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Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)

Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)

Titel: Auch dein Tod ändert nichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Rees
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politische Aktion. Das sagt er. Zuerst habe ich nicht verstanden, wovon er redet, aber er hat mir Bücher geliehen, und ich fand massenhaft Zeug im Internet. Ich wollte nicht einfach nur ein kleines Schulmädchen sein. Ich wollte dazu in der Lage sein, die Dinge unter seinen Voraussetzungen zu diskutieren.
    Er hat einige Zeit in Deutschland verbracht. Er war in Berlin, als die Mauer fiel. Er sagt, er hätte in Kontakt zu den Revolutionären Zellen gestanden, einer revolutionären Untergrundbewegung in Großstädten, die Sprengstoffanschläge und Entführungen in den Achtzigerjahren und sogar bis in die Neunziger durchgeführt hätten. Charlie meinte, er würde es dabei mit der Wahrheit nicht so genau nehmen, doch ich glaubte ihm. Es klang bewundernswert. Ich wünschte, ich wäre mit ihm dort gewesen, aber da war ich noch nicht einmal geboren.
    Er erzählte mir von der Roten Armee Fraktion: Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof. Er erzählte mir von ihrem Idealismus, ihrer Leidenschaft, ihrem Opfer. Ihrem Martyrium. Sie sind vor ihrer Zeit aktiv geworden, sagte er, deshalb wurden sie besiegt. Die ganze Zeit, während er sprach, konnte ich spüren, wie sich mir die Haare im Nacken sträubten. Er gab mir ein Abzeichen, das er aus Berlin mitgebracht hatte. RAF für Rote Armee Fraktion   – Maschinenpistole und roter Stern. Aber darüber hinaus hat er mir etwas gegeben, an das ich glauben konnte. Das Abzeichen in meiner Hand fühlte
sich an wie ein Talisman. Er sagte, es wäre an der Zeit, dass eine neue Generation sich der Sache annimmt. Ich hatte noch nie ein so großes Gefühl empfunden. Von dem Zustand, an nichts zu glauben, wechselte ich schlagartig in den totalen Einsatz. Ich schätze, so bin ich eben. Von null auf hundert in einem Zug.
    Die Rote Armee Fraktion. Ich hab jetzt die Bilder an der Wand hängen. Ihre Worte in meinem Kopf. Petra Schelm war die Erste, die den Märtyrertod starb. Sie durchbrach mit ihrem BMW eine Straßensperre der Polizei und wurde mit einem einzigen Schuss in den Kopf getötet. Sie war jung wie ich auch. Gerade mal zwanzig Jahre alt. Wenn ich mir die Haare schneiden ließ, meinte Theo, dann sähe ich sogar ein bisschen aus wie sie. Ich wünschte, ich hätte dabei sein können, sie kennenlernen können. Es fühlte sich an, als würde man sich in Geister verlieben.
    Ich würde gerne etwas machen, das ihrer würdig ist. Diese Aktion ihrem Gedächtnis widmen.
    Theo ist weitergezogen, es ist nicht gut, lange an einem Ort zu bleiben. Doch wir halten den Kontakt über Chatrooms. Anonym und völlig unverfänglich. Er gehört zu einer Untergrundgruppe. Aktion 262.   Sie ist sehr geheim und die Mitgliedschaft eng begrenzt. Um dazuzugehören, muss man sich erst beweisen.
    Ich habe einen Plan, doch dazu brauche ich ein Instrument. Vielleicht habe ich das gerade gefunden.

10
    »Wo warst du gestern Abend?«
    Martha sitzt in der Küche an der Frühstückstheke und isst Joghurt mit Müsli, in das Obst geschnitten ist. Es sieht widerlich aus, wie Erbrochenes. Sie ist immer noch im Bademantel, obwohl sie bestimmt schon vor Stunden aufgestanden ist. Sie hat die einzelnen Teile des
Guardian
vor sich ausgebreitet. Sie liest ihn wirklich, jeden Teil – außer den Sportteil natürlich. Ich halte sie für eine überhebliche Kuh, und sie mich für einen Schwachkopf, weil der Sportteil der einzige Teil ist, den ich mir ansehe. Ich gehe zum Brotkasten und nehme zwei Scheiben heraus.
    »Ich mache Toast. Willst du auch welchen?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Und brate dir bloß keinen Schinken, solange ich hier bin«, sagt sie, ohne von der Zeitung aufzublicken. Martha ist Vegetarierin. Das ist sie, seit sie als Kind auf einer Reise nach Wales von Rob erzählt bekommen hat, woher die Lammkoteletts stammen.
    »Keine Sorge, es ist keiner da.« Ich mache den Kühlschrank wieder zu. »Wo ist Mum?«
    »Noch einkaufen. Deshalb kein Schinken.«
    »Ist noch Kaffee da?«
    »Kaffee ist nicht gut für dich.« Sie taucht das Beutelchen wieder in ihren Kräutertee. Koffein. Das ist noch so eine von ihren Marotten. »Was ist mit deinem Arm passiert?«
    Ich schaue hin. Dort, wo mich Rob gestern gepackt hatte, reihen sich blaue Flecken wie ein Armband aneinander. Ich reibe daran, als wäre es Tinte, die sich wegwischen lässt.
    Ich gucke unbestimmt und zucke mit den Schultern, als könnte ich mich nicht erinnern, und hoffe, dass Martha nichts ahnt und mich auch nicht weiter fragt.
    Ich stecke das Brot in den Toaster und

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