank ihm der Mut. Die Mauern waren halb zerstört. An manchen Stellen war das Mauerwerk zwischen den beiden Türmen nur mehr mannshoch. Der Regen ebbte ab, hörte dann ganz auf und es kam plötzlich die Sonne heraus. Dampf stieg von den Trümmern der Stadtmauern auf.
Er erklomm einen der Türme und stellte fest, dass die großen inneren Mauern am meisten gelitten hatten. Verflixtes Pech. Doch es gab einen kleinen Trost: Der Graben schien nicht zerstört zu sein. Das Wasser stand noch zwanzig oder dreißig Fuß hoch darin und war nun mit einer feinen Schicht Kalkstaub von den geborstenen Mauern bedeckt.
Zusammen mit den Visigotenprinzen und mit Tatullus und Hauptmann Malchus ritt er die drei Meilen nach Süden. Der isaurische Anführer, Zeno, kam herbei und berichtete, dass die Mauern des Blachernae-Palastes kaum beschädigt worden seien. Dahinter sei die Lage allerdings entsetzlich. Turm um Turm war eingestürzt, überall Stein- und Geröllhaufen, der helle Marmor der stolzen Torwege war über und über mit dem roten Staub der Ziegel bedeckt. Geborstene Statuen lagen am Boden, erschlagene Menschen darunter. Was die klügsten und mächtigsten Eroberer innerhalb eines Monats nicht vermocht hätten, war der Natur in einer einzigen Minute gelungen. Sie ritten schweigend weiter, alle von dem gleichen Gedanken begleitet: Gott hat sich von uns abgewandt. Er hat uns aufgegeben.
«Lasst uns hören, was die Kundschafter berichten.» Es war der einzige Befehl, den Aëtius geben konnte.
Als sie am südlichen Ende der Stadtmauern angekommen waren, hatten sie siebenundfünfzig Türme von insgesamt siebenundneunzig gezählt, die beschädigt oder eingestürzt waren, und für fast die Hälfte der Mauern selbst galt dies ebenfalls.
«Bringt den Orientalen her!», befahl er.
Sie saßen ab. Die Septembersonne schien auf sie herab. Fliegen summten über Pfützen in der feuchten Luft. Es wurde kein Wort gesprochen. Als Arapovian kam, salutierte er.
«Nun denn, Ostbewohner», sagte Aëtius, «du kennst dich ja mit Erdbeben ausgezeichnet aus. Sag an: Wenn die Hunnen fünfzig Meilen entfernt sind, können sie das Unglück dann mitbekommen haben?»
«Das weiß ich nicht,
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