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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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her zu mir!»
    Binnen Sekunden hob sich der schwere Querriegel und die massiven, mit eisernen Beschlägen versehenen Torflügel wurden hereingezogen. Aëtius sprang auf seinen Schimmel, der auf die Hinterhand ging und auf die Kandare biss. Hinter ihm stiegen auch die Wolfskrieger auf, ihre Pferde standen dicht aneinandergedrängt und traten unruhig auf und ab, Schilde und Säbelscheiden stießen klirrend gegeneinander, die Krieger hielten kurze Kavalleriebogen in der rechten Faust, die Zügel in der Linken.
    Die Kaiserin beobachtete das Ganze vom Glockenturm der nahe gelegenen Sankt-Kyriakus-Kirche. Dann wandte sie den Blick ab, als könne sie die Gefahr nicht mehr ertragen – oder die Erkenntnis, was für ein Mann er in Wirklichkeit war.
    Aëtius und seine Kolonne aus lediglich vierundvierzig Reitern sprengten durch die Tore der mittleren und dann der äußeren Mauer, über die hastig herabgelassene Zugbrücke und hinaus auf die Ebene. Wie Hirtenhunde ihre Herde kreisten sie die völlig überraschten Flüchtlinge ein. Sofort sprangen die Leute auf, sie konnten es kaum fassen, dass sie gerettet werden sollten, und hasteten auf die offen stehenden Torflügel zu. Die Wolfskrieger bildeten einen schützenden Zirkel, die uralte Steppenformation schien ihnen angeboren zu sein. Ihre Bogen hielten sie auf die rote Staubwolke im Westen gerichtet. Davor tauchten bereits die ersten Reihen der Reiter auf. Nun befanden sich die Wolfskrieger selbst in Reichweite der tödlichen Pfeile der Hunnen. Doch ihr Anführer hatte sie zum Stehen gebracht, als sollten sie die ergreifende Szene vor sich gut im Gedächtnis behalten.
    * * *
    Attila grinste. Was für eine mutige, männliche Geste! Was für eine rührende Rettung dieser armseligen, auf der Erde kriechenden Bauern, die dankbar ins Innere der Mauern stolperten. Lasst sie doch hineinwanken. Bald würden die Mauern sowieso einstürzen, und dann wären die Flüchtlinge dem Schrecken, den er und seine Krieger verbreiteten, erneut ausgesetzt. Dann würde es keine Rettung für sie geben, und ihre Schädel, große wie kleine, würden bald zur höchsten Pyramide aus menschlichen Knochen aufgeschichtet werden, die die Welt je gesehen hatte. Astur würde endlich Gerechtigkeit widerfahren, und die gesamte Menschheit würde erzittern.
    Auch Aëtius zügelte sein Pferd, um zu sehen, was geschah. Er war nicht überrascht. Er befahl seinen Wolfskriegern, Aufstellung zu nehmen und sich zu schonen. In Richtung Norden erhoben sich weitere Schatten vom Erdboden. Mit staubbedeckter Kleidung, ganz schmutzig von der Flucht, richteten sie sich wie apokalyptische Wesen auf. Es waren noch mehr Flüchtlinge, die sich unbemerkt unten im Lykus-Tal versteckt hatten und die nun mit schreckgeweiteten Augen auf das offene Tor zurannten. Attila, so schien es, ließ sie ziehen. Wieder eines seiner Spiele.
    Attila saß da und beobachtete das Ganze aus kürzerer Distanz als der Reichweite eines Pfeils. Der Staub, den sie aufgewirbelt hatten, legte sich zwischen den Hufen ihrer Pferde, und zum ersten Mal wurde das Heer der Hunnen in seiner ganzen Größe sichtbar. Tatsächlich, es waren mehr Krieger, als es Sterne am Himmel gab.
    Die Wachposten auf den Zinnen schauten herab und erkannten, dass sie bald sterben mussten. Einige stöhnten auf und wandten sich ab. Vor allem die Zivilwache sah aus, als würde sie die Zinnen gleich gänzlich im Stich lassen, doch die Kaiserliche Wache ging an den Männern vorbei und ermunterte sie, auf Gott und die Mauern zu vertrauen.
    Neben Attila saß die Hexe Enkhtuya, ihre Zähne und ihr Mund waren mit rotem Beerensaft gefärbt. Auch viele der Hunnenpferde hatten über ihren Knochenschmuck hinaus rot gefärbte Mähnen, Schweife und Fesseln, so als seien sie eben erst durch Blut gewatet. Sie mahlten mit den Zähnen und holten weit mit den Vorderhufen aus, als verspürten auch sie Blutdurst. Doch Attila schien, zumindest im Augenblick, an etwas anderem interessiert. Vielleicht war es Neugier. Ein leicht sardonisches Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, als er seinem alten Freund zusah, dem Gefährten seiner Jugend, dem Licht zu seinem Schatten. Aëtius ritt zwischen den fliehenden Menschen hin und her und half ihnen nach Hause.
    Wie Jesus unter den Armen; wie Jesus bei der Speisung der Fünftausend. Sein Lächeln wurde immer dämonischer.
    Enkhtuya schnurrte neben ihm: «Sieh nur, sein armes geplagtes Herz. Voller Mitleid für die Armen und Mittellosen dieser

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