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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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zurück.
    Unten vor dem Turm saß der Kriegsherr mit den schroffen, harten Gesichtszügen auf seinem Pferd, umringt von seinen besten, ausgeruhtesten Kriegern. Es waren hundert an der Zahl, die Pfeile hielten sie schussbereit eingenockt.
    Der Kriegsherr blickte zu Sabinus empor. «Ihr habt gut gekämpft», sagte er. «Fast so gut wie Hunnen. So viel also zur Dekadenz des Westens.» Er lächelte kurz, wie über einen heimlichen Scherz. «Trotzdem sind Eure Reitersoldaten, die so feige über meine unschuldigen Leute hergefallen sind, nun restlos aufgerieben und vernichtet. Genau wie Ihr. Jetzt bin ich bereit, Euch freien Abzug zu gewähren. Alle, die noch am Leben sind, dürfen ungehindert das Kastell verlassen, damit wir es dem Erdboden gleichmachen können. Ihr könnt Euch zur nächsten Grenzgarnison im Osten durchschlagen. Sie heißt Ratiaria, wie Euch ja sicher bekannt sein dürfte. Die Legio III Pannonica ist dort stationiert, volle sechstausend Mann stark. Der Legat heißt Posthumus. Er teilt sein Bett mit einer Hure namens Statina.» Wieder ein Lächeln. «Haltet uns nicht für dumme, unwissende Wilde, Römer. Begeht nicht den Fehler, uns zu unterschätzen.»
    «Ich unterschätze Euch durchaus nicht», erwiderte Sabinus.
    «Also schön, gut», sagte der Kriegsherr. «Führe deine Überlebenden nach Ratiaria, und gib dort Kunde von Eurer Vernichtung.»
    Sabinus blickte sich um. Im länger werdenden Schatten der Zinnen ganz in der Nähe saß ein erschöpfter Legionär, seine Armbrust auf den Knien. Sie wechselten einen Blick. Der Legionär vermochte nicht einmal mehr zu sprechen, aber er schüttelte den Kopf.
    Ein Stück weiter weg ließ sich einer seiner Kameraden vernehmen. «Sagt ihm, er soll uns am Arsch lecken», knurrte er. «Bitte die drastische Ausdrucksweise zu entschuldigen.»
    Sabinus lächelte grimmig, aber auch nur, um die Rührung und den Stolz zu überspielen, die spontan in ihm aufwallten. Er blickte wieder zu dem Kriegsherrn hinunter. «Wie ist der Name Eures Gottes?»
    Der Hunne verzog unwillig das Gesicht. Er war nicht hergekommen, um zu palavern, sondern um zu befehlen. «Kein römischer Hund darf es wagen, diesen heiligen Namen in den Mund zu nehmen.»
    «Ihr Gott heißt Astur», ließ sich Arapovian ganz in der Nähe vernehmen. «Astur, der All-Vater, der Große Adler des ewigen blauen Himmels.»
    Sabinus blickte den Kriegsherrn ruhig an. «Möge Astur Euch verfluchen. Auf dass du und dein ganzes Volk vom Antlitz dieser Erde hinweggefegt werdet.»
    Bei diesen Worten huschte ein dunkler Schatten über das Gesicht des Kriegsherrn. Sabinus ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Hundert Pfeilspitzen waren auf ihn gerichtet. Dann riss der Kriegsherr unwirsch sein Pony herum und jagte über die Ebene davon, zusammen mit seinen Männern.
    Der Legat atmete tief durch. Er ließ alle noch einsatzfähigen Männer zurück auf die Mauern rufen. «Der Tag ist noch nicht vorbei.»
    Und seine Männer rappelten sich ein letztes Mal auf. Sechzig, siebzig mochten es noch sein, kaum einer von ihnen unverletzt. Viele stützten humpelnde Kameraden, andere benutzten ihre Spieße als Krücken. Einige krochen auf Händen und Knien die Treppen hinauf, zurück auf die Mauern.
    * * *
    Im Westen ging die Sonne unter. Die Hunnen schienen ihren Angriff vorläufig unterbrochen zu haben.
    «Vielleicht lassen sie uns heute Nacht ja mal schlafen», knurrte Tatullus. Reiner Galgenhumor; in der Nacht würden sie zurückkehren, um die Sache zu beenden.
    Vorerst herrschte eine gespenstische Ruhe. Schwalben flitzten im Abendschein dicht über dem Fluss dahin, um sich an den Wolken von Wasserfliegen gütlich zu tun. Eine Moorhenne rief nach ihren Küken. Ein leises Plätschern im Schilf – ein Otter oder eine Wasserratte. Die warme Sommersonne, die langsam im Westen versank und die jetzt gerade auch die schneebedeckten Hänge der Alpen im Abendrot erglühen ließ. Die den Rhein und den Po in Flammen steckte. Lange, kühlende Schatten über die Weinberge der Provence und Aquitaniens warf, über die alten, lohfarbenen Burgen und Städtchen in den Bergen Spaniens, wohin Hannibal einst marschiert war, und über die Ewige Stadt selbst auf ihren sieben Hügeln. Der abendliche Schatten der Säule Marc Aurels, der Kolossalstatue Neros … Sabinus zog sich vor Gram das Herz zusammen. Dieses geliebte Imperium. Er hatte die Zukunft gesehen, in den harten, unerbittlichen Zügen jenes mächtigen barbarischen Kriegsherrn, der wie aus dem

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