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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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ich? Warum schickt Ihr keinen Eurer eigenen Leute?»
    «Weil das Leben voller Ungewissheiten ist.» Seine gelblichen Augen glitzerten vor Belustigung. «Sie könnten von Strauchdieben getötet werden, von Bären, Wölfen.»
    Die Belustigung verflog, und schroff setzte er hinzu: «Außerdem sind mir meine Krieger für bloße Botendienste zu schade. Also, nun zu deiner Aufgabe. Du wirst einen Umhang tragen, den ich dir gebe. Meine Männer in den Hügeln wissen bereits Bescheid, sie werden dich nicht behelligen. Du bekommst ein gutes Pferd – gut genug für einen christlichen Bischof jedenfalls. In Naissus wirst du umgehend beim Stadtpräfekten vorstellig. Sein Name ist Eustachius. Du kennst ihn natürlich gut; er ist ja dein Vetter.» Der Kriegsherr amüsierte sich sichtlich über die Verblüffung seines Gefangenen. «Du wirst ihm berichten, dass Margus in Schutt und Asche gelegt wurde, aber mehr nicht, und eine Begleiteskorte für die Reise nach Konstantinopel verlangen. Dort ersuchst du um eine Audienz beim Kaiser.
    Du wirst nur mit ihm sprechen, mit niemand anderem sonst.
    Du wirst ihm erklären, dass er das Volk der Hunnen beleidigt hat. Du wirst ihm sagen, dass seine Truppen unsere Unschuldigen überfallen und abgeschlachtet haben. Sie sind über die Grabhügel unserer alten Könige getrampelt, sie haben unsere Gräber geplündert.» Kalter Zorn sprach aus der rauen Stimme des Kriegsherrn.
    «Und du wirst dem Kaiser von mir folgende Worte ausrichten: ‹Falls du mich missachtest, dich mir widersetzt oder mich zu täuschen versuchst, werde ich dich vernichten. Falls du dich nicht schuldig bekennst, was die Entweihung unserer Grabhügel und die Ermordung unserer Leute betrifft, werde ich dich vernichten.›»
    «Mein Herr», stammelte der Priester, «diese Worte kann ich Seiner Göttlichen Majestät gegenüber nicht äußern. Sein Zorn würde fürchterlich sein.»
    «Sein Zorn wird nichts im Vergleich zu dem meinen sein. Richte sie ihm aus. Richte ihm meine Botschaft Wort für Wort aus, so, wie ich sie eben geäußert habe. Der Kaiser in seinem parfümierten Palast wird dich anhören. Er wird dir nichts tun, doch solltest du meinen Auftrag nicht ausführen, werde ich dich und deine Saat für alle Zeit auslöschen. Ganz so, wie ich ihn und sein Reich vernichten werde: jede Mauer, jeden Stein, jeden Mann, jede Frau und jedes Kind, die sich noch darin befinden. Versteh mich recht. Sieh mir in die Augen. Wirke ich auf dich wie ein Lügner?»
    Der Priester brachte kein Wort heraus.
    «Richte dem Kaiser aus, wenn er mir nicht die Hälfte seines Reiches als Wiedergutmachung überlässt, werde ich ihn vernichten.»
    «Die Hälfte … des Reiches?»
    «Du hast gute Ohren. Vernichten werde ich ihn natürlich ohnehin, aber das braucht er noch nicht zu erfahren. Und du kannst ihm noch den alten römischen Wahlspruch ausrichten:
Nemo me impune lacessit
 – ‹Niemand reizt mich ungestraft›. Recht passend, oder?»
    Der Bischof sagte nichts.
    «Man wird mich darüber unterrichten, ob du meine Botschaft überbracht hast, und zwar vollständig, und auch wann. Wenn du das erledigt hast, kannst du hierher zurückkehren und mit deiner Familie wieder vereint werden. Und wenn du vernünftig bist, wirst du dich dann mit ihnen aus diesem Reich, das dem Untergang geweiht ist, möglichst weit weg in Sicherheit bringen. Solltest du aber nicht zurückkehren – in spätestens zwanzig Tagen –, wird deine Familie gekreuzigt, die Hure ebenso wie die Kinder.»
    Der Bischof stöhnte auf.
    Der Kriegsherr schlug ihm ins Gesicht. Er taumelte zurück. Da seine Hände gefesselt waren, blieb ihm nichts übrig, als sich mit der Zunge über die aufgeplatzte Lippe zu lecken und mit abgewandtem Gesicht das Blut auszuspucken, das herausgequollen kam.
    Die Stimme des Kriegsherrn nahm einen scharfen Unterton an. «Wie oft im Leben hattest du schon Gelegenheit, deine Familie durch eine einzige mutige Tat zu retten? Nicht ein einziges Mal. Habe ich recht? Natürlich. Du bist ein kleiner Provinzpriester in einer dürftigen Grenzdiözese. Deine Vorfahren waren einfache Bauern, tumbe Söhne der Scholle, deren Blut träge und zäh wie Lehm war.»
    Er wandte den Blick ab.
    «Du solltest jetzt besser aufbrechen. Naissus ist zwei Tagesreisen entfernt, die Hauptstadt weitere zehn. Du wirst dich also sputen müssen, um in zwanzig Tagen wieder hier zu sein und deinen Schatz auszulösen.» Er legte dem Mann die Hand auf die zitternde Schulter, beinahe wie ein

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