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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Herrschernatur durch und durch. Zwar nicht weniger ängstlich als sein Bruder, so viel war klar, aber fest entschlossen, seine Angst zu überwinden. Ein wirklich bemerkenswerter junger Mann, der später sicher einmal ein großer König würde.
    Thorismund aber litt fürchterlich.
    Aëtius sah ihn mitfühlend an. «Du würdest es jetzt viel lieber mit einer Horde kreischender Hunnen aufnehmen, habe ich recht?»
    Der Prinz, der den Mast mit einer Inbrunst umklammerte, als hielte er seine erste Liebe in den Armen, nickte. «Oh Gott, ja.»
    Das Schiff schlingerte zur Seite. Er zog den Kopf ein.
    «Kopf hoch. Schau zum Horizont. Immer schön tief und ruhig atmen.»
    Thorismund bemühte sich nach Kräften, dem Rat zu folgen.
    «Den Mast wirst du auch loslassen müssen. Schau, da kommt das Segel herumgeschwenkt.»
    «Oh Heiland!»
    «Ruf ihn nur an. Aber bisher habe ich noch nicht erlebt, dass ein Gott ertrinkenden Seeleuten zu Hilfe geeilt wäre.»
    Sie refften das Hauptsegel bis zur mittleren Rah und vertäuten es. Auch in das verkleinerte Segel blies der Wind noch immer gewaltig, ließ die lange, schlanke Galeere nur so über die wogenden Fluten dahinjagen und machte die Arbeit der Ruderer fast überflüssig. Mit acht bis zehn Knoten flogen sie dahin, atemberaubend schnell, aber Aëtius konnte es gar nicht schnell genug gehen. Attila würde sich auch keine Ruhe gönnen. Die Barbarenflut ergoss sich unaufhaltsam durch den Osten in Richtung Süden, um irgendwann gegen die Mauern des Neuen Rom anzubranden.
    Das große Ruder schwang kurz haltlos herum, wurde vom Steuermann aber rasch gebändigt, und das Schiff jagte wieder vorwärts, flog nahezu den glatten, obsidianschwarzen Rücken einer mächtigen Welle hinauf, ehe es auch schon mit dem Bug in die nächste krachte, als gelte es, dem heraufziehenden Unwetter zu entkommen, was natürlich aussichtslos war. Die Planken knarrten, und zwei Ruderer wurden freigestellt, um notfalls undichte Stellen abzudichten. Das Trossschiff folgte ihnen mit einigem Abstand, fast außer Sichtweite. Es war breiter und schwerer als die
Cygnus
und schaukelte auf der bewegten See eher schwerfällig vorwärts. Die Pferde würden es schon überstehen.
    Eine einsame Mantelmöwe flog über sie hinweg, um sich vor dem Unwetter ans sichere Land zu retten, nach Italien. Aëtius verzog unwillig das Gesicht und warf sich seinen rotwollenen Mantel um die Schultern. Der Wind pfiff inzwischen vernehmlich durch die Takelage, während von Westen her nadelfeiner Regen einsetzte.
    Der Schiffsführer eilte auf ihn zu. «Olbia ist nicht mehr weit, dort könnten wir erst mal Schutz suchen. Bei solchem Wind die Straße von Bonifacium zu durchfahren, ist nicht ungefährlich.»
    «Wir setzen die Fahrt fort, durch die Meerenge, Olbia hin oder her. Wir suchen nirgendwo Schutz, bis wir Syracus erreichen.»
    Attila würde sich bei seinem Vorstoß nach Konstantinopel auch nicht von Unwettern aufhalten lassen, sondern pausenlos weiter vorrücken. Daran mussten sie sich orientieren.
    Der Schiffsführer gab Befehl, das Segel noch weiter zu reffen, dafür sollten sich die Ruderer umso mehr ins Zeug legen. Der Bootsmann brüllte: «Strengt euch an, rudert, bis der Hintern Blasen schlägt, ihr Strolche, sonst gibt’s heute Abend kein Pökelfleisch, sondern Peitschenhiebe!»
    Die Sicht verschlechterte sich zunehmend. Die Sichtweite mochte höchstens noch zweihundert Meter betragen, als der Ausguck in seinem Korb oben auf dem Hauptmast rief, er könne Land voraus erkennen, backbords. Es war die dunkel zerklüftete Küste Korsikas. Irgendwo im Dunst und Sprühregen auf der Steuerbordseite mussten sich die weniger schroffen Gestade Sardiniens befinden. Dazwischen verlief die Straße von Bonifacium.
    Der Hortator verdoppelte seine Taktzahl, und sie ruderten mit deutlich erhöhter Geschwindigkeit durch die Meerenge, zischten geradezu pfeilschnell durchs Wasser, um auf keinen Fall vom Kurs abzukommen und gegen die tückischen Felsriffe geschmettert zu werden, die den Inseln unter Wasser vorgelagert waren. Nachdem die Durchquerung glücklich geschafft war, nahmen sie Kurs auf Südosten und stellten fest, dass das Unwetter über den Inseln hinter ihnen keineswegs abflaute, sondern an Heftigkeit sogar noch zunahm. Der Schiffsführer sah Aëtius ein weiteres Mal fragend an, in der Hoffnung, dass er nun vielleicht erlauben würde, irgendwo Schutz zu suchen. Aber Aëtius verzog keine Miene. Sein letztes Wort war gesprochen. Sie würden ihre

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