Attila - Die Welt in Flammen
ja, mit Material, die ich mit an Bord bringen müsste. Damit werde ich Euch vor Angriffen durch Piraten schützen.»
Aëtius grinste belustigt. «Ich habe fünfzig gotische Krieger an Bord. Wir können uns schon allein zur Wehr setzen, denke ich.»
«Ihr kennt die Vandalen nicht.»
«Im Gegenteil. Die kenne ich nur zu gut.» Er musterte den Mann eingehend. «Dein Name?»
«Nicias.»
«Grieche?»
«Kreter.»
«Noch schlimmer. Alle Kreter sind Lügner, böse Tiere und faule Bäuche, wie wir vom heiligen Paulus selbst wissen.»
Nicias schnaubte. «Seit vierhundert Jahren müssen wir Kreter jetzt mit dieser Verleumdung leben.»
«Und ihr werdet wohl auch noch viele Jahrhunderte damit leben müssen. Ist es nicht das Wort Gottes?»
Nicias schwieg verdrossen. Dieser General war ihm entschieden zu ausgefuchst.
«Also schön. Und was hast du in deinen Zauberkisten?»
«Material – verschiedene alchemische Stoffe.»
«Der Herrgott steh uns bei.» Aëtius sah, dass die beiden Prinzen soeben an Bord zurückkehrten. «Wir nehmen dich mit, aber deinen Schutz gegen Piraten brauchen wir nicht und wollen wir nicht. Verstanden?»
Die Prinzen, denen der Landgang sichtlich gutgetan hatte, gesellten sich zu ihnen.
«Ihr werdet nicht unbeschadet hindurchgelangen, glaubt mir», sagte Nicias. «Im östlichen Mittelmeer wimmelt es nur so von vandalischen Piraten.»
Prinz Theoderich schaltete sich ein. «Wir Visigoten sind mit den Vandalen nicht verfeindet. Unser Vater wird unsere Schwester Amalasuntha dem Sohn Geiserichs selbst zur Frau geben.»
Nicias sah ihn mitleidig an. «Piraten scheren sich nicht groß um Verträge, mein Sohn.»
«Genug geschwatzt», fuhr Aëtius ihn barsch an. «Nun geh und troll dich.»
Nicias schlich von dannen.
Aëtius sah Theoderich stirnrunzelnd an. «Eure Schwester? Dieses hübsche, zauberhafte junge Ding? Sie soll Geiserichs Sohn heiraten?»
Theoderich nickte.
«Dann ist euer Vater ein Narr.»
Die Augen des jungen Mannes sprühten auf vor Zorn. «Wie könnt Ihr es wagen, so über meinen Vater zu sprechen!»
Prinz Thorismund machte einen Schritt auf Aëtius zu. Der General hob abwehrend die Hände. Seine Bemerkung war in der Tat zu weit gegangen. Er bat vielmals um Entschuldigung, und die beiden beruhigten sich wieder.
«Aber ich werde euren Vater dringend bitten müssen, diesen Entschluss noch einmal –»
«Diese Vermählung ist Teil seiner Politik. Ein Bündnis zwischen uns Visigoten und den Vandalen, ein germanisches Reich im Westen, den Römern weder feind noch freund.»
Aëtius schüttelte den Kopf. «Die Vandalen stehen bereits mit den Hunnen im Bunde, davon bin ich überzeugt. Ich werde eurem Vater Beweise vorlegen. Dieser verbitterte, halb lahme Geiserich treibt ein falsches Spiel mit ihm.»
«Das möchtet Ihr gerne glauben.»
«Das glaube ich nicht nur, ich bin davon überzeugt.»
«Die Vandalen sind Christenmenschen wie Ihr.»
«Sogar der Teufel selbst glaubt an Gott», brummte Aëtius.
* * *
Wieder legten sie in der Abenddämmerung ab. Das Unwetter war vorbei, das Meer hatte sich beruhigt. Es war friedlich. Doch sie kamen viel zu langsam vorwärts.
Aëtius ließ nach Nicias schicken. «Bring deine Kisten nach oben», sagte er. «Führe uns ein bisschen was vor.»
Das ließ sich der Kreter nicht zweimal sagen. Er wieselte davon und ließ sich von einem Seemann dabei helfen, eine Kiste an Deck zu tragen. Dort klappte er den Deckel auf und kniete nieder, wie ein frommer Mann vor einem Altar.
Die Prinzen und ihre Wolfskrieger versammelten sich an der Reling. Schiffsführer und Bootsmann schauten neugierig vom Ruderhaus herüber, um diesem großen Wundermann nun bei der Ausübung seiner Künste zuzusehen. Oben längs der Rah verteilten sich die braungebrannten Seeleute und ließen grinsend die nackten Füße herunterbaumeln, während ihre Ohrringe golden im Abendrot blinkten. Nur die Rudersklaven unter Deck mussten weiter schuften.
«Meine Rezeptur», erläuterte Nicias seinen Zuschauern, während er in der Kiste kramte, «besteht aus Salpeteressenz, Phosphor und raffiniertem schwarzem Erdöl aus Mesopotamien.»
«Dürfte ziemlich stinken, das Ganze», brummte der Schiffsführer.
«Der Geruch ist schon sehr ausgeprägt.»
«Und setz mir ja nicht meinen verflixten Kahn in Brand, sonst kannst du was erleben!»
Der Alchemist überhörte die Drohung geflissentlich.
Er holte ein paar Holzteile und ein Metallgestell aus der Kiste und setzte daraus flink eine Art
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